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Yonnihof
Actio = Reactio. Gut so.
17.04.2015, 10:5417.04.2015, 12:16
Die Motivation für diesen Text war die Tatsache, dass ich einen Entwurf davon schrieb und ihn dann wieder löschte. Der Entwurf entstand, nachdem im «Tagesanzeiger» ein unsäglicher Artikel bezüglich Frankreichs Bestreben publiziert wurde, Modefirmen restriktive Auflagen für die Einstellung von stark untergewichtigen Models aufzuerlegen. Der Neid der Dicken hiess der Text und er leitete – das ist kein Witz – diese Vorgehensweise des französischen Staates vom Figurdiktat der übergewichtigen Bevölkerung ab. Ich selber fand den Artikel inhaltlich komplett unlogisch, arrogant und beleidigend, er war in meinen Augen ein Paradebeispiel des heute so viel zitierten Body Shaming. Und ich wollte mich dagegen wehren – entschied mich dann jedoch um. Wegen meiner Figur. Ich befürchtete, dass mir dann eben genau dieser «Neid der Dicken» vorgeworfen würde.
Heute merke ich, dass ich ja hier gerade der beste Beweis dafür bin, dass Body Shaming funktioniert, denn ich liess mir von anderen diktieren, dass ich meiner Figur wegen weniger zu sagen habe als andere, dass ich, wenn ich mich wehre, mit Beleidigungen rechnen muss – und dass diese Beleidigungen in irgend einer Weise berechtigt sind.
Sind sie nicht. Und zwar nicht, weil ich nicht übergewichtig bin (oder weil ich nur «schwere Knochen» hätte oder ein Schilddrüsenproblem). Nicht, weil Übergewicht «schön» ist. Nicht, weil «echte Frauen Kurven haben». Nein, sondern weil man niemanden einfach so beleidigen darf.
Der Mensch tendiert dazu, andere Menschen zu diskriminieren, wenn sie in einem Merkmal von der Norm abweichen – in einem Merkmal, bei dem der/die Diskriminierende selbst innerhalb der Norm liegt. Das Gewicht eines Menschen, sei es Über- oder Untergewicht, eignet sich dafür hervorragend, denn: man sieht’s. Es ist einfach. «Fette Sau» und «Knochengerüst» sind da noch die kleinsten aller Beleidigungen, die sich die Betroffenen von wildfremden Menschen anhören müssen.
«Es ist halt ungesund». Ja, das ist richtig, genauso wie Alkohol, Rauchen, Drogen, exzessives Sonnenbaden, ungeschützter Geschlechtsverkehr und anderes Risikoverhalten. Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.
Es ist doch nicht so, dass sich Übergewichtige oder Untergewichtige keinen normalen Körper wünschen würden. Wir brauchen keine dummen Sprüche und fiese Beleidigungen, um uns bewusst zu sein, dass wir nicht der Norm entsprechen. Es ist auch nicht Aufgabe Wildfremder, uns mit verletzenden Kommentaren dazu zu bringen, unsere Essgewohnheiten zu ändern. Wirklich nicht. Ganz abgesehen davon, dass man solch «erzieherische Sorge» anders zum Ausdruck bringen könnte als mit «Nimm mal ab, du fetts Schwein» oder «Iss mal öpis, du Skelett».
Etwas anderes sind die oben genannten Beispiele von «Gegenbewegungen». Body Shaming hat zu gewissen Trends geführt, die man meines Erachtens durchaus hinterfragen darf. Real women have curves heisst es da, oder Big girls are beautiful.
Nun. Nein. Real women look how ever the f*** they want to würde ich sagen. Und nein. Man muss nicht jede übergewichtige Frau schön finden, genauso wenig, wie man jede sehr dünne Frau attraktiv finden muss. Das ist doch Stumpfsinn. Sie sind aber da, die Moppeligen und die Dürren, und ja, manchmal finden sie sich schön (auch wenn das für andere vielleicht schwer verständlich ist), oder sie werden schön gefunden, oder sie sind zufrieden mit sich als Menschen, weil sie coole Socken sind. Es ist ein bisschen zu sehr in den Hintergrund geraten, dass man mit sich auch unabhängig vom Körperideal durchaus im Frieden sein kann. Und das macht schön.
Der neuste Trend ist gemäss Storyfilter, dass Frauen Bilder ihrer Schwangerschaftsstreifen posten (an Bauch, Beinen, Brüsten, Po) und «Wear your stripes like a tiger» daneben schreiben. Auch das muss man nicht schön finden. Aber: Es ist ein Reality Check. Streifchen, genau wie Cellulite, flache Hintern, Hängebrüste, sehr grosse Brüste, sehr kleine Brüste, Speckrollen, Knochen und Falten, gehören einfach zum weiblichen Körper. Und da sind Haare an Stellen, wo wir sie nicht wollen. Und Pickel. Deal with it.
All diese Aktionen – so sinnlos oder kontrovers sie zum Teil erscheinen mögen – sind Zeichen dafür, dass man die Beleidigungen, die Schubladisierungen und die Verurteilungen satt hat.
Auf Body Shaming folgt Body Shaming-Shaming.
Gut so.
Yonni Meyer
Yonni Meyer schreibt als Pony M. über ihre Alltagsbeobachtungen – direkt und scharfzüngig. Tausende Fans lesen mittlerweile jeden ihrer Beiträge. Bei watson schreibt die Reiterin ohne Pony – aber nicht weniger unverblümt.
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