Cyberangriffe auf Private und Firmen haben sich während der Corona-Pandemie nochmals deutlich gehäuft. Fast im Wochentakt machen teils spektakuläre Hackerangriffe auf Schweizer Unternehmen und Gemeinden Schlagzeilen. Auf das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung im Internet scheint dies bislang keinen Einfluss zu haben, wie eine am Mittwoch veröffentlichte, repräsentative Comparis-Umfrage nahelegt.
Insgesamt hat sich die wahrgenommene Bedrohung gegenüber dem Vorjahr kaum verändert. Dennoch gibt es im aktuellen Datenvertrauensindex Gewinner und Verlierer: Während das Vertrauen in Kryptowährungen auf bescheidenem Niveau seit einigen Jahren stetig steigt und die Corona-Apps des Bundes hohes Vertrauen geniessen, kommen Dating- und Social-Media-Plattformen nicht aus ihrer jahrelangen Vertrauenskrise heraus.
Die wichtigsten Resultate der «Datenvertrauensstudie 2021» im Überblick:
Trotz Hackerboom fühlen sich Schweizerinnen und Schweizer gleich sicher (oder unsicher) wie letztes Jahr, wenn sie bei einem Online-Dienst persönliche Daten eingeben. Auf einer Skala von 1 bis 10 erreichten die Antworten der Befragten wiederum einen Mittelwert von 5,5.
Männer sowie Befragte aus städtischen Gebieten fühlen sich dabei etwas sicherer als Frauen oder Befragte aus der Agglomeration beziehungsweise vom Land. «Männer haben eher das Gefühl, bei Technikthemen alles im Griff zu haben, als Frauen. Und in den Städten sind die User tendenziell besser mit dem Thema Datenschutz vertraut als auf dem Land», sagt Comparis-Digitalexperte Jean-Claude Frick.
Beim Zahlen im Internet hat das Vertrauen bis 2020 stets abgenommen, nun sei eine leichte Trendwende zu beobachten, insbesondere sei das Vertrauen in Twint markant gestiegen, heisst es in der Comparis-Umfrage. Das Bezahlsystem der Schweizer Banken erreicht inzwischen fast den gleichen Vertrauenswert wie das Bezahlen per Postcard / Maestro-Karte oder per Nachnahme. Weiterhin kritisch eingestellt sind Schweizer gegenüber Kryptowährungen sowie den Bezahldiensten von Apple, Samsung oder Google.
Obwohl Bitcoin und Co. das Schlusslicht bilden, ist das Vertrauen in die Kryptowährungen laut Studie seit 2018 stetig gestiegen. Am meisten Vertrauen haben Schweizerinnen und Schweizer nach wie vor in das Bezahlen per Rechnung.
Die Befragten vertrauen wie schon in den Vorjahren am meisten den Banken und Behörden bezüglich seriösen Umgangs mit Kundendaten. Gleich dahinter reihen sich neu die Covid-Zertifikat- und die SwissCovid-App des Bundes ein.
Online-Shops befinden sich im Mittelfeld, haben aber zusammen mit Suchmaschinen seit 2018 am meisten Kundenvertrauen verspielt. Mit Abstand am wenigsten Vertrauen geniessen Dating-Portale und Social-Media-Plattformen. «Social-Media-Plattformen, allen voran Facebook, haben wegen Problemen mit Hatespeech, Mobbing und der fehlenden Kontrollen der Inhalte nur mässige Vertrauenswerte. Aus Mangel an Alternativen werden sie aber trotzdem breit und häufig genutzt», glaubt Frick.
Das stärkste Bedrohungsgefühl geht wie in den Vorjahren von Viren, Trojanern und Phishing-Mails aus. Auch Kreditkarten- und E-Banking-Betrug wird weiterhin als relativ grosse Gefahr wahrgenommen.
Demgegenüber wird die gesetzlich verordnete Speicherung von Telefon- und Internetdaten der gesamten Bevölkerung (wer, wann, wo und mit wem kommuniziert) durch die Mobil- und Internetprovider als geringere Bedrohung wahrgenommen.
Am wenigsten bedroht fühlen sich die Befragten von der Covid-Zertifkat-App Covid Cert und der Contact-Tracing-App SwissCovid.
Wie in den Vorjahren wurden auch die eigenen Datenschutzmassnahmen abgefragt (die grünen Balken in der folgenden Grafik beziehen sich jeweils auf das Jahr 2021).
Die veränderten Mobilnutzungsgewohnheiten schlagen sich laut Befragung auch in den eigenen Datenschutzmassnahmen nieder. So ist beispielsweise der Anteil der Personen, die kein öffentliches WLAN nutzen, seit 2018 deutlich gestiegen. Das dürfte primär daran liegen, dass mehr User eine Daten-Flatrate haben und nicht mehr auf öffentliches WLAN angewiesen sind.
Am stärksten abgenommen hat in den letzten Jahren der Einsatz von Virenschutzprogrammen. «Die Nutzung des Internets hat sich vom PC / Laptop immer mehr aufs Smartphone verlagert. Dort machen aber Virenscanner keinen Sinn. Oder sie werden beim iPhone gar nicht angeboten. Dazu kommt, dass sowohl macOS wie auch Windows einen guten integrierten Virenscanner haben. Dieser macht ein externes Produkt überflüssig», sagt Frick.
Die wenigsten (rund zehn Prozent) versuchen anonym im Web zu surfen und selbst wichtige E-Mails werden kaum Ende-zu-Ende-verschlüsselt. Die Umfrage zeigt auch, dass viele Sicherheitsprobleme hausgemacht sind: Über 40 Prozent der Befragten sagen, sie würden Updates nicht regelmässig installieren. Das ist so, als würde man die Wohnung verlassen ohne Türen und Fenster zu verschliessen.
Trotz immer einfacher zu nutzenden Passwortmanagern und automatischen Passwortspeicher-Diensten nutzt nach wie vor nur knapp ein Drittel der Befragten ein separates Passwort pro Account. Und weniger als die Hälfte gibt an, starke Passwörter zu verwenden (in Wahrheit sind es noch weit weniger, wie Analysen von geleakten Passwörtern regelmässig vor Augen führen).
Die repräsentative Befragung wurde im Auftrag von Comparis im Oktober 2021 unter 1022 Personen in allen Regionen der Schweiz durchgeführt
Das verstehe ich einfach nicht, ist da derart viel Desinformation im Raum?