Am 29. September kommt das Super NES Mini in den Handel. Kinder der 90er-Jahre dürfen sich freuen und jetzt schon herumhüpfen – vorausgesetzt, sie konnten ein Exemplar vorbestellen. Denn die kleine Wunderkiste von Nintendo ist ja schon fast überall ausverkauft.
21 Game-Klassiker sind auf dem Gerät vorinstalliert und werden für sehr, sehr lange Game-Nächte sorgen. Also, alles super? Nein, denn ein wichtiger Titel fehlt in dieser Spielesammlung: «Teenage Mutant Hero Turtles IV: Turtles in Time»!
Und bevor hier jetzt einer oder eine mit dem Nerd-Finger auf mich zeigt: Ja, im amerikanischen Original hiessen die vier Schildkröten-Mutanten «Teenage Mutant Ninja Turtles». Aber das Wort Ninja war den Europäern wohl zu aggressiv und man wählte halt den Begriff Hero. So. Gern geschehen.
«Turtles in Time» feierte 1991 seine Geburt in den guten alten Spielhallen, wo die bunten Automaten unser gesamtes Kleingeld schluckten. Da werden Erinnerungen wach! Doch schon ein Jahr später erschien die Heimkonsolen-Version für das Super NES, das in den 90ern zur beliebtesten Gamekiste wurde. Der Zeitpunkt war perfekt. Der Cartoon lief im Kabelfernsehen rauf und runter, es gab dieses sehr coole Spielzeug und Frank Zander sorgte für einen der knackigsten Intro-Songs für eine Trickfilmserie. Na logo!
Alle liebten die Turtles und vor allem die Buben stürzten sich auf das Videospiel «Turtles in Time». Die Story war verrückt, doch das war man sich ja schon von den Cartoons gewohnt: Krang, dieses schleimige Hirnwesen, das im Bauch eines Roboters haust, klaut die Freiheitsstatue. Saukerl! Das geht natürlich gar nicht. Die Turtles lassen die Pizzas kalt und marschieren los. Als die vier Jungs Leonardo, Donatello, Raphael und Michelangelo den bösen Buben folgen, werden die vier Helden durch die Zeit geschleudert. Denn Shredder, genau, der Typ mit der Eisenmaske, katapultiert sie durch Raum und Zeit. Hui!
Nach dem Intro folgte ein Prügelspiel der Superlative. Alleine oder auch zu zweit kämpfte man sich mit einem Turtle seiner Wahl durch die Strassen von New York, besuchte den Wilden Westen, teilte auf einem Piratenschiff aus und ging noch weiter zurück in die prähistorische Zeitepoche zu den Dinosauriern! Natürlich durfte auch ein Besuch in der neonfarbigen Zukunft nicht fehlen. Ach, ich liebe diesen Retro-Future-Scheiss!
Das Genre Side-Scrolling Beat’em up (jaja, das heisst wirklich so!) war eigentlich alles andere als kinder- und jugendfreundlich. Doch «Turtles in Time» war anders. Das Spiel war sehr bunt, ja fast schon knallig-kitschig und nahm sich vor allem selber nicht zu ernst. Der Gewaltgrad war für das Genre ziemlich niedrig, so dass viele Eltern ihren Kindern bedenkenlos den Spass am Bildschirm gönnen konnten. Der will doch nur spielen!
Das Spielprinzip war simpel. Einen Turtle nach Wahl schnappen (Donatello!) und mit ihm alle Gegner, die auf dem Bildschirm auftauchen verkloppen. Mit der richtigen Tastenkombination wurden nicht nur knackige Spezialangriffe ausgelöst, man konnte sich auch einen Gegner schnappen und ihn gegen die Kamera werfen. Als man dann zum ersten Mal einen pixeligen Gegner in die Richtung des vor dem Fernseher sitzenden Spielers werfen konnte, war das damals schon ein sehr grosser WOW-Effekt. Der Mode 7-Effekt machte es möglich und bewies zu jener Zeit, dass das Super NES technisch ganz vorne mitspielte.
Die Schildkrötengaudi erhielt schliesslich ihren Höhepunkt, wenn zwei Spieler gleichzeitig zum Controller griffen und sich mit lauten Cowabunga-Schreien durch die Levels prügelten. Der treibende Soundtrack der japanischen Musiklegende Mutsuhiko Izumi sorgte für zusätzliche Stimmung. Unvergessen bleibt der Score, der direkt ins Ohr drang und auch nach dem Spielen in der Endlosschleife lief. Bis heute.
«Turtles in Time» war kein stumpfes Prügelspiel. Die Levels waren abwechslungsreich, überraschten immer wieder mit neuen Ideen und manchmal stieg man auf ein futuristisches Skateboard oder surfte in der Kanalisation herum. Cool! Und was da ab und zu im Hintergrund los war und auf die Ereignisse im Vordergrund Einfluss nahm, das war damals ganz grosses Game-Kino.
Es gibt übrigens ein Remake dieses Klassikers: «Teenage Mutant Ninja Turtles: Turtles in Time Re-Shelled». Die neue Version mit dem ellenlangen Namen ist technisch zwar ok und zeigt sich optisch von einer ganz frischen Seite, doch es fehlt ihm ganz klar eine grosse Portion Nostalgie-Charme. Wer jetzt also Lust auf eine zünftige Schidlkröten-Keilerei hat, der lässt die Finger vom Neuling und kramt lieber das alte, wohl leicht vergilbte Super NES heraus. Ihr werdet es nicht bereuen!