Nachdem bereits am Donnerstag klar war, dass die EU mit der Schweiz nicht über die Personenfreizügigkeit verhandeln will, urteilte SVP-Vizepräsident Christoph Blocher: Die EU begeht Vertragsbruch. Sie sei gemäss Freizügigkeitsabkommen verpflichtet, mit der Schweiz zu verhandeln.
Dem widerspricht nun aber Richard Jones, EU-Botschafter in der Schweiz, in der «NZZ am Sonntag»: «Es gibt keinerlei Verpflichtung, einem Revisionsantrag zuzustimmen und in Verhandlungen einzutreten, die von einer Partei einseitig gewünscht werden», sagt er.
Wie jeder private oder öffentliche Vertrag enthalte auch das Abkommen über die Personenfreizügigkeit zwischen der EU und der Schweiz eine Revisionsklausel. «Änderungen benötigen jedoch das Einverständnis beider Parteien», sagt Jones. Im konkreten Fall ginge es darum, durch die Einführung von Kontingenten und einem Inländervorrang das Prinzip der Personenfreizügigkeit auszuhebeln. Dieses Prinzip sei aber die «raison d'être» des Abkommens und das Herzstück des aktuellen Vertragssystems zwischen der EU und der Schweiz, sagt er.
Bern. Nach dem Nein der EU zu Verhandlungen über die Personenfreizügigkeit platzt Hans Hess, dem Präsident des Industrieverbandes Swissmem, der Kragen. Gegenüber der Zeitung «Schweiz am Sonntag» sagte Hess, die Wirtschaft habe das seit neun Monaten vorausgesagt. «Die SVP hat das Gegenteil behauptet und sollte nun zur Rechenschaft gezogen werden».
Er sieht die Partei von alt Bundesrat Christoph Blocher in der Verantwortung: «Soll doch die SVP dem Schweizer Volk nun zeigen, wie wir aus diesem Schlamassel und europapolitischen Scherbenhaufen wieder heraus kommen. Für den Bundesrat ist die Lage nämlich extrem schwierig und guter Rat sehr teuer geworden.»
Hess stellt weiter fest, dass die SVP «plötzlich sehr leise, um nicht zu sagen sprachlos geworden» sei. «Und Blocher sieht die SVP so massiv in der Defensive, dass er sich nun gar noch weiter dazu versteigt, zu behaupten, es brauche die Bilateralen gar nicht», so der Swissmem-Präsident in seiner Standpauke.