Wem gehört die Bildmarke eines gewöhnlichen Apfels? Über diese Frage streiten sich seit 2017 der US-Techkonzern Apple sowie das Schweizer Institut für Geistiges Eigentum. Dabei geht es um einen der bekanntesten Äpfel der Zeitgeschichte.
Einem breiten Publikum ist die Frucht des Anstosses von Beatles-Tonträgern und deren Plattenlabel Apple Records bestens bekannt. Vor Jahren hat sich der Techkonzern die Rechte an diesem ikonischen grünen Exemplar der Sorte Granny Smith gesichert.
Seither versucht Apple mit aggressiven Methoden, seinen Apfel weltweit markenrechtlich zu schützen. In der Schweiz beansprucht der Konzern den Schutz des Zeichens für verschiedene elektronische, digitale oder audiovisuelle Konsumgüter und Hardware. Niemand sonst soll das Logo für diese Waren verwenden dürfen. Dazu gehören Fernsehserien, Kinofilme, aber auch DVDs.
Der Bund sprach Apple jedoch nur in einem beschränkten Bereich diese Rechte zu und betonte, solche «naturgemässen Abbildungen», also Allerweltsäpfel, seien Gemeingut. Dagegen legte Apple vor Bundesverwaltungsgericht Rekurs ein.
Dieses schlägt sich nun auf die Seite des US-Techkonzerns. In seinem Urteil vom 26. Juli heisst es die Beschwerde von Apple gut. Demnach muss das Institut für Geistiges Eigentum den Markenschutz in allen gewünschten Bereichen gewähren.
Die Urteilsbegründung fällt technisch aus. Um sie zu verstehen, ist ein Blick auf die Argumentation der Schweizer Markenschutzbehörde nötig. Diese sieht das Bild eines solchen «naturgetreuen» Apfels als Gemeingut an. Sie geht davon aus, dass beispielsweise bei einer DVD mit Apfellogo die Kundschaft einen Film mit thematischem Bezug zu Äpfeln erwartet und keine Verbindung zum Techkonzern Apple herstellt.
Das Bundesverwaltungsgericht sieht dies anders. Im Markenrecht gibt es das sogenannte Freihaltebedürfnis. Es besagt, dass allgemeine Begriffe wie beispielsweise «Diesel» oder «Flüssig» nicht als Marken eingetragen werden können. Denn die Mitbewerber benötigen solche Angaben ebenfalls zur Beschreibung ihrer Produkte.
Beim «Apfel» habe die hiesige Markenschutzbehörde diesen Umstand aber nicht ausreichend dargelegt. Denn für Ton-, Video- und Filmaufnahmen sowie für Inhalte von entsprechenden Datenträgern sei das Zeichen des Apfels erfahrungsgemäss nicht typisch, so die Richter.
Aufgrund fehlender Anzeichen für einen breiten Gebrauch ausschliesslich oder massgeblich über Äpfel sei nicht von einem aktuellen Marktinteresse beziehungsweise einem Freihaltebedürfnis an der Marke auszugehen. Die Markenschutzbehörde kann den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts noch ans Bundesgericht weiterziehen.
Was auf den ersten Blick nach einer skurrilen Debatte für eingeweihte Markenrechtsspezialisten anmutet, könnte jedoch weitreichende Konsequenzen haben. Das befürchtete jedenfalls der schweizerische Obstverband. Er führt seit 111 Jahren einen roten Apfel mit weissen Schweizerkreuz als Logo. Dieser ist dem grünen Granny Smith von Apple nicht unähnlich, zudem hat Apple Anspruch auf alle möglichen Farbvarianten erhoben.
Der Obstverband, der nicht direkt in die juristische Posse involviert ist, rechnete kürzlich mit dem Schlimmsten: «Sollte Apple den Rechtsstreit gewinnen, müssten alle, die den Apfel in ihrer Bildsprache verwenden, Änderungen vornehmen oder den Entscheid anfechten», hält er auf seiner Website fest. Der Sieg von Apple, so die Befürchtung, könnte also dafür sorgen, dass der Verband seinen traditionsreichen Apfel nicht mehr überall als Logo führen könnte.
Für die Schweizer Obstproduzenten wäre das bitter. «Im Obstland Schweiz hat der Apfel in der Landwirtschaft und in der Ernährung einen hohen Stellenwert und eine lange Tradition», hält der Verband fest. Trotz dieser früheren alarmistischen Töne gibt sich der Verband auf Anfrage nun gelassen. Man nehme das Urteil zur Kenntnis und sehe derzeit keinen Handlungsbedarf für Massnahmen.
Wie gravierend die praktischen Folgen für Firmen und Obstbauern, die ein Apfellogo führen, tatsächlich wären, bleibt schwammig. Die Richterinnen und Richter des Bundesverwaltungsgerichts halten im Urteil auch fest, dass Apples Markenschutz Grenzen hat. Der Anspruch endet dort, wo beispielsweise die Marke für einen Film verwendet würde, der tatsächlich von Äpfeln handelte. So gesehen könnte der Obstverband sein Logo vermutlich in diesem Bereich weiterhin ohne Einschränkungen nutzen.
Urteil B-4493/2022