«Seine königliche Heiligkeit Thomas G. Hornauer» ist zurück: Der inzwischen 62-jährige schwäbische Esoteriker und frühere Telefonsex-Hotline-Betreiber macht nun TikTok-Livestreams und gibt dabei spirituelle Tanzkurse. Was ein wenig an Seniorenturnen erinnert, erzielt auf TikTok zig Millionen Aufrufe.
Falls dir seine «Majestät of German» nichts sagt, eine kleine Rückblende:
Thomas G. Hornauer wurde in den 90er-Jahren als Betreiber einer «Stöhnfabrik» mit unzähligen 0190-Sex-Hotlines zum mutmasslichen Multimillionär.
Zuvor betätigte er sich als Produzent von Erotikvideos. Ab 2003 bot er Anrufern kostenpflichtiger Telefonnummern auf seinem eigenen Fernsehsender B.TV spirituelle Lebensberatung an: Wahrsagerei, Kartenlegen, Pendeln, das ganze Programm.
Sein ebenfalls esoterischer Nachfolge-Sender «Kanal Telemedial» erhielt mit Hornauers Ausrastern – der Guru kanzelte regelmässig seine Anrufer ab – eine Art Kult-Status. Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» hingegen beschrieb den Sender 2007 als «ein einziges, mit Schicksalsglauben verbrämtes Abzockunternehmen».
Damit nicht genug: 2008 gründete «König Thomas» das «Vereinte Heilige Deutsche Königreich» und rief seine eigene Religion aus, den «Christbuddhismus».
Seit Kurzem ist der geschäftstüchtige Guru als TikTok-Trend zurück.
Aktuell begegnet man dem selbsternannten König auf TikTok als Eso-Musiker im Batik-Shirt, der Jugendliche im Livestream für sich tanzen lässt, Anweisungen blafft und absurde Audienzen hält.
Die Ehre, mit seiner Durchlaucht parlieren zu dürfen, erhalten freilich vorab jene «Königskinder», die dem umtriebigen Geschäftemacher eine grosszügige Spende zukommen lassen.
«Herz fünf», sagt «König Thomas» zu Beginn seiner Live-Videos. Der Ausspruch steht für eine Art Segen. Die Zuschauer können nun eine Zuschalt-Anfrage stellen. Der König bestimmt, wer Gast in seinen Streams wird und animiert das junge Publikum dazu, zu seinem «TAM Dance» das Bein zu schwingen. TAM steht für «Transentaler aktiv Meditations Tanz», oder so ähnlich. Der Tanz soll positive Energien hervorrufen, heilend bei Herzkrankheiten wirken und «das Toxische aus den Zellen» schütteln. Noch Fragen?
Zuletzt gingen mehrere seiner skurrilen Streams viral. Die Abonnenten des Königs können sich ähnlich wie bei den früheren Eso-TV-Sendungen zuschalten lassen, während der Guru banale Lebensweisheiten von sich gibt und die Tanz-Einlagen der Jugendlichen kommentiert. Wer nicht nach seiner Pfeife tanzt, wird als «fett» oder dergleichen beleidigt oder fliegt aus dem Stream. Sichtlich angetan ist der alternde Esoteriker hingegen von jungen Frauen, die zu Hause vor der Kamera zu seinem «TAM Dance» hüpfen.
Die groteske Show ist zum Fremdschämen, was zugleich Hornauers Erfolg auf TikTok erklären dürfte. Ein verschrobener Kauz, der auf seinem Keyboard klimpert und mit metaphysischen Sprüchen um sich wirft. In den Kommentaren witzeln die meisten über «König Thomas», der längst zum Meme wurde.
Doch es geht um mehr als nur Sprüche: Die Zuschauer können virtuelle Geschenke an die Tanzenden schicken. Dafür müssen sie mit echtem Geld zahlen. Natürlich fordert Hornauer sein Publikum regelmässig zum Spenden auf.
Hornauer greift auf seine alte Masche aus den Eso-TV-Zeiten zurück: Damals sollten die Zuschauer für die durchs Zusehen gewonnene Energie einen «Energie-Ausgleich» bezahlen.
Der feine Unterschied: Damals machte der King mit überteuerten Telefonnummern Kasse. In Deutschland wurde gegen ihn wegen des Verdachts auf gewerbsmässigen Betrug in 1,5 Millionen Fällen ermittelt. Heute belohnt das Publikum die groteske Darbietung mit kostenpflichtigen Geschenken, die beispielsweise in Form von Rosen über den Bildschirm flimmern. Das wertvollste Geschenk ist ein virtuelles TikTok-Logo, das schlappe 500 Euro kostet. Hornauer nutzt also TikToks Spenden-Funktion, mit der die Zuschauer Streamer für ihre Performance monetär belohnen können.
Um seine Einnahmen anzukurbeln, hat er zuletzt den Chat selbst für zahlende Abonnenten seines Kanals geschlossen. Wer sich bemerkbar machen will, muss nun zwingend spenden. Je grösser die Spende, desto besser, da die milde Gabe schliesslich in der Familie bleibe, wie Hornauer betont.
Stolpern Jugendliche auf TikTok über seine Videos, ist nicht ersichtlich, welche Vorgeschichte dieser Mann hat.
Die gute Nachricht: Die Generation TikTok scheint die Masche zu durchschauen.
Wurde Hornauer zunächst aus Unwissenheit von vielen gefeiert, hat der Wind inzwischen gedreht. Seine Livestreams werden immer wieder von Trollen gekapert und mehrheitlich geschaut, um über ihn zu lachen.
TikToker nehmen Hornauers Esoterik-Geschwätz genüsslich auf die Schippe. Sie fragen ihn spöttisch, ob er an Kristalle glaube, da er ein «Lichtkristallzentrum» betreibt, eine esoterische Edelsteinausstellung mit Edelsteinverkauf samt Thronsaal.
Dass Hornauer nicht einfach harmlos-lustig ist, fällt inzwischen auch TikTokern wie Freddi auf. Der Teenager hat mit seinen Tanzeinlagen beim König knapp 300'000 Follower eingesackt. Nun klärt er seine Zuschauer über Hornauers Masche und dessen finstere Vergangenheit auf.
Ganz so leicht lässt sich die TikTok-Community also nicht abziehen. Bestes Beispiel ist Freddi, der häufig bei Hornauers Stream zu Gast war. Er zieht den TAM Dance nun mit seinem eigenen Swag Dance durch den Kakao.
Hornauer bezieht auf TikTok und YouTube gehörig verbale Prügel. Das kann auch daran liegen, dass bekannte YouTuber wie Rezo in ihren Videos süffisant über Hornauers zwielichtige Vergangenheit aufklären.
Hornauer ist seit über 20 Jahren eine fragwürdige Gestalt. Mit 0190-Nummern wurde er in den 90ern reich. Als er 2003 den Pleite gegangenen TV-Sender B.TV zum Schnäppchenpreis von 1,6 Millionen Euro übernahm, begrüsste er die Belegschaft auf seine ganz eigene Art. Der damals 42-Jährige brüllte: «Kommt raus aus den Löchern, ihr Feiglinge.» Ein Video zeigt, wie er auf einen Schreibtisch sprang und schrie: «Ich will Krieger, mit denen ich Millionen verdiene.»
Nach einer Durchsuchung der Geschäftsräume im Dezember 2003 ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen Betrugsverdacht gegen Hornauer. Die Vorwürfe verjährten und das Verfahren wurde eingestellt. Seine Sender wurden wegen mehrerer Verstösse trotzdem eingestellt. Hornauer wich danach ins Internet aus.
Aus seinem Esoterik-TV-Sender Kanal Telemedial entwickelte er die «Telemediale Lebensschule», eine «geistige Lehre», die Menschen helfen soll, sich selbst zu finden.
In den letzten Jahren wurde es ruhiger um Hornauer. Zuletzt fiel er 2020 bei einem Auftrittan einem Anlass auf, an dem auch Michael Ballweg auf der Bühne stand, Corona-Leugner und Gründer der deutschen Querdenker-Bewegung.
«In den letzten Jahren habe es im Bereich der Esoterik eine starke Überlappung mit der Wissenschaftsskepsis gegeben», sagte hierzu Ulrike Schiesser, Geschäftsführerin der österreichischen Bundesstelle für Sektenfragen, gegenüber Puls24.
Die Psychologin glaubt aber nicht, dass sich die Jugendlichen auf TikTok von Hornauer einlullen lassen. Menschen, die in der Esoterik Rückhalt suchten, wünschten sich ein offenes Ohr. Das könne ihnen Hornauer nicht bieten.
Bei dem Hype gehe es daher nicht um Inhalte. Vielmehr sei Hornauer rein wegen seiner Skurrilität ein TikTok-Phänomen – allerdings mit wohl baldigem Ablaufdatum.
Ich plädiere wie viele Nutzer vor mir für den 'Weg damit' Button :D