Ein paar Jahre nach Samsung hat jetzt auch Oppo ein Klapp-Smartphone. Die Chinesen sagen, dass es nicht darum gehe, der Erste zu sein, sondern das beste Produkt zu haben. Nun, das behauptet jede Firma, die hinterherhinkt. Im Falle des Oppo Find N2 Flip – das erste Klapp-Smartphone von Oppo erschien nur in China – trifft die Marketing-Phrase für einmal ins Schwarze.
Ich konnte Oppos erstes Flip-Smartphone, das ab Ende Februar erhältlich ist, in den letzten beiden Wochen vorab testen und mit Samsungs sehr ähnlichem Galaxy Z Flip 4 vergleichen, das ich seit Anfang Jahr privat nutze.
Der erste Eindruck: Oppos Find N2 Flip hält problemlos mit Samsungs aktuellem Klapp-Handy mit und stellt es in mehrerlei Hinsicht in den Schatten: Technisch ist es in fast allen Belangen eine Spur besser, optisch wirkt es eleganter und der Software-Support (4 Generationen Android-Updates und 5 Jahre Sicherheits-Updates) ist gleichwertig. Trotzdem bleibt auch Oppos Flip-Smartphone nicht ohne Fehl und Tadel.
Das Auf- und Zuklappen funktioniert geschmeidiger als bei Samsungs Vorbild. Wer früher ein Klapp-Handy besass, ist aber vermutlich enttäuscht, dass sich moderne Falt-Smartphones nicht ebenso mühelos mit einer Hand aufklappen lassen. Das Gerät einhändig schliessen gelingt nach kurzer Zeit mühelos.
Geöffnet ist das Find N2 Flip so dick wie andere Smartphones. Auch das Gewicht von 191 Gramm unterscheidet sich nicht von klassischen Smartphones dieser Grösse. Anders als bei Samsungs Klapp-Smartphones liegen die beiden Hälften bündig aufeinander, wenn man das N2 Flip schliesst. Dies wirkt eleganter und verhindert das Eindringen von Staub oder Kleinstpartikeln wie Sand, die das Falt-Display beschädigen könnten.
Oppos N2 Flip ist drei Millimeter breiter als Samsungs Flip 4. Das klingt nach wenig, trotzdem liegt das schmalere Flip 4 meiner Meinung spürbar besser in der Hand, wenn man kleine Hände hat. Beide Flip-Phones haben leider eine extrem rutschige Oberfläche. Die von Oppo mitgelieferte Schutzhülle zu nutzen, ist also durchaus ratsam.
In Sachen Farben geht der Punkt an Samsung, welches das Flip 4 in vier wunderschönen Farbtönen mit matter Oberfläche anbietet. Das N2 Flip gibt es in der Schweiz nur in einem matten Schwarz sowie einem blassen Hochglanz-Lila, das Oppo «Mondschein Lila» nennt.
Oppos erstes Flip-Phone bringt genau das, was ich mir von Samsung seit Jahren gewünscht habe: ein vernünftig grosses Cover-Display. Mit 3,26 Zoll erreicht das Aussen-Display schon bald die Dimension des Bildschirms des ersten iPhones, der 3,5 Zoll gross war. Der Unterschied zum mickrigen 1,9-Zoll-Display im Galaxy Z Flip 4 ist wie Tag und Nacht. Auf meinem Flip 4 sehe ich bestenfalls zwei oder drei neue Benachrichtigungen und das Lesen einer E-Mail macht etwa so viel Spass wie auf einer Smartwatch. Ganz anders bei Oppo, wo man selbst längere Nachrichten ohne ständiges Scrollen mühelos liest. Um zu antworten, öffnet man das Smartphone und befindet sich direkt in der entsprechenden App.
Ansonsten bietet Oppo ähnliche Cover-Display-Funktionen wie Samsung: Auswählbare Widgets zeigen nebst neuen Benachrichtigungen auch Uhrzeit, Wetter, Kalendereinträge usw. an. Auch Funktionen wie Anrufe annehmen, Musikwiedergabe steuern, Kamera starten, Flugmodus aktivieren, Timer stellen etc. lassen sich darüber regeln. Dies geht dank des laut Oppo 70 Prozent grösseren Displays deutlich bequemer von der Hand als bei Samsung.
Seinen Grössenvorteil spielt Oppos Cover-Display darüber hinaus beim Fotografieren aus.
Auch mit Samsungs Mini-Display lassen sich Selfies statt mit der Front- mit der besseren Hauptkamera knipsen, bloss macht dies mit Oppos Cover-Display im Hochformat deutlich mehr Spass.
Bleibt die Frage: Was taugt die Kamera?
Die Kamera bei Samsungs Galaxy Z Flip 4 ist gut, bei Oppos N2 Flip ist sie noch einen Tick besser, insbesondere der Zoom ist sichtlich leistungsfähiger. Mit den allerbesten Smartphone-Kameras wie etwa im Galaxy S23 Ultra können beide Geräte nicht ganz mithalten. Wer aber ein Smartphone möchte, das zuverlässig gute Schnappschüsse und Selfies liefert, wird mit beiden Klapp-Smartphones glücklich. Die folgende Slideshow vermittelt einen Eindruck von der Fotoqualität.
Wie im folgenden Foto zu sehen, wird das Find N2 Flip im circa 90-Grad-Winkel geöffnet zum «Habe-Ich-Immer-Dabei-Stativ» für Foto- und Videoaufnahmen. Die Stativ-Funktion ist beispielsweise für Nacht- und Selbstauslöser-Fotos oder Zeitraffer-Videos praktisch.
Was ich im Testbericht zum Galaxy Z Flip 4 geschrieben habe, gilt auch hier: Oppos Flip-Phone ist ideal, wenn ihr das Gerät rasch irgendwo platzieren wollt, um beispielsweise von euch und euren Freunden, Familienmitgliedern oder Haustieren gemeinsame Fotos und Videos zu machen.
Das 6,8 Zoll grosse OLED-Display ist hervorragend und zweifellos eines der besten, die ich je gesehen habe. Es ist insbesondere noch etwas heller als beim Galaxy Z Flip 4, sodass es auch im direkten Sonnenlicht fast immer komfortabel nutzbar ist.
Im direkten Vergleich mit Samsungs aktuellem Flip-Smartphone ist der unvermeidbare Falz in der Mitte des Displays deutlich weniger sicht- und spürbar. Wer Oppos Flip-Phone zum ersten Mal ausprobiert, wird ihn beim Wischen auf dem Display zwar bemerken, aber nach kurzer Zeit gewöhnt man sich daran und nimmt ihn nicht mehr wahr. Im Alltag ist er, zumindest für mich, absolut nicht störend.
Das faltbare Display besteht aus ultradünnem Glas, was es mit grosser Wahrscheinlichkeit anfälliger für Kratzer und Beschädigungen als ein normales Handy-Display macht. Wissen sollte man daher, dass auf dem Display eine speziell für faltbare Geräte entwickelte Schutzfolie klebt, die nicht abgelöst werden darf. Bei früheren Flip-Phones von Samsung löste sich diese Folie bei einigen Usern nach einiger Zeit. Dies kann auch bei Oppo nicht völlig ausgeschlossen werden.
Das Display selbst und das Scharnier scheinen hingegen langlebig zu sein. Laut dem unabhängigen Prüfdienstleister TÜV Rheinland lässt sich das Display mindestens 400'000 Mal ohne Schaden auf- und zuklappen. Man könnte das Smartphone also über mehr als zehn Jahre täglich 100 Mal öffnen und schliessen, bevor mit einem Defekt zu rechnen ist. Ob das Smartphone nicht nur im Labortest, sondern auch im Alltag mehrere Jahre durchhält, muss sich zeigen.
Zumindest Oppo scheint der Sache zu vertrauen: Um potenziellen Kunden die Zweifel zu nehmen, hat das Unternehmen die Garantie auf drei Jahre verlängert.
Eine Achillesferse kompakter Klapp-Smartphones war bisher oft die Akkulaufzeit. Es gibt in Geräten wie Samsungs Flip-Phones einfach zu wenig Platz für einen wirklich grossen Akku. Oppo kann die Gesetze der Physik auch nicht aushebeln, aber hat es zumindest geschafft, einen deutlich grösseren Akku als im Galaxy Z Flip 4 zu verbauen (4300 mAh vs. 3700 mAh). Im Alltag komme ich so auch bei intensiver Nutzung problemlos durch den Tag und habe meist noch 20 bis 40 Prozent Reserve. Fairerweise sei angemerkt, dass ich auch mit dem Flip 4 noch nie Akku-Sorgen hatte.
Oppos N2 Flip lädt mit bis zu 44 Watt, Samsungs Flip 4 lediglich mit bis zu 25 Watt. Im Alltag benötigt das N2 Flip knapp eine Stunde, um den Akku von 0 auf 100 Prozent zu laden, bei Samsung dauert es ungefähr doppelt so lange. Bei Oppo ist das Schnellladegerät beim Kauf zudem inklusive, bei Samsung nicht mehr. Umgekehrt kann das Flip 4 kabellos geladen werden, Oppo muss hier passen.
Tipp: Möchte man die Akkulaufzeit verlängern, kann man die Bildfrequenz in den Einstellungen auf 60 Hz drosseln.
Oppo packt den aktuell schnellsten MediaTek-Prozessor Dimensity 9000+ ins Find N2 Flip. Dieser lässt in Vergleichstests Samsungs Flip 4 mit Qualcomms Snapdragon 8+ Gen1 knapp hinter sich, im Alltag merke ich indes keinen Unterschied. Beide Geräte sind pfeilschnell.
Besonders erfreulich: Oppos erstes Flip-Smartphone kommt mit Android 13 und erhält als erstes Oppo-Smartphone vier Generationen Android-Updates und fünf Jahre Sicherheits-Updates. Mit der verlängerten Update-Dauer ist Oppo wieder auf Augenhöhe mit Samsung, das bereits vor einem Jahr die Update-Garantie verlängert hat. Einen längeren Software-Support bietet aktuell meines Wissens kein anderer grosser Android-Hersteller. Eine noch längere Update-Garantie wäre wohl schwierig, da Hardware-Hersteller wie Oppo und Samsung von Android-Entwickler Google abhängig sind.
Zugegeben, diese Überschrift ist ein wenig gewagt, da noch unklar ist, wo sich das Find N2 Flip preislich einpendeln wird. Oppos Klapp-Smartphone mit 256 GB Speicher ist ab Ende Februar mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 999 Franken im Handel. Online wird man es vermutlich etwas günstiger finden. Der Preis just unter der 1000-Franken-Schwelle ist eine klare Kampfansage an Samsung.
Samsungs Galaxy Z Flip 4 mit gleicher Speicherausstattung kostet offiziell 1139 Franken. Es ist aber schon ein halbes Jahr erhältlich und inzwischen ebenfalls für rund 1000 Franken zu ergattern. Zudem gibt es das Flip 4 mit nur 128 GB auch günstiger (rund 850 Franken, Stand Februar 2023), während Oppo nur das 256-GB-Modell anbietet.
Oppo orientiert sich preislich an Samsung, bietet aber tendenziell das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis, zumal die Chinesen erstmals wie die Südkoreaner fünf Jahre Software-Support bieten und technisch leicht die Nase vorn haben. Dazu kommt wie erwähnt die auf drei Jahre verlängerte Garantie auf dem Gerät.
Anders als Oppos Find N2 Flip sind Samsungs Klapp-Smartphones wasserfest und sie können kabellos geladen werden. Wie erwähnt ist Samsungs Scharnier ein bisschen klobiger, wirkt dafür aber auch stabiler. Ob es tatsächlich langlebiger ist, kann ich noch nicht beurteilen. Klar ist hingegen, dass Samsungs Flip-Phone dank des steiferen Scharniers in fast jedem Winkel geöffnet werden kann, was bei Oppo etwas schlechter klappt. Als «Immer-Dabei-Stativ» sind aber beide Geräte tauglich.
Bei der Software muss man die Unterschiede zunächst mit der Lupe suchen, beide Geräte laufen schliesslich mit Android 13. Beim genaueren Hinschauen zeigt sich, dass Samsung seinen zeitlichen Vorsprung genutzt hat, um die Software noch etwas mehr an Flip-Phones anzupassen. Beispielsweise kann ich beim Flip 4 häufige Kontakte auf das Aussen-Display legen, um sie anzurufen, ohne das Handy aufklappen zu müssen.
Zuletzt spielt für viele User auch die Farbe eine wichtige Rolle bei der Kaufentscheidung, insbesondere bei einem Flip-Phone. Samsung bietet deshalb einen Online-Konfigurator, mit dem man seine bevorzugte Farbkombination selbst zusammenstellen kann. Oppo kann oder will hier nicht mithalten.
Im direkten Vergleich mit Samsungs Z Flip 4 hat Oppos N2 Flip die Nase vorn: Es hat die leicht bessere Kamera, das etwas hellere Display und es ist auch eine Spur ausdauernder. Die augenfälligsten Unterschiede sind der rund 70 Prozent grössere Cover-Screen, der spürbar geringere Falz im Display und das etwas kleinere Scharnier, das die beiden Hälften bündig schliesst. Insbesondere das viel grössere und somit nützlichere Aussen-Display hebt das N2 Flip vom Flip 4 ab.
Obwohl Oppo technisch leicht vorn liegt, merke ich im Alltag vom Cover-Display abgesehen kaum einen Unterschied, zu ähnlich sind sich die beiden Smartphones. Da sie sich auch preislich auf ähnlichem Niveau bewegen und beide mit einem ausgedehnten Software-Support auf eine Nutzungsdauer von mindestens fünf Jahren ausgelegt sind, können Flip-Phone-Fans bei beiden Modellen zugreifen.