Die Bundesstaatsanwaltschaft in Brasília hat gegen den in Brasilien lebenden US-Journalisten Glenn Greenwald und weitere sechs Personen Anklage erhoben.
Ihnen wird nach Medienberichten vom Dienstag vorgeworfen, die Handys von Staatsdienern wie Justizminister Sergio Moro und Staatsanwalt Deltan Dallagnol, Leiter der Anti-Korruptionsoperation «Lava Jato» (Autowäsche), gehackt zu haben.
Die von Greenwald gegründete Enthüllungsplattform The Intercept Brasil hatte zuvor private Chat-Nachrichten der Beamten veröffentlicht und in ihrer Berichterstattung Brasiliens Reiche und Mächtige massiv angegriffen.
Die Stiftung Freedom of the Press, in dessen Vorstand Edward Snowden sitzt, twitterte am Dienstagabend, in «einer ungeheuerlichen Verletzung der Pressefreiheit» habe die brasilianische Regierung einen Beschluss des Obersten Gerichtshofs ignoriert und einen Journalisten angeklagt.
BREAKING: In an OUTRAGEOUS violation of press freedom, the Brazilian government has ignored a Supreme Court order and charged journalist @ggreenwald with "cybercrimes" for @TheInterceptBr's investigative series on widespread corruption in Brazil. https://t.co/Gm5b6mqY3C
— Freedom of the Press (@FreedomofPress) January 21, 2020
Greenwald hatte sich vor Jahren einen Namen gemacht, als er massgeblich an der Aufarbeitung der Unterlagen des Whistleblowers Edward Snowden zu den illegalen Abhörpraktiken des US-Geheimdienstes NSA beteiligt war.
Die von Greenwald veröffentlichten Chat-Nachrichten erweckten den Eindruck, dass sich brasilianische Richter und Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen gegen den ehemaligen linken Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva illegal abgesprochen haben. Diese Ermittlungen mündeten in einer Haftstrafe.
Durch die Haft Lulas, der in den Umfragen geführt hatte, war der Weg für den rechtskonservativen Politiker Jair Bolsonaro zum Sieg bei den Präsidentschaftswahlen 2018 in Brasilien frei geworden.
Die Vorwürfe gegen ihn wies der US-Amerikaner Greenwald, der mit einem Brasilianer verheiratet ist, am Dienstag heftig zurück. Es handle sich um «einen offensichtlichen Versuch, die freie Presse als Vergeltung für die Enthüllungen anzugreifen, die wir über Minister Moro und die Regierung Bolsonaro gebracht haben», heisst es in einer Erklärung Greenwalds.
Als scharfer Kritiker Bolsonaros und offen schwul lebender Mann ist Greenwald eine stark polarisierende Figur im politisch gespaltenen und zunehmend evangelikal-konservativ geprägten Brasilien.
(dsc/sda/dpa)