Julian Assange, gesundheitlich schwer angeschlagen und gezeichnet, wehrt sich mit allen Mitteln gegen die Auslieferung an die USA. Das ist sein gutes Recht und erinnert viele Menschen an den Kampf Davids gegen Goliath.
Und nun hat am Dienstag – zur Erleichterung vieler Beobachterinnen und Beobachter – ein britisches Gericht zugunsten des Wikileaks-Gründers entschieden. Assange wird nicht ausgeliefert, vorerst, und kann weiter hoffen.
In den zum Teil hitzig geführten öffentlichen Diskussionen wird der 52-jährige Australier immer wieder als Whistleblower und Journalist bezeichnet. Aber trifft das zu?
In der deutschen TV-Talkrunde «Markus Lanz» wurde kürzlich intensiv über den Wikileaks-Gründer diskutiert. Dabei gab der Rechtsprofessor Kai Ambos eine wohltuend differenzierte Einschätzung zu Wikileaks ab. Denn so viel ist sicher: Im Fall Julian Assange gibt es nicht nur Schwarz und Weiss, sondern sehr viele Nuancen, die aber häufig vergessen gehen.
Die US-Politikwissenschaftlerin Allison Stanger hat sich intensiv mit der Frage befasst, was einen Whistleblower – auf Deutsch «Hinweisgeber» – ausmacht.
Für ihr Sachbuch «Whistleblowers: Honesty in America from Washington to Trump» (2019) interviewte sie auch Edward Snowden, der mit grossen Medienhäusern kooperierte, um die Massenüberwachung durch US-Geheimdienste anzuprangern. Stanger sagte über Snowden, er könnte eines Tages als «Amerikas erster Verräter-Patriot» angesehen werden.
Im selben Jahr, in dem ihr Buch über Whistleblower erschien, veröffentlichte Stanger in der «Washington Post» einen vielbeachteten Aufsatz, in dem sie erklärte, warum Wikileaks-Gründer Julian Assange kein Whistleblower sei.
Ihre Definition lautet:
Auch Julian Assange wurde und wird als Whistleblower bezeichnet. Sein Verhalten im Laufe der Zeit zeige jedoch, dass er dies nicht sei, erklärte die Politwissenschaftlerin.
Zur Erinnerung: Wikileaks wurde 2006 von Assange und Mitstreitern ins Leben gerufen. In den Folgejahren veröffentlichte die Enthüllungsplattform brisante Informationen, die Dritte anonym hochgeladen hatten, darunter geheime Dokumente über die US-Kriege im Irak und in Afghanistan.
Zumindest in den Anfängen von Wikileaks kamen Assange und seine Mitstreiter ihrer publizistischen Verantwortung nach und arbeiteten mit Berufsjournalistinnen und -journalisten zusammen, um Dokumente vorab zu prüfen.
Besonders brisante Texte und Videos, die amerikanische Kriegsverbrechen dokumentierten, lieferte die Whistleblowerin Chelsea Manning. Sie wurde später von einem US-Gericht verurteilt, verbrachte mehrere Jahre hinter Gitter und wurde schliesslich von Präsident Barack Obama begnadigt, nur um erneut Ärger mit der US-Justiz zu bekommen, weil sie nicht gegen Julian Assange aussagen wollte.
Die Medien gelten als vierte Gewalt im Staat: Journalistinnen und Journalisten schauen den Mächtigen auf die Finger und auch Wikileaks wurde einst gegründet, um autoritäre Regimes weltweit anzuprangern. Doch dann verloren die Verantwortlichen dieses hehre Ziel aus den Augen.
Journalist ist kein geschützter Berufstitel. Wer sich als solcher bezeichnet, muss sich gefallen lassen, dass die eigenen Aktivitäten genau unter die Lupe genommen werden.
Sicher ist: Assange kooperierte in frühen Jahren mit renommierten Medienhäusern wie der «New York Times», dem «Guardian» in Grossbritannien und dem «Spiegel» in Deutschland. Dann entzogen sie ihm das Vertrauen.
Mit ein Grund: Wikileaks veröffentlichte brisantes Material unredigiert im Internet, das heisst ohne Schwärzung von Namen – was unschuldige Menschen gefährdete.
Kai Ambos, Professor der Universität Göttingen, hat sich intensiv mit dem Fall Assange befasst. Der Jurist rief bei «Markus Lanz» die tödlichen Nebenwirkungen gewisser Wikileaks-Veröffentlichungen in Erinnerung. So hätten etwa die Taliban geleakte US-Dokumente ausgewertet, um Leute ausfindig zu machen, die mit den Amerikanern kooperierten.
Anzumerken ist, dass Wikileaks Material im Internet zugänglich machte, ohne sich vorab darum zu bemühen, den Wahrheitsgehalt unabhängig zu überprüfen. Ausserdem erhielten die in geleakten Dokumenten erwähnten Personen keine Gelegenheit zu einer Stellungnahme. Auch dies wäre journalistisches Standardvorgehen. Das von Wikileaks praktizierte «Data Dumping» hingegen war grob fahrlässig. Es ging wohl einfach darum, der verhassten US-Regierung zu schaden.
Und damit zur Russland-Connection von Assange.
Assange hatte früh eine Affinität für Putins Russland. 2012 moderierte der Australier eine eigene Talkshow beim russischen Staatssender RT (ehemals Russia Today), der Verschwörungstheorien und antiwestliche Narrative verbreitete und es zumindest in der Schweiz immer noch darf.
Fakt ist: Seit der Ankündigung der Präsidentschaftskandidatur von Donald Trump 2015 bis zu seiner Wahl liess Assange auf seiner Enthüllungsplattform kein wichtiges Dokument veröffentlichen, das Russland oder dem Despoten Wladimir Putin geschadet hätte. Dabei hätte es durchaus Gelegenheiten für entsprechende Kreml-Leaks gegeben.
Vielmehr kommunizierte Wikileaks während des US-Präsidentschaftswahlkampfs 2016 mit Trump-Beratern sowie mit Tarnorganisationen des russischen Militärgeheimdienstes (GRU), wie sich später in Ermittlungsverfahren zeigte.
Und es gab gezielte Absprachen zwischen Wikileaks und Donald Trump Jr. – Sohn des damaligen Präsidentschaftskandidaten. In der Tat falle auf, dass Wikileaks immer dann Dokumente publiziert habe, wenn Trump in Bedrängnis geraten war, konstatierte die «Neue Zürcher Zeitung» 2017.
Ziel war es, möglichst viel Dreck aufzuwirbeln, um Trumps Gegenkandidatin zu schaden. Die geleakten E-Mails wurden untersucht – es ergaben sich keine groben Verstösse oder juristisch relevantes Fehlverhalten von Clinton. Im Gegenteil: Trump wurde zu einer Geldstrafe verurteilt.
Anzumerken ist, dass Wikileaks im Jahr 2017 vertrauliche Dokumente veröffentlichte, die Putins Russland und den Einsatz von Überwachungstechnologie betrafen.
Julian Assange und seine Angehörigen haben mein Mitgefühl in einer unhaltbaren Situation. Aber wir sollten aufhören, ihn als Journalisten zu bezeichnen. Das ist er nicht.
Und er ist auch kein Whistleblower. Er hat vielmehr mit Leuten aus dem Dunstfeld Putins kooperiert, um Trump zur Wahl zu verhelfen. Ganz zu schweigen davon, dass er sich für russische Propaganda instrumentalisieren liess.
Dazu passt, dass sich nun erneut auch Edward Snowden aus dem Exil in Russland zu Wort meldete und die US-Regierung kritisierte. Über die fragwürdige Rolle seines Gastgebers Putin verliert er hingegen weiterhin kein Wort. Für den russischen Propaganda-Sender RT ein gefundenes Fressen.
Rechtsprofessor Kai Ambos ist aber beizupflichten: Julian Assange sollte aus humanitären Gründen NICHT an die Vereinigten Staaten ausgeliefert werden. Tatsächlich ist der Wikileaks-Gründer schon genug gestraft durch das, was ihm in den vergangenen 14 Jahren widerfahren ist.
Julian Assange, wie auch der nach Russland geflüchtete Whistleblower Edward Snowden, sind tragische Figuren der Zeitgeschichte. Gleich drei US-Präsidenten haben es nicht geschafft, einen korrekten Umgang mit den Systemkritikern zu finden. Deshalb wurde und wird der Antiamerikanismus weiter befeuert. Und davon profitieren vor allem der Kriegsverbrecher Putin und andere gefährliche Feinde der Demokratie.
Assange liess sich auf MAGA Rallies zuschalten.
Ab dem Moment war WikiLeaks tot. Niemand mit Verstand lud da noch irgendetwas hoch.
Assanges peinliche Begründung war "Aber Hillary wollte mich doch dronen."
Als nach der gewonnenen Wahl Trump sagte "Assange? Ich kenne keinen Assange" - war es das für ihn.