«Von selbstfahrenden Autos sind wir immer fünf Jahre entfernt», lautet ein bissiger Spruch, der in der Autobranche gerne die Runde macht. Der Grund: Fünf Jahre sind der Zeitraum, der oft als Antwort auf die Frage genannt wurde, wann denn nun Roboterwagen im alltäglichen Strassenverkehr auftauchen werden.
Dabei ist eine Fünfjahres-Frist nach der anderen verstrichen - und doch sind Robotaxis heute trotz aller Tech-Demonstrationen auf wenige Testprojekte beschränkt. Das werde sich aber ändern, versprachen gleich mehrere Unternehmen auf der Technik-Messe CES in Las Vegas - und ja, auch wieder in einigen Jahren.
Die Technik, die autonomes Fahren möglich macht, steht vor dem Einzug in Wagen verschiedener Hersteller. Auf der CES zeigten die zu Intel gehörende Firma Mobileye und der Chip-Spezialist Nvidia ihre neuen Computersysteme, die Daten von Kameras und anderen Sensoren verarbeiten und die Fahrzeuge steuern sollen.
Nvidia Drive Hyperion und Mobileyes EyeQ sollen Mitte des Jahrzehnts in ersten Serienfahrzeugen verfügbar sein. «Ich sehe nichts, was uns aufhalten kann, weder regulatorisch noch technisch, noch was die Kundenakzeptanz angeht», sagte Mobileye-Manager Johann Jungwirth. Die Zeit selbstfahrender Autos breche nun tatsächlich an.
Deutschland beispielsweise hat 2021 den Weg für vollautomatisierte Fahrzeuge bis Stufe 4 von 5 per Gesetz freigemacht. Das heisst, der Fahrer kann die Fahrzeugführung auf bestimmten Strecken komplett abgeben und wird zum Passagier.
Bei unseren nördlichen Nachbarn sollen laut Mercedes erste Kundinnen und Kunden noch in der ersten Jahreshälfte 2022 eine S-Klasse mit «Drive Pilot» kaufen können. Das Fahrassistenzsystem ermögliche es, bei hohem Verkehrsaufkommen oder im Stau auf geeigneten Autobahnabschnitten mit einer Geschwindigkeit bis maximal 60 km/h hochautomatisiert zu fahren (Level-3-System).
Nvidias Autochef Danny Shapiro sieht auch einen Trend, dank dem die autonomen Funktionen schneller nicht nur in teuren Wagen verfügbar sein könnten. Erste Autohersteller gingen dazu über, die Software für autonomes Fahren in ihrer kompletten Modellpalette zu verbauen. Damit können sie zusätzlich Geld verdienen. Tesla beispielsweise verlangt in den USA für seine «Autopilot»-Software 10'000 Dollar extra. VW spielt mit dem Gedanken, dass Kundinnen und Kunden in einigen Jahren das autonome Fahren auch stundenweise oder für bestimmte Fahrten in ihrem Auto freischalten können. Beispielsweise autonomes Fahren auf Abruf für 7 Franken pro Stunde.
Ebenfalls wichtig: Die für autonomes Fahren notwendige Hardware wird günstiger. Das gilt insbesondere für Laser-Radare (Lidar), die die Umgebung der Fahrzeuge abtasten. Einst konnten Lidar-Systeme 70'000 Franken und mehr kosten, jetzt senkten einige Anbieter den Preis auf wenige tausend. Bis auf Tesla-Chef Elon Musk, der mit Kameras und künstlicher Intelligenz auskommen will, halten fast alle anderen Branchenplayer die Lidar-Systeme für unverzichtbar.
Auch wenn die Technik zum autonomen Fahren zumindest in einigen Situation in den Startlöchern steht, bleiben viele Fragen offen. Werden wir sie zuerst in Robotaxis, privaten Fahrzeugen oder Lastwagen erleben? Wie schnell und auf welchen Strassen wird sie sich im Alltag ausbreiten?
«Ich glaube schon, dass es einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren erfordert, bis wir einen signifikanten Anteil - etwa fünf Prozent - von autonomen Fahrzeugen sehen werden», sagte Mobilitätsexperte Jürgen Reers von der Beratungsfirma Accenture. «Es gibt eine grosse Diskrepanz zwischen dem, was technisch möglich ist - und was in der Realität der Städte, wie wir sie heute vorfinden, umsetzbar ist.»
Man müsse nicht nur Fahrzeuge, sondern auch die Infrastruktur aufrüsten - und auch eigene Fahrspuren für unterschiedliche Mobilitätsangebote schaffen, so Reers weiter. Anders gesagt: Normale Fahrzeuge werden wohl noch für Jahrzehnte neben vollautomatisierten unterwegs sein.
In den vergangenen Jahren wurde oft vorhergesagt, dass das autonome Fahrzeug der Zukunft höchstwahrscheinlich ein Robotaxi sein wird, das man nur bei Bedarf nutzt. Solche Dienste versuchen bereits die Google-Schwesterfirma Waymo und die General-Motors-Tochter Cruise aufzubauen. GM-Chefin Marry Barra kündigte bei ihrem Online-Auftritt auf der CES nun aber an, dass man zur Mitte des Jahrzehnts auch ein selbstfahrendes Auto auf den Markt bringen will.
Robotaxis und selbstfahrende Shuttles für bis zu 20 Passagiere gelten nach wie vor als effizientester Weg, die Technik einzusetzen. Denn sie fahren viel, um die hohen Hardware-Kosten einzuspielen. Die Beratungsfirma McKinsey geht davon aus, dass im kommenden Jahrzehnt die Fahrt mit einem Roboshuttle pro Kilometer bis zu 40 Prozent günstiger sein werde als mit einem Privatauto.
«Es ist ab Mitte der 2030er davon auszugehen, dass es zumindest in Städten ab 300'000 Einwohnern eigentlich keinen Grund mehr gibt, mit dem Privatauto in die Stadt zu fahren», sagte McKinsey-Experte Kersten Heineke. Die Entwicklung könne auch schneller gehen - wenn die Städte etwa mit höheren Parkkosten oder einer City-Maut eingreifen, um private Fahrzeuge aus Städten herauszudrängen.
(oli/sda/awp/dpa)
Soll noch einer den Nutzen der modernen Technik infrage stellen.
Der TV ist nicht mehr flach, sondern ein Hologramm im Wohnzimmer, in Lebensgrösse.
Würd mich schon interessieren, was man in fünfzig oder hundert Jahren alles kann... 😉