Digital
Schweiz

Ständerat will Herausgabe der E-ID nicht zur Staatsaufgabe machen

«Wie der rote Pass muss auch die digitale ID eine staatliche Aufgabe sein»

04.06.2019, 13:0421.06.2019, 12:51
Mehr «Digital»
Der Grossteil der Bevölkerung will den elektronischen Ausweis vom Staat erhalten. Die von der Wirtschaft ausgestellte E-ID fällt in einer Umfrage durch. (Symbolbild)
Bild: KEYSTONE

Es bleibt bei der geplanten Aufgabenteilung: Der Staat prüft die Identität, die Wirtschaft gibt die neue E-ID heraus. Nach dem Nationalrat hat am Dienstag auch der Ständerat diesem Konzept zugestimmt.

Die Aufgabenteilung ist hoch umstritten. Gemäss einer Umfrage wünscht sich die grosse Mehrheit der Bevölkerung eine E-ID vom Staat. Ständerätin Anita Fetz (SP/BS) verlangte denn auch, das Gesetz zur Überarbeitung an den Bundesrat zurückzuweisen.

Es brauche eine sichere und vertrauenswürdige elektronische Identifikation, sagte sie. «Genau so wie der rote Pass muss auch die digitale ID eine staatliche Aufgabe sein.» Das Vertrauen in den Staat sei grösser.

Nach Ansicht des Bundesrats wäre dieser aber kaum in der Lage, eine funktionierende E-ID herauszugeben. Justizministerin Keller-Sutter verwies auf Erfahrungen im Ausland: Staatliche Lösungen würden kaum genutzt. Sie liessen sich nicht rasch genug an die technologische Entwicklung anpassen.

Warnung vor Tech-Giganten

Der Zürcher FDP-Ständerat und IT-Unternehmer Ruedi Noser warnte vor Verzögerungen bei Rückweisung. Damit überliesse man das Feld Amazon, Apple oder Google. Es sei die letzte Gelegenheit, die Kontrolle über die Identität der Schweizerinnen und Schweizer in der Schweiz zu behalten, sagte er.

So können alte Telefonkabinen weiterleben

Video: srf

Kommissionssprecher Beat Vonlanthen (CVP/FR) stellte die Erhebung in Frage, die die breite Zustimmung für eine staatliche Lösung ergeben hatte. Diese gehe von einer falschen Prämisse aus, sagte er. Der Staat bleibe Herausgeber der E-ID. Die Monetarisierung der Daten sei gesetzlich ausgeschlossen.

Keller-Sutter wies zudem darauf hin, dass die E-ID kein digitaler Pass sei, sondern ein qualifiziertes Login. Der Staat gebe die Kontrolle über die Daten nicht aus der Hand. Die privaten Unternehmen lieferten lediglich das Zugangsmittel. Der Rückweisungsantrag scheiterte mit 32 zu 7 Stimmen.

Bessere Kontrolle

Inhaltlich verschärfte der Ständerat jedoch die Vorschriften im Sinn der Kritiker, insbesondere mit der Einführung der E-ID-Kommission (EIDCOM). Statt der Verwaltung soll dieses unabhängige Gremium die Herausgeber der E-ID, die so genannten Identity Provider (IdP), zulassen und überwachen.

Social Media soll für unter 18-Jährige reguliert werden

Video: srf

Das Verbot, die E-ID auf Dritte zu übertragen, hat der Ständerat aus dem Gesetz gestrichen, ebenso die erhöhte Sorgfaltspflichten für die Nutzerinnen und Nutzer. Die Vorschriften zur Datenweitergabe wurden verschärft. Zudem soll der Bund selber ein E-ID-System betreiben oder sich an einem solchen beteiligen können.

Das umstrittene Konzept jedoch bliebt unangetastet: Aufgabe des Staates ist es, die Identität einer Person mithilfe von Angaben aus den Informationssystemen des Bundes amtlich zu überprüfen und den IdP zu bestätigen. Diese geben die E-ID heraus.

Abgestufte Sicherheit

Den Träger lässt das Gesetz offen. Denkbar sind gängige elektronische Identifizierungsmittel wie Mobiltelefone oder Smartcards, aber auch Lösungen mit Nutzername, Passwort und allenfalls weiteren Authentifizierungen.

Vorgesehen sind drei Sicherheitsniveaus: niedrig, substanziell und hoch. Für das tiefste Schutzniveau werden mit der E-ID-Registernummer Namen, Vornamen und das Geburtsdatum verbunden. Die Registrierung erfolgt online gestützt auf einen staatlichen Ausweis.

Beim Sicherheitsniveau «substanziell» kommen Geschlecht, Geburtsort und Staatsangehörigkeit hinzu. Zudem ist eine persönliche Vorsprache oder eine Videoidentifikation nötig. Dieses Sicherheitsniveau verlangt mindestens eine 2-Faktor-Authentifizierung, wie sie heute für E-Banking-Lösungen üblich ist.

Schutz vor Cyberangriffen

Nur für das Sicherheitsniveau «hoch» ist ein Gesichtsbild nötig. Zudem wird ein biometrisches Merkmal und die Echtheit des Ausweises geprüft. Mindestens ein Faktor der Zwei-Faktor-Authentifizierung muss biometrisch sein. Das Sicherheitsniveau «hoch» soll auch Schutz vor Cyberangriffen bieten.

Die Nutzung der E-ID bleibt freiwillig. Im E-Commerce können damit die Kundinnen und Kunden eindeutig identifiziert werden. Die E-ID soll auch Zugang zum elektronischen Patientendossier gewähren und einen sicheren Behördenkontakt ermöglichen. Die Vorlage geht nun zurück an den Nationalrat. (aeg/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
So schützt man iPhone und Co. vor Langfingern
1 / 13
So schützt man iPhone und Co. vor Langfingern
Apple-Geräte wie das iPhone und das iPad können plötzlich verschwinden. Dann ist man froh, wenn man die richtigen Vorkehrungen getroffen hat ...
quelle: ap / ng han guan
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Fragst du dich, warum du überall neuen AGB zustimmen musst?
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
5 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Lowend
04.06.2019 14:23registriert Februar 2014
Eigentlich könnte man bei diesem bürgerlich dominierten Parlament und der bürgerlichen Regierung vermuten, dass die Politik generell privatisiert werden könnte, denn im Grunde merkt man schon lange keinen Unterschied mehr, ob wir direkt über die Privatindustrie, oder den Umweg über mächtigen Lobbys, regiert werden.
10
Melden
Zum Kommentar
avatar
Chriguchris
04.06.2019 16:08registriert November 2018
Ich möchte an dieser Stelle Angela Merkel stellvertretend für unserer Politiker zitieren, "Das Internet ist für uns alle Neuland."
00
Melden
Zum Kommentar
5
«I bin en Italiano»: Züri-Original Bruno «Nöggi» Stöckli ist tot
Der Zürcher Sänger und Alleinunterhalter Bruno «Nöggi» Stöckli ist im Alter von 78 Jahren gestorben. Das Zürcher Original «Nöggi» schaffte in den 1980er Jahren mit seinem Lied «I bin en Italiano» den Durchbruch.

«Nöggi» sei ein Zürcher Original und eine unverwechselbare Persönlichkeit gewesen, schrieben seine Freunde Charley und Sigi am Sonntag in den sozialen Medien. Das Trio stand über 30 Jahre lang gemeinsam auf der Bühne.

Zur Story