Diese Story erhält laufend Updates. Mithilfe des Menüs kannst du gleich zum neusten Eintrag springen. Hier oben aber findest du immer die aktuellste Version des generierten Tic-Tac-Toe-Games.
Spieler: 0 - Computer: 0
Ich habe mal programmiert, so richtig gecodet: Ein unschlagbar süsses Katzengame namens «Clumsy Karate Cat» für Android- und AppIe-Phones. Es war der designierte Nachfolger von Flappy Bird und wartete nur so darauf, von den Massen gedownloaded zu werden. Und es wartete und wartete und wartete so lange, bis es aus beiden App-Shops entfernt wurde. Marketing, so musste ich lernen, ist leider alles. Da hilft die süsseste Katze nichts.
Verschwunden ist nicht nur das Game aus den Shops, sondern auch meine rudimentäre Kenntnis des Programmierens. Damals konnte ich auf eine Programmieroberfläche namens «Corona» zurückgreifen. Die Oberfläche, man ahnt es, gibt es heute unter diesem Namen nicht mehr. Geblieben ist einzig mein Frust, dass ich nie wirklich programmieren lernte. Weder HTML noch Javascript.
Doch nun gibt es mit ChatGPT eine künstliche Intelligenz, die die mühsame Programmierarbeit für mich übernimmt. Das wenigstens vermitteln mir die überschwänglichen Tweets zum Upgrade auf Version 4. Und wie es heute so üblich ist, lasse ich mich auf eine Challenge ein: Schaffe ich es, bis heute Abend (praktisch) ohne Programmierkenntnisse mithilfe von ChatGPT, ein Tic-Tac-Toe-Spiel zu programmieren?
Wünscht mir Glück!
Was die vielen überschwänglichen Tweets nicht beinhalten: Chat GPT-4 ist zwar schlau, aber kein Rennpferd. Weil ich unter Zeitdruck stehe, entscheide ich mich, eine erste Version mit GPT-3.5 zu produzieren. So schwierig kann das ja nicht sein ...
Ich versuche es mit folgender Aufforderung:
GPT-3.5 geht ab wie Valentino Rossi und schreibt mir innert Sekunden einen Code.
Doch was taugt der Code? Ich baue ihn in unsere Homepage ein, was dank unseres Content-Management-Systems (CMS) auch für mich Laien kinderleicht ist. Et voilà!
Eieiei.
Mit meinem HTML-Element zerstöre ich das Layout unserer schönen News-Seite. Ha! Das prickelnde Gefühl von Macht kommt auf, denn jeder weiss: Wer kreieren will, muss auch zerstören können! Oder so ähnlich.
Doch jetzt steht das Sales-Team hinter mir und zieht mir die Ohren lang. So schnell kippt Allmacht in Ohnmacht. Ich fühle mich wie Goethes Zauberlehrling. Wie zum Geier werde ich die Geister, die ich rief, nun wieder los?
Und vor allem: Was hat Chat-GPT 3.5 hier programmiert? Die Darstellung des Spielfelds erinnert an ein Basquiat-Gemälde und ein Computer-Gegner gibt es auch nicht. Aber darum muss ich mich später kümmern. Jetzt muss ich erst mal unser watson-Layout wieder in Ordnung bringen. Sonst wird mir der Versuch hier schnell verboten.
Wünscht mir Glück! Jetzt brauche ich es wirklich!
Warum unser Layout zerstört wurde, erfahre ich von unserem Product-Team. Es hat mit dem «Body» zu tun. Für müde Witze über Bodyshaming ist leider keine Zeit, ich muss das HTML-Element loswerden (und ersetze es mit Screenshots der Zerstörung). Damit ist das Sales- und auch das Product-Team wieder happy und unser Layout glänzt wieder im alten Kleid.
So einfach ist die schöne neue Welt der künstlichen Intelligenz dann eben doch nicht – dafür offen für Kritik. Ich lasse sie spüren, dass ich nicht zufrieden bin mit ihrer Leistung. GPT-3.5 gelobt Besserung und programmiert sogleich wieder los.
...
Am Ende kriege ich eine Zusammenfassung der Änderungen (was sensationell ist) und erfahre, dass die KI den Computergegner entfernt hat (was weniger sensationell ist).
Ich beginne zu zweifeln. Erstens an GPT-3.5, aber auch an meiner Kommunikation. Ich muss in meiner Sprache präziser werden. Sonst wird das hier nichts. Und ich wechsle zu GPT-4.0. Trotzdem bin ich schon ein bisschen begeistert. Die KI hat mir so etwas wie ein Tic-Tac-Toe-Spiel programmiert. Nur schon das finde ich extrem beeindruckend.
Ich präzisiere meine Anforderungen folgendermassen:
Drei Dinge fallen sofort auf:
Die Aufforderung, am Ende fortzufahren, ignoriert GPT-4.0. Stattdessen beginnt sie erneut von vorn. Ich bin etwas enttäuscht. Vielleicht liegt es ja an der deutschen Sprache. Doch auch «continue» bringt nicht den erwünschten Erfolg, ebenso wenig eine präzisere Anweisung.
Ich schaffe es also nicht einmal mehr, einen vollständigen Code zu erhalten. Das kann ja noch heiter werden – und ich bin noch weit weg von einem funktionierendem Game.
Mit der Erkenntnis verabschiede ich mich erst mal in die Mittagspause ...
So. Nach einigen Versuchen scheine ich den Ton getroffen zu haben und GPT–4 fährt dort weiter, wo der letzte Eintrag abbrach.
Am Ende spuckt mir das Programm vier Code-Teile aus, die ich zusammenfüge. Jetzt erhalte ich folgendes Resultat. Und ich bin baff!
Das Spiel funktioniert! (Siehe Beginn des Artikels).
Zwar verhagelt es mir wieder das Layout und der Computergegner glänzt nicht durch künstliche Intelligenz, das ist aber alles nicht von Belang! Das Spiel läuft. Das ist gleichermassen eindrücklich wie furchterregend. Zeit für derlei Sentimentalitäten wollen wir uns nicht gönnen. Jetzt geht es an den Feinschliff.
Von meinen geschätzten menschlichen Mitarbeitern habe ich gelernt, dass das Element «Body» die Layout-Probleme verursacht. Weil ich es nicht besser weiss und kann, lösche ich das Element. Und siehe da! Die Layoutprobleme sind verschwunden.
Vermutlich ist der Code nicht der sauberste und im Hintergrund wird wohl das eine oder andere Errörli die Schaltkreise belasten. Meine Challenge aber habe ich gewonnen. ChatGPT–4.0 hat in deutlich weniger als einem Tag ein Tic-Tac-Toe-Game für unsere Seite kreiert. Ich bin echt beeindruckt.
Aber noch ist Zeit bis zum Feierabend. Und deshalb werde ich versuchen, die eine oder andere Optimierung anzubringen.
Ich versuche nun, die eine oder andere Option ins Game einzubauen. Das wird allerdings etwas dauern, denn ich werde nur noch funktionierende Versionen publizieren. Und: Aktuell läuft die KI und Welten langsamer. Ich vermute mal, weil ein gewisser Uncle Sam aus dem Bett gekrochen ist.
Mittlerweile sind die Anfragen ausgegangen. Bezahlende Kunden von GPT–4.0 können 25 Anfragen alle drei Stunden tätigen. Diese habe ich nun aufgebraucht.
Update (16:43 Uhr): Das wird nichts mehr. GPT–3.5 kann die Aufgabe nicht wirklich bewältigen. Die ca. 10 ausgespielten Codes waren alle fehlerhaft.
Die allerälteste Version, ChatGPT–3.5 "Legacy" produzierte am Ende dann noch eine Version, bei der auch die Siege gezählt werden. Die Darstellung ist allerdings etwas unschön.
Dein Computer tut genau das, was du ihm sagst.
Die Schlechte:
Dein Computer tut genau das, was du ihm sagst.