Schätzungen zufolge hat Apple seit der Lancierung der ersten AirPods (2016) rund 200 Millionen Paar seiner weissen Ohrhörer verkauft. Nun ist die dritte Generation verfügbar, und diese macht den teureren AirPods Pro Konkurrenz.
Das Urteil diverser Kolleginnen und Kollegen fiel positiv aus, sodass ich gespannt war auf den Praxistest. In den vergangenen Wochen hatte ich die weissen Dinger ständig häufig im Ohr, was die Geduld anderer Familienmitglieder wohl doch das eine oder andere Mal strapazierte. Warum und für wen sich der Kauf lohnt, erfährst du in diesem Review.
Die AirPods der dritten Generation – kurz AirPods 3 – sind Apples neueste drahtlose Ohrhörer und sie sind das mittlere Kind der AirPod-Reihe. Mit 199 Franken liegen sie zwischen den AirPods der Einstiegsklasse (139 Fr.) und den AirPods Pro (279 Fr.), sie bieten im Gegensatz zum High-End-Modell aber keine aktive Geräuschunterdrückung (ANC).
Die AirPods 3 gehören in die Kategorie der Bluetooth-In-Ear-Kopfhörer, die Ohrstöpsel haben im Vergleich zum Vorgängermodell kürzere Stiele und eine neu gestalteter Passform. Sie bieten eine massiv verbesserte Soundleistung und unterstützen räumliches Audio (mit Dolby Atmos).
Die dritte Generation ist seit dem 26. Oktober im Handel verfügbar. Sie kommt mit einer MagSafe-Ladebox, die man kabellos (induktiv) oder über den Lightning-Anschluss auflädt und bietet bis zu 30 Stunden Akkulaufzeit.
Die nur in Weiss erhältlichen In-Ear-Kopfhörer lassen sich über Apples «Wo ist?»-Netzwerk (auf Englisch: Find My) mithilfe eines Apple-Geräts auch einzeln auffinden. Und sie sind wasser- und schweissresistent (IPX4-Zertifizierung).
Die AirPods 3 richten sich speziell an Userinnen und User, die bereits im Apple-Ökosystem zu Hause sind. Sie verbinden sich automatisch mit dem iPhone oder einem anderen Apple-Gerät, das mit der gleichen Apple-ID genutzt wird. Auch weil Apples eigenes Audioformat Advanced Audio Coding (AAC) zum Einsatz kommt, sind Android-User im Nachteil.
Die AirPods 3 bieten wuchtigen, klaren Sound – dies gilt nicht nur für Musik und Videos. Auch bei Telefongesprächen ist die Tonwiedergabe erfreulich klar. Und auch die Bässe vermögen im Rahmen des physisch Möglichen zu überzeugen. Hier ist anzumerken, dass die AirPods 3 quasi in die Ohren gehängt, also nicht tief eingestöpselt werden.
Vom Aussehen her gleichen die AirPods 3 den AirPods Pro. Im Gegensatz zu Apples Premium-Ohrstöpseln besitzen sie keine Silicon-Kappen, die den Gehörgang verschliessen.
Um einen verbesserten Klang zu bieten, sind die AirPods 3 mit Apples H1-Chip bestückt und bieten ein sogenannt adaptives EQ, das sich allerdings nicht manuell ansteuern lässt. Ein winziges Mikrofon überwacht den Ton und stimmt die tiefen und mittleren Frequenzen ab, sodass man als Nutzer den besten Klang für die eigene Ohrgrösse und -form erhält.
Auch wenn Audiophile eher nicht zu Bluetooth-Ohrstöpseln greifen dürften, sei an dieser Stelle angemerkt: Die AirPods 3 unterstützen, wie ihre Pro- und Max-Geschwister, das verlustfreie-Audioformat FLAC (Free Lossless Audio Codec) nicht! Titel in Apples eigenem verlustfreiem Format (Apple Lossless Audio Codec, ALAC) gibt's seit einiger Zeit im Angebot des hauseigenen Streaming-Dienstes Apple Music.
Ja, und zwar überraschend gut. Auf langen Märschen (von mehr als 10 Kilometern, auch bei nasser Witterung) und bei noch längeren Streaming-Marathons blieben die AirPods 3 immer drin und fielen kein einziges Mal heraus.
Für Outdoor-Sport wie Jogging würde ich die Dinger nicht empfehlen. Bei länger dauernden Erschütterungen spürt man, wie sie sich immer mehr lockern und vom Ohr zu rutschen drohen, sodass man immer wieder von Hand nachdrückt.
Dadurch ist das Tragen schon gewöhnungsbedürftig. So ertappte ich mich wiederholt dabei, wie ich mit den Fingern an die Ohren griff, um den guten Sitz zu kontrollieren. Es sei denn, man hat eine Mütze über die Ohren gezogen.
Interessanter Effekt: Während man sich der in die Gehörgänge gestöpselten AirPods Pro immer bewusst ist, können die «am Ohr» getragenen AirPods 3 tatsächlich vergessen gehen. Mir passierte es während Streaming-Sessions bei hoher Lautstärke mehrmals, dass ich Menschen um mich herum mit der Frage nervte, ob sie den Sound hören würden. 🙉
Das rasche An- und Ausziehen von Hygienemasken ist – mit etwas Übung – problemlos möglich, ohne dass man dabei die Stöpsel berührt und unabsichtlich herausreisst.
Wobei ich nichtsdestotrotz davon absehen würde, die AirPods 3 an Orten zu tragen, wo sie verloren gehen können – wie zum Beispiel auf der Sesselbahn. Die Stiele sind alles andere als griffig, sondern glatt und rutschig. Der Ersatz ist relativ kostspielig, Apple verlangt 75 Franken pro Stöpsel.
Die AirPods 3 sind für körperliche Aktivitäten geeignet, solange es sich um Tätigkeiten handelt, bei denen die Ohren unberührt bleiben. Denn sonst können die Dinger herausfallen, wenn die Stile unabsichtlich gestreift werden.
Bei solchen Missgeschicken dürfte man froh sein über Apples Entscheid, auch die dritte Generation nur in ikonischem langweiligem Weiss anzubieten, denn so sind sie nach dem Herausfallen einfacher aufzufinden, sofern kein Schnee liegt.
Hingegen freut man sich bei nassem Wetter über die gleiche IPX4-Wasserfestigkeit wie die AirPods Pro. Unter die Duschbrause sollte man damit aber nicht. Anmerkung: Nicht nur die Ohrhörer sind spritzwasserfest, sondern auch die Box.
Zur Ausdauer: siehe unten.
Die AirPods 3 sind die dritten kabellosen Kopfhörer aus dem Hause Apple (nach den AirPods Pro und AirPods Max), die «Spatial Audio», die immersive 3D-Soundtechnologie des Unternehmens, mit Dolby Atmos unterstützen.
Die in die Ohrstöpsel integrierten Beschleunigungsmesser und Gyroskope werden eingesetzt, um die Kopfbewegungen zu erfassen und dann einen virtuellen Raum zu schaffen, in dem sich der Ton anpasst, wenn man den Kopf dreht – und zwar immer in Bezug auf das Gerät, sei das ein iPhone, iPad, Mac oder Apple TV. Es ist eine faszinierende Funktion (die man auch deaktivieren kann in den Einstellungen). Sie vermittelt das Gefühl, auf einem Konzert zu sein, wenn man entsprechend aufbereitete Songs (mit Apple Music) streamt, oder dass man sich bei Facetime-Videoanrufen wie in einem Raum mit den anderen verbundenen Personen fühlt.
Ich habe die AirPods 3 mit Videos aus Apples hauseigenem Streaming-Dienst Apple TV+ getestet. Und zwar mit den Science-Fiction-Serien «Foundation» und «Invasion». Erstere ist eine in allen Belangen (Video, Audio, Inhalt) äusserst empfehlenswerte Produktion, letztere vermochte zumindest mit eindrücklichen Soundeffekten und Szenen zu gefallen.
Apples 3D-Audio-Erlebnis lässt sich auch mit Video-Streaming-Apps der Konkurrenz geniessen (wie Netflix, Disney Plus oder Amazon Prime Video), sofern die Produktionen Dolby Atmos beinhalten. Bei den Musik-Streaming-Diensten gibt's hingegen keine grosse Auswahl: Nur mit Apple Music ist räumliches Audio (mit Head Tracking) verfügbar, bei Spotify nicht.
Ich schliesse mich dem vorläufigen Urteil von weit «hörbegabteren» Kolleginnen und Kollegen an: Räumliches Audio begeistert, wenn es um Video geht, doch bei der Musik besteht grosses Steigerungspotenzial. Es erfordere viel Arbeit von Ton-Ingenieuren und Produzenten, um das Beste aus Atmos herauszuholen, konstatierte The Verge – und es bleibe hörbar, dass viele Alben, die bei Apple Music in 3D-Audio verfügbar sind, nicht so viel Aufmerksamkeit erhalten hätten.
Damit kommen wir zum Hauptvorteil der AirPods 3 gegenüber den AirPods Pro: Die AirPods 3 sind die ausdauerndsten Apple-Ohrstöpsel, die derzeit erhältlich sind.
Die Herstellerangabe – sechs Stunden Hörzeit mit einer einzigen Ladung – wird in meinen Marathon-Streaming-Sessions sogar noch übertroffen. Dies im Vergleich zu den 4,5 Stunden der AirPods Pro (ohne aktive Geräuschunterdrückung). Bei den klassischen AirPods wären es fünf Stunden.
Die beiden Stöpsel lassen sich in der Transportbox mehrmals aufladen, ohne dass diese ans Stromnetz angeschlossen werden muss. Apple schätzt die Gesamtakkulaufzeit von Gehäuse und Stöpseln zusammen auf bis zu 30 Stunden.
AirPods 3 und AirPods Pro unterstützen beide das MagSafe-Laden: Wenn ein MagSafe-Ladegerät verfügbar ist, rastet die kabellose Ladebox magnetisch ein und das Aufladen startet. Dies ist praktisch, weil das Hauptproblem der meisten kabellosen Ladegeräte – die unpräzise Platzierung – ausgeschlossen ist. MagSafe bringt im Gegensatz zum iPhone 12 und iPhone 13 aber keine Vorteile bezüglich Schnellladen. Die Ladebox der AirPods 3 lässt unabhängig vom Typ des Ladegeräts (nach Qi-Standard) nur maximal 5 Watt Leistung zu.
Apropos Schnellladen: Wenn den AirPods 3 die Energie auszugehen droht und man sie für nur fünf Minuten in die Ladebox steckt, gewinnt man über eine Stunde Spielzeit.
Die AirPods – und auch alle Bluetooth-Ohrstöpsel der anderen Hersteller – sind kein nachhaltiges Produkt. Wenn einer der Ohrhörer kaputtgeht, oder die kleinen Akkus nach ein paar Jahren schlapp machen, wird daraus Elektroschrott.
watson hat bei Apple nachgefragt, wie es um die Reparatur- und Recycling-Möglichkeiten stehe. Leider ging die Antwort nicht über Standard-Informationen hinaus.
Das deutsche Fachmagazin «Macwelt» berichtete 2020, dass die AirPods zum Teil wieder aufbereitet werden können. Eine Recherche in den USA habe gezeigt, dass Apple bereits mit mehreren Recycling-Unternehmen kooperiere.
Grundsätzlich seien bei solchen kleinen Geräten mit eingeschweissten Batterien zwei Verfahren möglich, ein technisches Recycling und ein metallurgisches Verfahren, erklärte ein Sachverständiger. Bei einem technischen Recycling trenne man zunächst die Kunststoffhülle ab, dies passiere meistens durch Schreddern in einer spezialisierten Mühle.
Das Recycling-Geschäft sei für Hersteller, nicht nur Apple, noch kein gewinnbringendes, hält der Bericht fest.
Der Hersteller verweist auf sein «Zero Waste Programm», das Zulieferern helfe, keinen Abfall zu erzeugen, der auf Deponien lande. Und alle Endfertigungsstätten der Zulieferer stellten für die Apple-Fertigung auf 100 Prozent erneuerbare Energien um. 100 Prozent der Frischfasern aus Holz in der Verpackung stammten aus verantwortungsvoll bewirtschafteten Wäldern.
Das unbefriedigende Fazit: Die AirPods bleiben ein Wegwerfprodukt. Wer nachhaltiger einkaufen möchte, greift zu Ohrhörern mit Kabel, respektive ohne Batterien. Allerdings dürfte dann je nachdem noch ein Adapter erforderlich sein, da die neueren iPhones keine Kopfhörerbuchse haben.
Apples «Wo ist?»-Dienst (auf Englisch «Find My») ermöglicht es, den Standort der AirPods 3 relativ schnell zu bestimmen. Zudem kann man sich auf Apple-Geräten wie dem iPhone, iPad oder auch der Apple Watch dezent alarmieren lassen, falls man ohne AirPods von einem Ort aufbricht.
Da die dritte Generation keinen Ultrabreitband-Chip (UWB) integriert hat, ist die Suchfunktion nicht ganz so komfortabel wie bei neueren iPhones oder den AirTags, wo man sich fast auf den Zentimeter genau hinlotsen lassen kann. Zudem lässt sich nicht nach der Box (ohne Ohrhörer) suchen.
Die AirPods 3 sind nicht die bestklingenden Bluetooth-Ohrhörer auf dem Markt und sie sind für ein Paar ohne aktive Geräuschunterdrückung (ANC) ziemlich teuer.
Das ist die eine Seite der Medaille, die wohl viele Android-User von einem Kauf abhält. Aus iPhone-User-Sicht gilt: Die neuen AirPods sind praktisch, äusserst komfortabel, langlebig und sie klingen grossartig. Sprich: Es sind ausgezeichnete Ohrhörer zu einem vergleichsweise günstigen Preis.
Sie lohnen sich für Leute, die Apples «It just works» schätzen, respektive eine hohe Benutzerfreundlichkeit im Zusammenspiel mit iPhone, Mac und Co. wünschen, sich aber keine Silikon-Stöpsel ins Ohr stecken und auch keine herkömmlichen Kopfhörer über die Ohrmuschel stülpen wollen.
Wer hingegen mit den etwas teureren AirPods Pro liebäugelt, sollte sich am besten noch etwas gedulden. Laut Gerüchteküche dürfte es 2022 ein neues Modell geben.
Kabellose Ohrhörer sind ein Bombengeschäft, und neben Marktführer Apple tummeln sich viele Anbieter. Es lohnt sich, vor einem Online-Kauf zu klären, ob ein günstigeres Produkt tatsächlich alle eigenen Bedürfnisse abdeckt.
Das Spiel habe sich seit der Veröffentlichung der AirPods der zweiten Generation stark verändert, hält The Verge fest, und es sei möglich, bei Konkurrenten wie Samsung oder Anker und anderen eine bessere Klangqualität zu finden.
Um Fehlkäufe zu vermeiden und die Umwelt zu schonen, sollte man unbedingt ausprobieren, ob ein bestimmtes Modell zu den eigenen Ohren, respektive Gehörgängen, passt.
Interessant: Das niederländische Social-Business-Start-up Fairphone hat kürzlich die «weltweit ersten True-Wireless-Kopfhörer aus recyceltem Plastik, mit Fairtrade-Gold in der Lieferkette und längerer Akkulaufzeit» angekündigt.
"[...] sie klingen grossartig. Sprich: Es sind ausgezeichnete Ohrhörer zu einem vergleichsweise günstigen Preis."
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