Der Frage, ob Schwule und Lesben heiraten dürfen, widmete sich ein Interview, das «20 Minuten» mit Nationalrätin Verena Herzog (SVP, hetero) und Nationalrat Martin Naef (SP, homosexuell) führte.
Schon kurz nach Beginn des Interviews schwenkt NR Herzog von der eigentlichen Frage nach der Homoehe auf die Frage der Homoadoption. Man habe vor zehn Jahren der eingetragenen Partnerschaft zugestimmt und nun lägen bereits Vorstösse in Richtung Adoption vor, was ihr einfach zu weit gehe. Es brauche keine «Öffnung der Institution Ehe» und (zu Naef) sie habe «übrigens nichts gegen euch». Obwohl ein Recht auf Adoption in der «Ehe für alle»-Initiative der GLP klar ausgeschlossen ist, betont Frau Herzog noch einmal, das sei nur ein Vorstoss.
Aha. Aha. Aha. Nebst der Tatsache, dass Adoption ausdrücklich nicht das Thema des Interviews war (und hier auch explizit nicht sein soll), kommen mir persönlich diese Aussagen von Frau Herzog vor allem eines vor: Herablassend. «Wir haben euch doch schon die eingetragene Partnerschaft gegeben, und jetzt wollt ihr noch mehr?». So klingt das für mich. Ihr, ihr, ihr. Ihr, die Anderen. Ihr, die Unbequemen. Es klingt für mich, als müssten die Homosexuellen dankbar sein für jedes bisschen Recht, das man ihnen zuspricht. «Keine Öffnung der Institution Ehe» – als ob man etwas Heiliges vor einer Verschmutzung bewahren will.
Wir reden hier von Menschen, for crying out loud! Menschen, die niemandem etwas getan haben, die einfach ihr Leben leben wollen, so wie alle anderen auch, die sich verwirklichen wollen, unter anderem durch das traditionelle Schliessen einer Ehe. Staatlich wie auch kirchlich. Auch wenn ich persönlich das Verlangen eines homosexuellen Paares nach dem Segen einer Kirche, welche sie als Menschen grundlegend ablehnt, nicht vollständig nachvollziehen kann, finde ich trotzdem, dass ihnen auch dort dieselben Rechte zustehen sollten wie allen anderen auch.
Art. 8 Paragraph 1 der Schweizerischen Bundesverfassung sagt: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Nein, sind sie nicht. Noch nicht.
Wieder einmal ist in der Politik alles eine Frage des Wir. Welches Wir die PolitikerInnen benutzen, hängt immer mal wieder stark von der jeweiligen Diskussion ab. Geht es ums Eherecht, steht WIR für «Menschen, die durch genetischen Zufall auf das andere Geschlecht stehen und mit einem Mitglied ebendieses Geschlechts eine Verbindung eingehen wollen». Geht es um Ausländerrecht, heisst WIR «alle Schweizer ausser die, die anders ausschauen und woanders herkommen».
Auffallend ist, dass der/die argumentierende PolitikerIn immer zum gerade benutzten WIR gehört, nie zum Rest. Wer nicht so ist wie WIR, der/die muss schauen, wo er/sie bleibt.
Noch einmal, es geht hier um rechtliche Diskussionen. Es stehen Homosexuellen schlicht nicht dieselben Rechte zu wie Heterosexuellen. Das steht in klarem Gegensatz zur Bundesverfassung. Wie kann man für sich selber mehr Recht einfordern als für andere Menschen? Steht das nicht diametral zum Grundsatz, dass gleiches Recht für alle gelten soll? Das kann doch nicht sein. Was für eine Gesellschaft sind wir, wenn wir das zulassen?
Ich persönlich wünsche mir ein WIR, das tatsächlich ein WIR ist und das eine faire Politik für alle nach sich zieht. Wie in der Präambel der Bundesverfassung steht «... im Willen, in gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung ihre Vielfalt in der Einheit zu leben».
Ei, was wär’ das schön!
pinex