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Uber in der Kritik: Geleakte Dokumente zeigen das schonungslose Vorgehen

An Uber sign is displayed inside a car in Palatine, Ill., Thursday, Feb. 10, 2022. As Uber pushed into markets around the world, the ride-sharing service lobbied political leaders to relax labor and t ...
Die Uber-Files zeigen, dass Uber mit teilweise illegalen Mitteln expandierte. Bild: keystone

«Wir sind einfach nur illegal»: Daten-Leak zeigt Ubers aggressive Expansion auf

11.07.2022, 08:5911.07.2022, 12:27
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Der Taxi-Dienst Uber gehört in vielen Städten Europas längst zum Alltag. Wer kurzfristig einen Transport von A nach B braucht, ruft die App auf und wird innert Kürze abgeholt. Der Dienst operiert mittlerweile mit wenigen Ausnahmen in allen Ländern Europas, Nord- und Südamerikas. Geleakte Dokumente, die Uber-Files, zeigen nun das aggressive und teilweise illegale Vorgehen des Unternehmens während dieser Expansion. Was beim grössten Datenleak zum Vorschein kam, erfährst du hier:

Das aggressive Lobbying

Bis 2014 operierte Uber nur in den USA. Danach expandierte das Taxi-Unternehmen in nur einem Jahr in weltweit 31 Länder. Das Datenleak zeigt nun erstmals die unternehmensinterne Kommunikation während dieser Zeit auf. Bei Uber wurde die Expansion «The pyramid of shit» genannt.

Dabei expandierte Uber in Länder, in denen keine rechtliche Grundlage für einen App-getriebenen Taxi-Dienst bestand und hinterliess dabei oft einen juristischen Scherbenhaufen: «Uber kommt auf den Markt, und dann gibt es einen regulatorischen und rechtlichen Shitstorm», so beschreiben Uber-Mitarbeiter die Expansion. Als Indien Uber aus seinem Land vertrieb, schrieb der damalige Kommunikationschef Nairi Hourdajian in einer Nachricht: «Wir sind einfach nur illegal.»

The Pyramid of Shit: So ging Uber bei seiner Expansion vor.
«Bitte um Entschuldigung, nicht um Erlaubnis»: So die Strategie von Uber.Bild: Uber Files / ICIJ

Die Folgen dieser Strategie wurde durch extensives Lobbying abgefangen. Die Dokumente zeigen, wie Uber-Mitarbeiter mit über 700 Politikern und fast 600 Chef-Beamten in Kontakt traten, um die Gesetze rund um Taxidienste des jeweiligen Landes direkt zu beeinflussen. In den Kontaktlisten tauchen ziemlich grosse Namen auf: Emmanuel Macron, Benjamin Netanyahu sowie Joe Biden.

Das Datenleak
Mehr als 124'000 Dokumente wie E-Mails und Chatnachrichten wurden der britischen Zeitung «Guardian» zugespielt. An der Auswertung dieser sogenannten Uber-Files waren das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) und mehr als 180 Journalisten internationaler Medien beteiligt, darunter «Le Monde», «El País» und «Washington Post». Das «International Consortium of Investigative Journalists» (ICIJ) hat die Dokumente nun aufgearbeitet.

Der Kill-Switch

«Bitte drückt so schnell wie möglich den Kill-Switch»
Uber-Gründer Travis Kalanick in einer Nachricht

In einigen Ländern schaltete sich trotz Verbindungen in hohe Kreise die Polizei ein. Doch auch dafür hatte Uber eine passende Lösung: den Kill-Switch. Dieser soll, einmal betätigt, alle belastenden Dokumente und Nachrichten eines Uber-Ablegers löschen.

Als die niederländische Polizei das Uber-Hauptquartier in Amsterdam stürmen wollte, ordnete Mitgründer Travis Kalanick genau eine solche Löschung an: «Bitte drückt so schnell wie möglich den Kill-Switch. Der Zugang in AMS [Amsterdam, Anm. d. Red.] muss abgeschaltet werden», so im Leak dokumentiert.

Die Oligarchen-Connection

Wladimir Putin
Uber war bis 2019 auch in Russland aktiv, wohl auch dank diverser Verbindungen zu engen Putin-Vertrauten. Bild: imago-images

Mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine dürften nun auch die Verbindungen Ubers zu Oligarchen in den Fokus rücken. In den Dokumenten werden sehr enge Verbindungen zu verschiedenen Zöglingen des russischen Präsidenten Wladimir Putin offengelegt. Viele davon finden sich mittlerweile auf EU-Sanktionslisten wieder.

Die Gegen-Demonstrationen

In den Unterlagen ist unter anderem dokumentiert, wie Uber nach Protesten gegen die Firma in Frankreich im Jahr 2016 eine grosse Gegendemonstration organisierte, mit «15'000 Fahrern» und «50'000 Kunden», wie Kalanick in von der «Washington Post» veröffentlichten Chatnachrichten schrieb. Er spielte demnach die Gefahr eines möglichen aggressiven Verhaltens der Gegenseite herunter: «Wenn wir 50'000 Passagiere haben, werden und können sie nichts tun.» Zugleich schien er Risiken in Kauf zu nehmen: «Ich denke, es ist es wert. Gewalt garantiert Erfolg.»

Und was sagt Uber?

«Wir haben und werden uns nicht für ein Verhalten in der Vergangenheit entschuldigen, das nicht mit unseren heutigen Werten übereinstimmt.»
Uber-Pressesprecherin Jill Hazelbaker in einer Mitteilung

Das Unternehmen bestreitet die Vorwürfe nur teilweise und verweist darauf, dass sich das Unternehmen seit 2014 grundlegend verändert habe. «Wenn wir sagen, dass Uber heute ein anderes Unternehmen ist, dann meinen wir das wörtlich: 90 Prozent der derzeitigen Uber-Mitarbeiter kamen, nachdem Dara Khosrowshahi 2017 CEO wurde», schreibt Pressesprecherin Jill Hazelbaker in einer Mitteilung. Man werde sich nicht für vergangene Missetaten entschuldigen.

Heute pflege kein Uber-Mitarbeiter mehr Verbindungen zu russischen Oligarchen und man befolge die Steuer- und Arbeitsgesetze der jeweiligen Länder.

(leo mit Material der sda)

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quelle: x00217 / charles platiau
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54 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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BG1984
11.07.2022 09:38registriert August 2021
Uber und Uber Eat sind so richtige trash Unternehmen. Bezahlen Hungerlöhne, illegale Mitarbeiter ohne Arbeitsbewilligung und keine Sozialabgaben. Der Staat schaut ratlos zu, weil ist ja Neuland.
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RicoH
11.07.2022 09:27registriert Mai 2019
Uber oder wie kann man Menschen maximal auspressen, um Gewinn zu machen.
Die Welt braucht Uber & Co. nicht. Sie vernichten nur geregelte Arbeitsplätze, für die oft lange gekämpft wurde um soziale Sicherheit zu haben.
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goschi
11.07.2022 09:49registriert Januar 2014
"Man werde sich nicht für vergangene Missetaten entschuldigen."

Ja genau darum gehört Uber boykottiert!

Basiert auf Selbst- und Fremdausbeutung von Arbeitskräften, verhindert Sozialabgaben, will einfach nur Märkte zerstören, usw

Wer Uber-Diebste nutzt, unterstützt die Zerstörung von 150 Jahren soziale Marktwirtschaft. Purster Raubtierkapitalismus wie im 19. Jahrhundert...
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