Das traditionelle Geschäftsmodell der Banken bekommt Konkurrenz von neuen digitalen Angeboten. Die Nutzerzahlen von Smartphone-Banken steigen derzeit rasant, weil die neuen Angebote günstiger sind als herkömmliche Banken und extrem simpel zu bedienen sind.
Immer mehr Finanzdienstleister sprechen ihre Kunden nur noch über mobile Geräte an. Die Smartphone-Banken verfügen weder über eine Bankfiliale noch haben sie ein klassisches E-Banking. Ihr Angebot besteht einzig aus einer App - diese kann das klassische Bankkonto aber im normalen Alltag vollständig ersetzen.
Zak und Neon sind zwei dieser Smartphone-Banken. Lohn empfangen, Geld überweisen, Zahlungen tätigen: All das passiert mit wenigen Klicks und in Echtzeit. Eine Kontoeröffnung dauert rund 10 Minuten. Unterwegs bezahlt wird mit einer Kreditkarte, mit der auch zwei Mal pro Monat kostenlos Bargeld an einem Bankomaten bezogen werden kann.
Insgesamt fallen deutlich weniger Gebühren an als bei herkömmlichen Banken. «Der Nutzer zahlt bei uns schnell 100 bis 200 Franken weniger Gebühren pro Jahr als bei einer klassischen Bank», sagt Julius Kirscheneder, Co-Founder des Start-ups Neon in Zürich, welches mit der Hypothekarbank Lenzburg zusammenarbeitet.
Bei der Neon-App, die am Dienstag nach einer sechsmonatigen Testphase offiziell lanciert wurde, sind Kontoeröffnung, die Kontoführung, die Kreditkarte sowie Transaktionen im In- und Ausland nämlich gratis. «Ausserdem zeigen wir dem Kunden transparent auf, wo wie viele Kosten anfallen und haben keinerlei versteckte Gebühren», sagt Kischeneder. Sprich: ein zusätzlicher Bankomatbezug kostet 2 Franken, bei Zahlungen im Ausland werden 1.8 Prozent draufgeschlagen.
Dass die Kunden durchaus kostensensitiv sind, hat man auch bei Zak bemerkt. Die App ist die Online-Lösung der Bank Cler (vormals Bank Coop) und wurde vor gut einem Jahr lanciert. «Als Postfinance Anfang Jahr ihre Gebühren erhöhte, haben wir ein deutliches Kundenwachstum gespürt», sagt Matthias Häne, Leiter Digitalisierung der Bank Cler. Rund 14'000 Personen nutzen Zak bereits, Tendenz steigend.
Auch die grossen Banken der Schweiz hat der Trend hin zum Online-Banking erfasst. «40 Prozent unserer E-Banking-Kunden benutzen ausschliesslich das Smartphone als Schnittstelle zur Bank», sagt eine Sprecherin der UBS. Die grösste Bank der Schweiz verteidigt ihre höheren Gebühren im Vergleich zu Zak und Neon: «Wir haben ein breiteres Angebot und decken mehr Kundenbedürfnisse ab», heisst es auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP. Daher setze UBS weiterhin auf ihr bisheriges Angebot mit E-Banking und ihrer App.
Häne von der Bank Cler kenne die Prozesse in einer traditionellen Bank. «Das Projekt Zak benötigte viel Überzeugungskraft in der Geschäftsleitung von Cler», sagt er. Heute sprechen die Zahlen für Häne: 90 Prozent der Zak-Nutzer sind Neukunden für die Bank und über 60 Prozent sind zwischen 18 und 35 Jahre alt - eine Klientel, die Cler vorher so gut wie gar nicht angesprochen habe.
Zak sowie Neon konzentrieren sich bei der Kundenakquise auf die Zielgruppe der Berufseinsteiger. So wollen sich die Smartphone-Banken einen nachhaltigen Kundenstamm aufbauen.
«Mittelfristig kommen die Erträge aus dem traditionellem Bankengeschäft, langfristig aus den neuen digitalen Lösungen», sagt Häne. Damit sehe er langfristig auch eine Wachablösung der klassischen Banken.
Kirscheneder, wird da schon konkreter: «In spätestens 5 Jahren möchten wir 300'000 bis 500'000 Kunden haben. Somit würden wir dann zu den 10 grössten Banken der Schweiz gehören.»
Dieses Ziel möchte Neon mit einem simplen und soliden Grundprodukt aber auch der Weiterentwicklung der App erreichen. Heisst konkret, Neon solle in Zukunft nicht nur Bankkonto sein, sondern «auch als Versicherung oder 3. Säule dienen», sagt Kirscheneder.
Hierzu brauche das Start-up aber wieder flüssige Mittel. 2019 steht die zweite Investitionsrunde an. An 3 bis 4 Millionen Franken möchte Neon so kommen. «Das ist realistisch, weil unsere Lösung im Moment sehr gefragt ist», sagt Kirscheneder.
Anders ist das Ziel von Zak. «Wenn ein Berufseinsteiger nach einigen Jahren einen Hypothekarkredit haben möchte, stellen wir als Bank Cler vollumfängliche Lösungen zur Verfügung», sagt Häne.
Auch internationale Online-Banken wie TransferWise und Revolut aus England oder N26 aus Deutschland buhlen um Schweizer Kunden. Was für die Nutzer gut ist (tiefere Gebühren), hat aber auch eine Schattenseite: Die günstigen Preise muss jemand anderes bezahlen. Zumindest im Fall von Revolut werden die tieferen Gebühren offenbar auf dem Buckel der Mitarbeiter realisiert. Das renommierte Tech-Magazin «Wired» hat Ende Februar über die prekären Arbeitsbedingungen bei Revolut berichtet, die an die Probleme bei Amazon und Uber erinnern.
TransferWise ist im Vergleich zu Revolut teurer, aber die etabliertere Firma, die nebst dem Geschäft mit Prepaid-Kreditkarten (konkret eine Debit Mastercard) vor allem auf günstige Ausland-Überweisungen setzt. Bei Geldüberweisungen über Ländergrenzen hinweg fallen Bankgebühren an. Die Online-Bank TransferWise umgeht klassische Überweisungen und bietet deutlich attraktivere Konditionen an.
(oli/sda/awp)