Zwanzig Franken im September. Dreissig Franken im Oktober. Jean-Paul* versteht nicht, woher diese Beträge stammen, die auf seinen letzten Mobiltelefon-Rechnungen auftauchten. «Premium-Services» steht dort jedes Mal. Der 68-jährige Jean-Paul kann sich jedoch nicht daran erinnern, jemals einen «Premium-Service» in Anspruch genommen zu haben.
Seine Erinnerungen täuschen ihn nicht: Er hat nie um solch ein Angebot gebeten. Dennoch wurde ihm zweimal hintereinander eine zu hohe Rechnung gestellt. Die angegebenen Beträge wurden von seinem Mobilfunkanbieter Coop Mobile ordnungsgemäss abgebucht. Es fühlt sich wie Betrug an, wenn das Monatsabonnement, wie bei Jean-Paul, eigentlich 29.90 Franken kostet. Weit entfernt von den 49.90 Franken, die er im September bezahlen musste.
Was ist also passiert? Zunächst einmal muss man klarstellen, dass hier alles mit rechten Dingen zugeht. Umso ärgerlicher. Der Betroffene hat sich – wie viele andere auch – an Coop Mobile gewandt und versucht, die Ursache des Problems zu ergründen. Die Antwort: Es handelt sich um Premium-SMS, die mehr oder weniger zufällig an Mobilfunkkunden verschickt wurden, die nicht darum gebeten hatten, sie zu erhalten. Jean-Paul ist in eine Falle getappt, die uns allen droht.
Coop Mobile ist nicht schuld daran. Ein Mitarbeiter des Anbieters erklärt die Situation gegenüber watson:
Das mag sein, aber das ist nicht das Problem. Das Problem ist die erzwungene Bezahlung für den Empfang unerwünschter SMS. Man denkt dabei an die Werbung, die den Briefkasten füllt und die man einfach wegwirft, ohne einen Blick darauf geworfen zu haben. Nur dass man nicht gezwungen wird, für die Zustellung zu bezahlen. Im Fall von Premium-SMS ist der Abonnent dazu verpflichtet.
Wie kann man sich diesem Zahl-Zwang entziehen? Ein Mitarbeiter von Coop Mobile gibt einen Tipp:
Auf Anfrage von Jean-Paul hat Coop Mobile den Verantwortlichen für den Versand der Premium-SMS ermittelt: Paycon, ein Unternehmen mit Sitz im Kanton Schwyz.
Der Anbieter Paycon ist auch der Konsumentenschutz-Organisation Fédération romande des consommateurs (FRC) gut bekannt, die häufig wegen ähnlicher Fälle wie dem von Jean-Paul um Hilfe gebeten wird.
Das Schwyzer Unternehmen beteuert gegenüber watson, streng legal zu handeln.
Aber sind die Mobilfunkbetreiber nicht zur Sorgfaltspflicht verpflichtet? Wäre es nicht ihre Aufgabe, ihre Abonnenten vor den Risiken dieser unerwünschten Sendungen zu warnen, wenn sie Ziel dieser Sendungen sind? «Rechtlich sind sie dazu nicht verpflichtet. Ausserdem sind einige der Premium-Nummern sehr praktisch und transparent, wie z. B. die Nummern, mit denen man Bustickets kaufen kann», antwortet Malika Pessard.
Die Juristin der FRC gibt Auskunft darüber, was im Streitfall zu tun ist:
Jean-Paul schrieb an Paycon und beschwerte sich wegen überteuerter SMS, die ihm der Schwyzer Anbieter ohne seine Zustimmung geschickt hatte. Paycon antwortete ihm, dass er nur ein Vermittler in der Angelegenheit zwischen dem Kunden – der oft nicht weiss, dass er Kunde von was auch immer ist – und dem Anbieter sei. Paycon bat Jean-Paul ausserdem, ihm seine Handynummer mitzuteilen, um die Identität des fraglichen Anbieters zu überprüfen. Man kann auch im Nachhinein nie zu viele Vorsichtsmassnahmen treffen.
*Vorname geändert
Wo sonst kann einem Konsumenten(!) ein Vertrag untergeschoben werden, der bei fehlendem Widerspruch als geschlossen gilt?
Vermutlich ist bisher nur keiner bis vors Bundesgericht mit dem Kram... hoffe, dass das Karma alle Hintermänner bald mal besucht...