Als Apple im Frühling zum ersten Mal seinen neuen Dienst Apple Arcade der Öffentlichkeit vorstellte, musste ich lachen. Es folgten ein Kopfschütteln und vielleicht auch noch ein Facepalm. Denn es ist, wie es ist: Der Markt für kleine Smartphone-Spielchen ist übersättigt. Es gibt so viele Games für zwischendurch, dass die Auswahl manchmal sehr schwer fällt. Wer da versucht noch etwas zu reissen, ist selber schuld...
Sind wir ehrlich: Viele Inhalte für die mobilen Endgeräte werden schnell und schlecht produziert, mit Werbung vollgepackt und überall lockt die Möglichkeit für echtes Geld Zusatzinhalte zu kaufen. Mit Smartphone-Games habe ich daher schon lange abgeschlossen.
Da konnte mich in der Vergangenheit vielleicht nur ein Game made in Switzerland dazu zwingen, mit dem Handy zu spielen. Und natürlich musste, durfte ich «Mario Kart Tour» testen. Aber das ist eine andere Geschichte…
Auch der Videospiel-Genuss via Tablet konnte sich bei mir nie richtig erschliessen. Die Steuerung ist meistens unhandlich, die Spielmechanik via Touchscreen zu krampfhaft und optische Highlights muss man mit der Lupe suchen. Doch dann kam Apple...
Nochmals: Ich war von Anfang an sehr skeptisch. Da konnte Apple noch so laut und wild betonen, dass nur exklusiv ausgewählte Spiele und ganz besondere Inhalte auf Apple Arcade verfügbar sein würden. Nun ist ist der Game-Abo-Dienst da und kann ganz simpel via App Store abonniert werden.
Tja, und nun ertappe ich mich dabei, wie ich auf dem Arbeitsweg im Zug nicht etwa E-Mails lese oder mich wieder über dumme Inhalte in den sozialen Medien ärgere, sondern tatsächlich ein Videospiel via Apple Arcade konsumiere. Auch das iPad wurde als Game-Hardware entstaubt und gesellt sich nun zu später Stunde auf dem heimischen Sofa zu mir und lockt mich in wunderschöne Welten.
Wunderschön sind sie in der Tat. Natürlich gibt es bei den mehr als 100 Spielen auch ein paar eher mässige Titel, die man schnell wieder vergisst und löscht, aber die meisten Games überzeugten mich schon nach kurzer Spielzeit.
Bei «The Enchanted World» beispielsweise lief es mir kalt den Rücken herunter, als ich erfuhr, dass die Grundidee des Spiels während des schrecklichen Balkankriegs entstand. In einer Fantasiewelt muss eine Fee durch eine bezaubernde Landschaft dirigiert und mittels Schiebe-Rätsel begleitet werden. Gänsehaut pur.
Gänsehaut gibt es auch bei «Projection: First Light», wo ich ein einsames Mädchen durch eine Scherenschnitt-Welt begleite. Die fantastische Optik, wo Licht und Schatten bei der Spielmechanik ineinander fliessen, ist ein Fest fürs Auge. Dazu gesellt sich eine Melancholie, die eine besondere Spielerfahrung kreiert.
Apple Arcade hat aber nicht nur düstere Spiele im Angebot. Im Gegenteil. Für jeden Geschmack, für jede Genre-Liebhaberin gibt es den passenden Inhalt. Wer auf minimalistische Pixel-Optik steht, greift zu «Bleak Sword». Wer ein schönes und vor allem umfangreiches Abenteuer sucht, spielt «Oceanhorn 2: Knights of the Lost Realm». Und wer auf Weltraumschlachten abfährt, lädt sich «Redout: Space Assault» herunter.
Apple Arcade bietet qualitativ so gute Spiele an, dass ich gerne bereit bin, sechs Franken pro Monat zu bezahlen. Eine Wohltat ist zudem das Fernbleiben von Werbung und Mikrotransaktionen. Die Spiele stehen klar im Fokus, steuern sich gut, werden schnell geladen und nicht mit Werbeflächen oder anderen störenden Inhalten zugeballert. Das ist wirklich ein Genuss.
Es existiert also doch noch eine Lücke im mobilen Gaming-Bereich, die Apple erfolgreich füllen konnte. Bleibt zu hoffen, dass der Konzern nun auch in Zukunft beide Augen offen lässt und bei der Qualitätskontrolle nicht beginnt nachlässig zu werden.
Info: Apple Arcade kann einen Monat lang gratis getestet werden. Nach dem Ablauf verwandelt sich die Testphase in ein kostenpflichtiges Abo (6 Franken pro Monat), sofern man vorher nicht aktiv kündigt. Der Dienst kann via iPhone, iPad, iPod touch, Apple TV und Mac, wenn man auf Catalina aktualisiert, konsumiert werden.