Ein Selfie vom Ende der Welt wurde einer 35-jährigen deutschen Touristin im vergangenen Jahr zum tödlichen Verhängnis. Sie fiel die World’s End genannte Klippe im Horton-Plains-Nationalpark in Sri Lanka hinab. Dabei hatte sie nicht so viel Glück wie der Niederländer, der drei Jahre zuvor am gleichen Ort beim Fotografieren abgestürzt war. Er war nach 45 Metern an einem Baum hängen geblieben und konnte gerettet werden.
Unglücksfälle durch Selfies sind inzwischen so häufig, dass sich schon Wissenschaftler damit zu befassen beginnen. Mitte 2018 hatte ein Team um Agam Bansal vom All India Institute of Medical Sciences in New Delhi die weltweiten Selfie-Unfälle genauer beziffern können. In der Zeit von Oktober 2011 bis November 2017 starben demnach 259 Menschen beim Aufnehmen eines fotografischen Selbstporträts, die meisten davon in Indien.
Männer waren mit 72,5 Prozent deutlich übervertreten, und Menschen unter dreissig Jahren machten mit 182 Fällen den grössten Anteil aus. In der Altersgruppe von 50 bis 69 waren lediglich 5 Personen betroffen. Das Forschungsteam fand bei der Auswertung englischsprachiger Zeitungsartikel auch heraus, dass die Haupttodesursache das Ertrinken war, gefolgt von Verkehrsunfällen und Stürzen sowie Feuer. Die meisten tödlichen Unfälle mit Waffen ereigneten sich in den USA, etwa beim Posieren mit einer geladenen Pistole.
Dennoch dürfte dies der Einschätzung der Wissenschaftler nach nur die Spitze des Eisberges sein, denn viele Unfälle würden wohl gar nicht erst gemeldet. Seit November des Jahres 2017, dem Ende des Untersuchungszeitraumes der Studie, haben sich bis zum heutigen Tag bereits mehr als zwei Dutzend weitere Todesfälle ereignet.
Aber was kann man tun, um Selfie-Unfälle zu verhindern? Das russische Innenministerium hat schon im Jahr 2015 einen Ratgeber für sichere Selfies herausgegeben. Darin wird vor den grössten Unfallrisiken nach Art eines Verbotsschildes gewarnt. Die Behörden sahen sich zu diesem Schritt veranlasst, als sich die Unfälle durch Selfies häuften. So hatten sich im Januar 2015 zwei junge Männer aus dem Uralgebirge in die Luft gesprengt, als sie für ein Selfie mit einer entsicherten scharfen Handgranate posierten.
An manchen Touristen-Hotspots werden inzwischen sichere Standorte ausgewiesen, an denen Selfies gemacht werden können, ohne dabei in Gefahr zu geraten. Es entstehen aber auch immer mehr No-Selfie-Zonen, in denen auf die besondere Gefährdung durch das Aufnehmen eines Selbstporträts an diesem Ort hingewiesen wird.
Doch auch das hilft nicht immer. Eine Sicherheitsüberprüfung des Wedding Cake Rock an der Ostküste Australiens, der von Touristen gern für Selfies genutzt wird, hatte vor einigen Jahren ergeben, dass der Felsvorsprung aus Kalkstein jederzeit einstürzen könnte. Die Behörden verboten das Betreten des Felsvorsprungs und sperrten die Gefahrenzone mit einem 1,6 Meter hohen Zaun ab. Zuwiderhandlungen wurden mit 300 Dollar Strafe belegt. Doch vielen Touristen scheint das völlig egal zu sein. Seit Mitte 2016 wurden schon über ein Dutzend Menschen gebüsst, weil sie über den Zaun geklettert waren.
Nur gut, dass sich die Kulissen durch die Grinserüben nicht belästigt fühlen können. Nicht auszudenken die Debatte, die sich daraus ergeben würde.