Kann ChatGPT als Suchmaschine mit Google konkurrieren? Ein Prototyp soll zeigen, dass es möglich ist. Wie so oft mit KI enthielt aber schon das 30 Sekunden lange Vorstellungsvideo einen Fehler.
Seit Monaten wurde spekuliert, die ChatGPT-Entwicklerfirma OpenAI könnte Google mit einer eigenen Suchmaschine herausfordern - jetzt ist es so weit. Zunächst eine «kleine Gruppe von Nutzern» kann den Dienst mit dem Namen SearchGPT ausprobieren, der auf Fragen konkrete Antworten statt Links liefern soll.
Für alle anderen gab es einen Vorgeschmack in einem kurzen Video. Die Suchanfrage: Musikfestivals im August im Städtchen Boone im US-Bundesstaat North Carolina. SearchGPT antwortet mit einer Auflistung von Events samt Kurzbeschreibung und einem Link zum Ursprung der Informationen.
Gleich der erste Eintrag enthält allerdings einen Fehler. So behauptet SearchGPT, das Appalachian Summer Festival laufe vom 29. Juli bis 16. August - und verweist auf die Website als Quelle. Ein Autor des Magazins «The Atlantic» machte sich die Mühe, sie aufzusuchen - und erlebte eine Überraschung. Denn dort steht gleich im Anfang in grosser Schrift, das Festival finde vom 29. Juni bis zum 27. Juli statt. Mehr noch, zu dem von SearchGPT genannten Zeitraum heisst es ausdrücklich, die Kasse sei da geschlossen.
Google gab auf die etwas spezielle Nachfrage dagegen ganz klassisch eine Reihe von Links aus - mit den Webseiten vom Appalachian Summer Festival ganz vorn.
Die Panne bei SearchGPT kommt nicht ganz überraschend. Heutige KI-Chatbots sind bekannt für sogenannte Halluzinationen: Momente, in denen die Software mit voller Überzeugung falsche Behauptungen vorträgt.
Das Problem hat etwas mit der Funktionsweise von ChatGPT und Co zu tun: Die Software schätzt anhand der Datenmassen, mit denen sie angelernt wurde, Wort für Wort ab, wie ein Satz weitergehen könnte. Die Folge können völlig falsch zusammengewürfelte Angaben sein, selbst wenn nur korrekte Informationen ins Programm einflossen. Die Branche arbeitet daran, solche Fantasterei mit zusätzlichen Checks zu verhindern.
Seit Monaten wird darüber spekuliert, ob KI-Suchmaschinen dem dominierenden Branchenprimus Google gefährlich werden könnten. Versuche kleinerer Rivalen von OpenAI hinterliessen bisher keine Spuren im Google-Geschäft.
Stattdessen gab die KI-Suchmaschine Neeva im vergangenen Jahr auf. Und der Google-Herausforderer Perplexity wurde dabei erwischt, Inhalte von Websites auch gegen den ausdrücklichen Wunsch der Betreiber zu erfassen.
Kann OpenAI da erfolgreicher sein? Immerhin ist ChatGPT der mit Abstand bekannteste Chatbot, der die Euphorie rund um Künstliche Intelligenz lostrat. Ausserdem will sich OpenAI für aktuelle Antworten auch auf Informationen von Medienunternehmen stützen, die der KI-Firma den Zugang zu ihren Archiven gewähren. Die Aktie der Google-Mutter Alphabet ging nach der OpenAI-Ankündigung mit einem Minus von drei Prozent aus dem Handel.
OpenAI sei überzeugt, dass die Suche viel besser sein könne als heute, betonte Firmenchef Sam Altman bei Ankündigung von SearchGPT am Donnerstag. Die Firma wolle aus dem Prototyp lernen und die Technologie dann in ChatGPT integrieren. Er selbst sei davon überrascht gewesen, wie sehr er SearchGPT der «Suche alter Schule» vorziehe.
Zu den Medienunternehmen, die mit OpenAI kooperieren, gehören unter anderem der deutsche Medienkonzern Axel Springer, Rupert Murdochs Zeitungsimperium News Corp und die «Financial Times». Es war zunächst unklar, ob alle bisher bekanntgegebenen Medienpartner auch bei SearchGPT dabei sind.
News-Corp-Chef Robert Thompson betonte in der Pressemitteilung, OpenAI verstehe, dass KI-Suche sich auf verlässliche Informationen von Quellen stützen müsse, denen man vertraue. Angesichts dieses Anspruchs wirkt der Patzer mit dem falschen Festivaltermin noch etwas peinlicher.
Allerdings half Google selbst die jahrzehntelange Erfahrung mit vertrauenswürdigen Antworten auch nicht viel, als der Konzern jüngst seine Suchmaschine vorsorglich mit KI-Funktionen aufpeppen wollte. Der Software fiel es unter anderem schwer, ernst gemeinte Informationen von Scherzen und Satire zu unterscheiden.
Die Folge war, dass Googles KI-Zusammenfassungen der Suchergebnisse zum Teil empfahlen, einen kleinen Stein pro Tag zu essen und Käse auf der Pizza mit ungiftigem Klebstoff zu befestigen. Nachdem die absurden Antworten viel Belustigung im Netz ausgelöst hatten, passte Google den Software-Algorithmus an.
Zugleich betonen aber sowohl Google als die Konkurrenten weiterhin, die Zukunft der Suchmaschinen sei, mehr Nutzerfragen direkt mit komplett formulierten Sätzen oder Bildern und Videos zu beantworten. Viele Website-Betreiber und Medien machen sich Sorgen, dass dadurch weniger Menschen als bisher zu ihnen geleitet werden und ihr Geschäft darunter leidet. Google konterte, dass es zu den Quellen für Informationen, die in den KI-Übersichten landen, sogar mehr Datenverkehr gebe. Wie es dabei dem Rest geht, blieb aber bisher unklar (sda/dpa)