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Künstliche Intelligenz

Sony World Photography Awards: Ein KI-Siegerbild? Das steckt dahinter

KI-Bild gewinnt internationalen Fotowettbewerb und sorgt für Eklat

Die Organisatoren der «Sony World Photography Awards» müssen sich unbequemen Fragen zum Umgang mit KI-generierten Bildern stellen.
18.04.2023, 15:0418.04.2023, 15:40
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«Dies ist ein historischer Moment: Erstmals hat ein KI-generiertes Bild einen renommierten internationalen Fotografiepreis gewonnen.»
Boris Eldagsen
«KI ist nicht Fotografie, also nehme ich den Preis nicht an.»
Boris Eldagsen

Was ist passiert?

Bei Instagram sorgt eine ungewöhnliche Geschichte für Aufsehen, wonach ein Fotograf öffentlich zugegeben habe, dass sein bei einem internationalen Wettbewerb ausgezeichnetes Bild von Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt wurde.

Screenshot zu einem Meme, das bei Instagram kursiert. Der Fotograf Boris Eldagsen gewann bei einem Fotowettbewerb mit einem KI-generierten Bild und kritisiert, es sei ein transparenter Umgang mit solc ...
screenshot: instagram

Das ist jedoch eine verkürzte und irreführende Darstellung der Ereignisse der letzten Wochen und Monate.

Erstellt wurde das fotorealistische KI-Bild vom deutschen Fotokünstler Boris Eldagsen. Er hat damit bei den Sony World Photography Awards 2023 tatsächlich gewonnen.

Der erfahrene Fachmann wollte aber nicht betrügen, sondern auf die Problematik solcher KI-Bilder hinweisen. Und er lehnte in der Folge auch die Auszeichnung für sein künstlich erzeugtes fotografisches Werk «Die Elektrikerin» ab.

Wo ist das Problem?

Das Siegerbild ist mit Deep-Learning-Technologie künstlich erzeugt worden – es ist also keine Fotografie.

Der Erschaffer sagt:

«Ich bin dafür, dass man echte Fotografien und KI-Bilder klar trennt.»
Boris Eldagsen

Es gibt widersprüchliche Darstellungen, wie es zur Auszeichnung des KI-Bildes gekommen ist, und die Kommunikation der Organisatoren wirft einige Fragen auf.

Für die Sony World Photography Awards 2023 waren über 415'000 Bilder aus über 200 Ländern eingereicht worden. Davon über 200'000 für den offenen Wettbewerb, in dessen «Kreativ»-Kategorie Eldagsens KI-Bild gewann.

Screenshot Instagram-Account von Boris Eldagsen, der mit einem KI-generierten Bild bei einem internationalen Fotowettbewerb gewann und den Preis ablehnte.
Eldagsen: «Ich habe mich als frecher Affe beworben, um herauszufinden, ob die Wettbewerbe für die Teilnahme von KI-Bildern vorbereitet sind. Sie sind es nicht.»screenshot: instagram

Das zum «Vice»-Medienkonzern gehörende englischsprachige Online-Medium Motherboard hat das Thema in einem am Montagabend veröffentlichten Bericht aufgegriffen und zitiert darin einen Sprecher des Fotowettbewerbs.

Demnach hätten die Juroren zwar gewusst, dass bei der Erstellung des Bildes KI verwendet wurde. Sie hätten aber gemeint, dass es sich um eine «Co-Kreation» des Künstlers und einer KI handle. Und sie äusserten laut Bericht den Vorwurf, man habe sie «absichtlich» in die Irre geführt.

Gewinner spricht von «Ghosting»

Der Darstellung der Wettbewerbsorganisatoren widerspricht Eldagsen vehement. Der erfahrene Fotograf, der sich als Digital- und KI-Experte in der Deutschen Fotografischen Akademie engagiert, hat auf seiner Website eine ausführliche Stellungnahme veröffentlicht. Dort zitiert er auch aus der E-Mail-Konversation mit den Organisatoren und kritisiert, dass bei der Kommunikation einiges schiefgelaufen sei.

Demnach sieht es so aus, als wären die World Photography Awards von der Wucht der KI-Problematik überrumpelt worden. Erst als die internationale Foto-Community das Thema in den sozialen Medien aufgegriffen und intensiv diskutiert habe, sei man in die Gänge gekommen, so Eldagsen. Und:

«Wir, die Fotowelt, brauchen eine offene Diskussion. Eine Diskussion darüber, was wir unter Fotografie verstehen wollen und was nicht. Ist der Schirm der Fotografie gross genug, um KI-Bilder einzuladen – oder wäre das ein Irrtum?»

Auf der Website des Sony-Fotowettbewerbs ist das KI-Bild nicht mehr zu finden und auch in einer entsprechenden Medienmitteilung wird der Künstler nicht mehr erwähnt.

Seitens der Organisatoren hiess es, man habe Eldagens Siegerbild «auf seinen Wunsch hin» entfernt.

Der Fotograf und KI-Künstler hält an seiner Darstellung fest und schildert in einem Interview, wie es an der Preisverleihung fast zum Eklat gekommen wäre. Er habe sich extra einen Smoking für den festlichen Anlass ausgeliehen und sei, als man ihm keine Redezeit zugestehen wollte, auf die Bühne gestürmt und habe sich ans Publikum gewandt.

«Am nächsten Morgen war ich einfach von der Webseite verschwunden. Ich ging zum Somerset House, wo die Ausstellung um 11 Uhr eröffnet wurde, und mein Bild war verschwunden. Als wäre nie etwas gewesen. Ich glaube, das nennt man ‹Ghosting›.»
quelle: ridingthedragon.life

Zuvor hatte er den Organisatoren empfohlen:

«Wenn Sie nicht wissen, was Sie mit dem Preis machen sollen, spenden Sie ihn bitte an das Fotofestival in Odessa, Ukraine.»

Was den Umgang mit fotorealistischen KI-Bildern in der Foto-Community betrifft, meint Eldagsen:

«Ich denke, es ist sehr klar, dass wir einen Namen für synthetisch generierte Bilder finden müssen, die wie Fotografien aussehen. Ich habe einige interessante Vorschläge gehört – manche gut, manche schlecht. Der bisher beste Vorschlag, den ich von jemandem habe, der meine Social-Media-Beiträge kommentiert, ist die Promptographie*. Das hat mir sehr gut gefallen. Es sagt Ihnen, dass es etwas anderes ist und nicht in die gleiche Kategorie gemischt werden sollte. Wir müssen klar sagen, dass es keine Fotografie ist.»
* Der englische Begriff «Prompt» meint die Sprachanweisung des Users an die KI, Inhalte zu erzeugen.

Was ist daran speziell?

Wie Eldagsen in einem Interview verrät, hat er das Bild im August 2022 erstellt, mit dem KI-Bildgenerator «DALL-E 2», der wie ChatGPT vom US-Unternehmen OpenAI stammt.

«Die Elektrikerin» (2022)

KI-generiertes Bild des deutschen Fotokünstlers Boris Eldagsen. © Boris Eldagsen, Germany, Winner, Open Competition, Creative, 2023 Sony World Photography Awards
Man beachte die für KI-Bildgeneratoren typischen Darstellungsfehler (Artefakte) bei den Fingern. Eldagsen sagt selbst, dass mit modernerer Technologie wie Midjourney 5 deutlich realistischere Bilder möglich seien.Bild: Sony World Photography Awards

Sony beschrieb das von Eldagsen eingereichte KI-Bild in einer früheren Medienmitteilung wie folgt:

«(...) ein eindringliches Schwarz-Weiss-Porträt zweier Frauen aus verschiedenen Generationen, das an die Bildsprache der Familienporträts der 1940er-Jahre erinnert.»

Sicher ist: Aus den (schriftlichen) Teilnahmebedingungen des Fotowettbewerbs ging bislang nicht hervor, ob KI-generierte Bilder generell akzeptiert oder ausgeschlossen sind.

Sicher ist auch: Eingereichte Beiträge dürfen kein urheberrechtlich geschütztes Material enthalten, das nicht im Eigentum der Wettbewerbsteilnehmer steht. Bei KI-generierten Bildern ist aber genau diese Frage immer wieder Gegenstand von juristischen Auseinandersetzungen.

Und jetzt du!

Braucht es ein generelles Verbot von fotorealistischen KI-Bildern bei Fotowettbewerben? Wie wichtig ist es, bei der Verwendung solcher Inhalte Transparenz zu schaffen?

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143 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Werner17
18.04.2023 16:47registriert Februar 2016
Ich habe 1981 an einem in Japan ausgeschriebenen internationalem Pressefotowettbewerb den zweiten Platz belegt, also noch in der analogen Zeitrechnung. Als dann mit Photoshop eine neue Zeirechnung begann, wollte ich zuerst nichts davon wissen. Heute betrachte Fotos die mit Photoshop verändert wurden, als eine eigenständige Kunstform. Wenn KI-generierte Fotos auch als solche, kategorisiert werden, was spricht dagegen?
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Scrat
18.04.2023 16:37registriert Januar 2016
Das Beispiel zeigt einfach exemplarisch, das KI-Technologie ohne zusätzliche Schutzmassnahmen bald einmal dazu dienen wird, um die Geschichte umzudeuten und mittels künstlich erzeugter Bilder eine neue Realität vorzugaukeln. Jede Propaganda-Maschinerie wird sich darüber freuen.

Um das zu verhindern denke ich jetzt einfach mal an die Möglichkeit, KI-Bilder zum Beispiel mittels NFT-Tokens eindeutig zu signieren und so erkennbar zu machen.

Ob man solche Bilder schlussendlich zu Wettbewerben zulassen möchte oder nicht, ist eigentlich zweitrangig.
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Fröstelnder_Wasserscheuer_Pinguin
18.04.2023 16:15registriert September 2020
Schnappschuss des nachdenklichen Fotografen, nachdem er ein AI-Bild bei einem renommierten Fotowettbewerb eingereicht hat und gemerkt hat, dass es keine gute Idee ist. Hab ich selber fotografiert, äh generiert mit dem Stable Diffusion/SDXL Beta Engine.
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