Digital
Digitales

Plötzlich hohe Handyrechnung: Vorsicht vor dieser SMS-Falle

20 Franken mehr, 20 Franken zu viel auf dieser Handyrechnung.
20 Franken mehr, 20 Franken zu viel auf dieser Handyrechnung.bild: shutterstock

Plötzlich hohe Handyrechnung: Vorsicht vor dieser SMS-Falle

Wie kann man den Empfang von Premium-SMS stoppen? An wen kann man sich wenden? watson hat einen konkreten Fall untersucht.
04.12.2023, 16:4504.12.2023, 17:23
Antoine Menusier / watson.ch/fr
Mehr «Digital»

Zwanzig Franken im September. Dreissig Franken im Oktober. Jean-Paul* versteht nicht, woher diese Beträge stammen, die auf seinen letzten Mobiltelefon-Rechnungen auftauchten. «Premium-Services» steht dort jedes Mal. Der 68-jährige Jean-Paul kann sich jedoch nicht daran erinnern, jemals einen «Premium-Service» in Anspruch genommen zu haben.

Seine Erinnerungen täuschen ihn nicht: Er hat nie um solch ein Angebot gebeten. Dennoch wurde ihm zweimal hintereinander eine zu hohe Rechnung gestellt. Die angegebenen Beträge wurden von seinem Mobilfunkanbieter Coop Mobile ordnungsgemäss abgebucht. Es fühlt sich wie Betrug an, wenn das Monatsabonnement, wie bei Jean-Paul, eigentlich 29.90 Franken kostet. Weit entfernt von den 49.90 Franken, die er im September bezahlen musste.

Zahlung wird erzwungen

Was ist also passiert? Zunächst einmal muss man klarstellen, dass hier alles mit rechten Dingen zugeht. Umso ärgerlicher. Der Betroffene hat sich – wie viele andere auch – an Coop Mobile gewandt und versucht, die Ursache des Problems zu ergründen. Die Antwort: Es handelt sich um Premium-SMS, die mehr oder weniger zufällig an Mobilfunkkunden verschickt wurden, die nicht darum gebeten hatten, sie zu erhalten. Jean-Paul ist in eine Falle getappt, die uns allen droht.

Coop Mobile ist nicht schuld daran. Ein Mitarbeiter des Anbieters erklärt die Situation gegenüber watson:

«Wir können uns nicht gegen das Versenden von Premium-SMS wehren. Dahinter steht ein Angebot, das z. B. ein Abonnement einer Website für Erwachsene sein kann. Ein Angebot, bei dem jeder frei entscheiden kann, ob er darauf eingeht oder nicht»

Das mag sein, aber das ist nicht das Problem. Das Problem ist die erzwungene Bezahlung für den Empfang unerwünschter SMS. Man denkt dabei an die Werbung, die den Briefkasten füllt und die man einfach wegwirft, ohne einen Blick darauf geworfen zu haben. Nur dass man nicht gezwungen wird, für die Zustellung zu bezahlen. Im Fall von Premium-SMS ist der Abonnent dazu verpflichtet.

Wie kommt man aus dieser Situation heraus?

Wie kann man sich diesem Zahl-Zwang entziehen? Ein Mitarbeiter von Coop Mobile gibt einen Tipp:

«Die erste versendete SMS, der eine Nummer, z. B. 799, zugeordnet ist, ist diejenige, in der die Bedingungen des angebotenen Vertrags angegeben sind. Diese erste SMS ist niemals kostenpflichtig. An dieser Stelle muss man unbedingt handeln, wenn man den Vertrag nicht abschliessen möchte. Dazu muss man die SMS öffnen und auf seinem Mobiltelefon STOP ALL eingeben. Andernfalls werden weitere Premium-SMS mit der Nummer 799 in Rechnung gestellt, auch wenn man die ursprünglich gesendete SMS nie geöffnet hat. Denn wenn man beim ersten Mal nicht antwortet, stimmt man dem weiteren Verlauf zu.»
Ein Angestellter von Coop Mobile.

Auf Anfrage von Jean-Paul hat Coop Mobile den Verantwortlichen für den Versand der Premium-SMS ermittelt: Paycon, ein Unternehmen mit Sitz im Kanton Schwyz.

Verschiedene Beschwerden auf der Website plaintes.ch

Verschiedene Beschwerden von Unzufriedenen auf der Website plaintes.ch

Der Anbieter Paycon ist auch der Konsumentenschutz-Organisation Fédération romande des consommateurs (FRC) gut bekannt, die häufig wegen ähnlicher Fälle wie dem von Jean-Paul um Hilfe gebeten wird.

«Von 100 Beschwerden, die uns im Jahr 2023 über Premium-SMS erreichten, erwähnen 50 Paycon»
Malika Pessard, Juristin bei der FRC

Das Schwyzer Unternehmen beteuert gegenüber watson, streng legal zu handeln.

Aber sind die Mobilfunkbetreiber nicht zur Sorgfaltspflicht verpflichtet? Wäre es nicht ihre Aufgabe, ihre Abonnenten vor den Risiken dieser unerwünschten Sendungen zu warnen, wenn sie Ziel dieser Sendungen sind? «Rechtlich sind sie dazu nicht verpflichtet. Ausserdem sind einige der Premium-Nummern sehr praktisch und transparent, wie z. B. die Nummern, mit denen man Bustickets kaufen kann», antwortet Malika Pessard.

Die Juristin der FRC gibt Auskunft darüber, was im Streitfall zu tun ist:

«Im Gegensatz zu dem, was manche vielleicht denken, sind es nicht die älteren Menschen, die am häufigsten in die Falle der Premium-SMS tappen, sondern alle Altersgruppen. Denjenigen, die eine Rückerstattung für eine Dienstleistung erhalten möchten, die sie nicht in Anspruch genommen haben, raten wir, bei der Anbieterfirma Einspruch zu erheben und sich auf den so genannten wesentlichen Fehler zu berufen. Es kommt auch vor, dass Mobilfunkanbieter Beträge, die als ‹Premium-Services› in Rechnung gestellt werden, nicht abbuchen. Wenn man bei der Beilegung einer Streitigkeit nicht weiterkommt, kann man sich auch an ombudscom, die Schlichtungsstelle des Bundes für Kommunikation, wenden.»
Malika Pessard

Jean-Paul schrieb an Paycon und beschwerte sich wegen überteuerter SMS, die ihm der Schwyzer Anbieter ohne seine Zustimmung geschickt hatte. Paycon antwortete ihm, dass er nur ein Vermittler in der Angelegenheit zwischen dem Kunden – der oft nicht weiss, dass er Kunde von was auch immer ist – und dem Anbieter sei. Paycon bat Jean-Paul ausserdem, ihm seine Handynummer mitzuteilen, um die Identität des fraglichen Anbieters zu überprüfen. Man kann auch im Nachhinein nie zu viele Vorsichtsmassnahmen treffen.
*Vorname geändert

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
9 betrunkene SMS, die du am nächsten Morgen sehr wahrscheinlich bereuen wirst
1 / 12
9 betrunkene SMS, die du am nächsten Morgen sehr wahrscheinlich bereuen wirst
Bild: watson
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Weil Deepfakes machen so einfach ist, haben wir es ausprobiert
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
73 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Dubio
04.12.2023 16:59registriert Januar 2014
Das ist ein sehr wirrer Artikel mit einigen Fehlern. Dass man bezahlen muss, wenn man sich NICHT abmeldet bzw. noch nicht einmal die SMS öffnet, beurteile ich als Jurist als Blödsinn. Nur bei einem Vertrag wäre eine Zahlungspflicht denkbar, ein Vertrag kommt aber nur mit gegenseitigem übereinstimmendem Willen zustande. Wenn ich die SMS noch nicht mal öffne, kann ein Vertrag gar nicht zustande kommen, ebensowenig bei einem Ignorieren einer unerwünschten SMS (anders natürlich, wenn ich den SMS Service irgenwo auf einer Homepage bestellt habe natürlich).
3451
Melden
Zum Kommentar
avatar
Nordkantonler
04.12.2023 16:50registriert September 2020
Ist hier nicht der Gesetzgeber gefragt?

Wo sonst kann einem Konsumenten(!) ein Vertrag untergeschoben werden, der bei fehlendem Widerspruch als geschlossen gilt?
2231
Melden
Zum Kommentar
avatar
BenFränkly
04.12.2023 16:55registriert Juni 2017
Ja aber hallo! Stillschweigend kann ein Vertrag doch nicht zu stande kommen - geht sowas rechtlich?! Auch wenns auf Deinem Handy stattfindet zweifle ich schwer an, dass sowas legal sein kann...

Vermutlich ist bisher nur keiner bis vors Bundesgericht mit dem Kram... hoffe, dass das Karma alle Hintermänner bald mal besucht...
2061
Melden
Zum Kommentar
73
Estnischer Geheimdienst-Chef: «Dann müssen wir mit allem rechnen»
Russland wähnt sich längst im Krieg mit dem Westen. Im Interview erklärt der estnische Geheimdienstchef, was der Kreml als Nächstes plant.

Ein unscheinbares Gebäude im Süden der estnischen Hauptstadt Tallinn, umhüllt von weisser Bauplane und Fassadengerüst. Nur der meterhohe Betonwall und die vielen Überwachungskameras lassen vermuten, dass sich hinter den Mauern ein besonders geschütztes Areal auftut. Hier, zwischen Wohnhäusern, Brachland und verlassenen Bushaltestellen, sitzt der Välisluureamet, der Auslandsnachrichtendienst Estlands.

Zur Story