Digital
Wissen

10 Beweise, dass künstliche Intelligenz unser Leben einfacher macht

Künstliche Intelligenz ist in der Medizin nicht mehr wegzudenken.
Künstliche Intelligenz ist in der Medizin nicht mehr wegzudenken.bild: shutterstock
Analyse

10 Beispiele, wie künstliche Intelligenz unser Leben schon heute einfacher macht

Künstliche Intelligenz ist in unserem Alltag angekommen, stellt uns aber auch vor ethische Herausforderungen. Ein Überblick.
15.11.2021, 00:0016.12.2022, 08:16
Mehr «Digital»

Würde man 100 Personen fragen, was künstliche Intelligenz (KI) ist, würde man vermutlich 110 Antworten erhalten. Informatiker, Mathematiker oder Philosophen würden ganz unterschiedliche Antworten geben. Kein Wunder. Der Begriff ist schwammig und schwierig zu definieren, da es bereits an einer genauen Definition von «Intelligenz» mangelt.

Umgangssprachlich verstehen wir unter KI meist Software, respektive Algorithmen, die etwas (Sinnvolles) tun, ohne dass die Anweisungen dafür fest einprogrammiert werden. Beispielsweise eine selbstlernende Software, die Tumore auf Röntgenbildern erkennt, die Texte in Fremdsprachen übersetzt oder Fahrzeuge autonom steuert.

Genau genommen handelt es sich dabei in der Regel um maschinelles Lernen, einen Teilbereich der künstlichen Intelligenz, bei dem Algorithmen anhand von Trainingsdaten lernen, Muster zu erkennen.

Bereiche der künstlichen Intelligenz

Künstliche Intelligenz ist der Überbegriff für Anwendungen, bei denen Computersysteme bzw. Maschinen menschenähnliche Intelligenzleistungen erbringen – lernen, urteilen und Probleme lösen.
Künstliche Intelligenz ist der Überbegriff für Anwendungen, bei denen Computersysteme bzw. Maschinen menschenähnliche Intelligenzleistungen erbringen – lernen, urteilen und Probleme lösen. bild: wikimedia/Avimanyu786

Von einer universellen künstlichen Intelligenz, die quasi alles kann, sind wir weit entfernt. Doch spezifische KI-Anwendungen, respektive maschinelles Lernen, stecken längst in unzähligen digitalen Alltagsprodukten: Beispielsweise in der Google-Suche, in Sprachassistenten (Alexa, Siri) oder automatisierten Empfehlungen von Musik (Spotify) und Serien (Netflix).

Solche hochspezialisierten KI-Anwendungen, die jeweils für spezifische Probleme trainiert wurden, haben in den letzten Jahren enorme Fortschritte erzielt und sie krempeln unsere Gesellschaft gehörig um. Die folgenden Beispiele sollen dies verdeutlichen.

KI hilft Krankheiten zu diagnostizieren und Medikamente zu entwickeln

Ist die Rede von KI, machen oft fragwürdige Anwendungen für das Militär (autonome Kriegsdrohnen), die Polizei (Algorithmen sagen Verbrechen vorher) oder Tech-Konzerne (Facebooks Gesichtserkennung) Schlagzeilen. Ein Grossteil der KI-Forschung dreht sich aber darum, Menschenleben länger, leichter und gesünder zu machen. KI hilft etwa Krankheiten effizienter zu diagnostizieren, Medikamente schneller zu entwickeln, Behandlungen zu personalisieren oder Gene zu editieren.

KI wird in absehbarer Zeit keine Ärzte ersetzen, aber für medizinische Anwendungen trainierte KI-Modelle unterstützen Ärztinnen und Ärzte beispielsweise beim Krebs-Screening. Algorithmen finden Brustkrebs-Knötchen im schwarz-weissen Ultraschall zuverlässiger als mensch­liche Augen. Sieben der zehn grössten Kantons- und Unispitäler setzen daher schon heute standardmässig KI ein.

Hautkrebs oder harmloses Muttermal?

Eine darauf trainierte KI kann schwarzen Hautkrebs von einem Muttermal unterscheiden
Eine darauf trainierte KI kann schwarzen Hautkrebs von einem Muttermal unterscheiden. (Auflösung am Ende des Artikels).
bild: National Cancer Institute (NCI)

Die KI lernt selbstständig und wird mit jedem analysierten Patienten besser. Die Gefahr dabei: Im Fall einer unerkannten Fehldiagnose lernt die Software falsche Informationen. Auf eine Fehldiagnose würden weitere folgen. Der Einsatz solcher lernfähiger KI in der Medizin wird deshalb in der Schweiz noch nicht bewilligt. Stattdessen werden bislang starre, vorab trainierte KI-Produkte eingesetzt, die zwar nicht klüger, aber auch nicht dümmer werden.

KI beschleunigt die Entwicklung von Covid-19-Impfstoffen

Die Funktion eines Proteins wird durch seine 3D-Form bestimmt.
Die Funktion eines Proteins wird durch seine 3D-Form bestimmt.bild: shutterstock

Auch dank der jüngsten Fortschritte in der künstlichen Intelligenz war es möglich, in Rekordzeit gleich mehrere Impfstoffe mit bisher für nicht möglich gehaltener Wirksamkeit gegen das Coronavirus zu entwickeln. Mithilfe eines KI-Modells von DeepMind – seit 2014 im Besitz von Google – gelang es, die Form von Proteinen mit grosser Genauigkeit vorherzusagen. Dies ist zentral, um Viren rasch zu untersuchen und wirksame Impfstoffe zu entwickeln.

KI hilft Klima- und Umweltschäden zu reduzieren

KI kann Muster in riesigen Datenmengen aufspüren – wie Umweltzerstörung in Regenwäldern.
KI kann Muster in riesigen Datenmengen aufspüren – wie Umweltzerstörung in Regenwäldern.bild: KEYSTONE

KI unterstützt Wissenschaftler, Behörden, aber auch die Wirtschaft dabei, Klimaschäden einzudämmen, indem sie etwa hilft CO₂-Emissionen zu verringern.

Ein paar konkrete Beispiele:

  • In der Industrie werden mit KI Prozesse optimiert, sodass weniger Energie verbraucht wird und weniger Abfall entsteht.
  • Automatisierte Auswertungen von Satellitenaufnahmen können den Raubbau an der Natur durch Holzfäller, Wilderer oder Konzerne (z. B. illegale Mülldeponien) aufdecken.
  • Forscher haben einen Algorithmus entwickelt, um auf Luftaufnahmen Plastikmüll in den Ozeanen zu klassifizieren. Die KI kann berechnen, woher der Müll stammt und wer die Verursacher sind.
  • KI berechnet die optimalen Routen für Frachtschiffe, damit sie weniger Treibstoff verbrauchen.
  • KI simuliert, welchen Einfluss neue Strassen, Bahnhöfe etc. auf Verkehrsströme und den CO₂-Ausstoss haben.

Ganz allgemein kann KI die Klima- und Umweltpolitik unterstützen, indem sie mit immer genaueren Modellen bessere Prognosen und sinnvollere Klimaschutz-Massnahmen ermöglicht. KI soll zudem helfen, die Ressourcen der Erde effizienter einzusetzen. Das könnte uns helfen unseren Lebensstandard zu halten, ohne den Planeten zu zerstören.

Umgekehrt besteht die Gefahr, dass etwa Ölfirmen KI nutzen, um effizienter Ressourcen zu fördern. Kommt hinzu: KI-Anwendungen selbst sind aktuell noch sehr energiehungrig. Es gibt daher auch kritische Stimmen, die den Nutzen von KI für die Umwelt und den Klimaschutz relativieren.

KI macht Autofahren sicherer und nachhaltiger

Moderne Autos sind mit diversen Fahrassistenzsystemen ausgestattet, die das Fahren sicherer, komfortabler und umweltschonender machen. Der Computer hält die Spur, leitet Notbremsungen ein und überwacht mit Kameras und Sensoren jene Bereiche, die der Fahrer nicht wahrnehmen kann – abgesehen davon wird die KI auch nicht müde.

Hierzu nutzen die Fahrassistenten unter anderem Bild- und Objekterkennung, sprich trainierte KI-Modelle, um die Umgebung zu erkennen und beispielsweise zwischen Autos, Fussgängern und anderen Objekten zu unterscheiden.

Selbstlernende Fahrassistenzsysteme und dereinst autonom fahrende Autos dürften die Anzahl der Verkehrsopfer drastisch reduzieren. KI-gesteuerte Autos reduzierten zudem den Treibstoff-, respektive Energieverbrauch, da sie vorausschauender und regelmässiger als Menschen fahren.

KI ermöglicht maschinelle Sprach- und Textübersetzung

Dass KI eine praktische Hilfe im Alltag ist, beweist seit 2017 der verblüffend gute Online-Übersetzungsdienst Deepl.com aus Deutschland. Frühere Online-Übersetzer produzierten kaum mehr als ein Kauderwelsch. Heute arbeiten Online-Übersetzer mit neuronalen Netzen, das heisst, die richtige Formulierung wird errechnet.

Auch DeepL nutzt hierfür ein trainiertes KI-Modell. Das Problem: Die KI kann zwar inzwischen sehr gut berechnen, wie der zu übersetzende Satz korrekt heissen muss, sie hat aber kein richtiges Sprachverstehen. Sie versteht den Kontext also nicht über den Satz hinaus.

Trotzdem gilt: Sprachbarrieren werden derzeit mit selbstlernenden, immer besseren Übersetzungsalgorithmen mit unglaublicher Geschwindigkeit eingerissen. Zu sehen ist dies auch in den sozialen Medien, wenn Posts in einer Fremdsprache automatisiert in der eigenen Sprache angezeigt werden.

Im Internet werden Beiträge immer öfters automatisiert in die Sprache des Betrachters übersetzt.
Im Internet werden Beiträge immer öfters automatisiert in die Sprache des Betrachters übersetzt.screenshot: facebook

Auf YouTube generiert Googles Spracherkennungs-KI seit einiger Zeit automatisiert Untertitel, bei Bedarf inklusive Übersetzung. Künftig werden wir solche Live-Untertitel immer häufiger auch andernorts sehen – für Gehörlose ein Segen, auch wenn die in Echtzeit erzeugten Untertitel derzeit oft noch nicht zufriedenstellend ausfallen.

KI erkennt Kreditkartenbetrug

Zwischen Kreditkartenanbietern und Online-Kriminellen herrscht seit Jahren ein Wettrüsten. Künstliche Intelligenz hilft neue Betrugstrends frühzeitig zu erkennen.

Die Algorithmen suchen etwa nach Auffälligkeiten, die Menschen normalerweise nicht machen, etwa mehrere Male hintereinander an Tankstellen zu bezahlen. Hierzu wird die KI mit den gelösten Betrugsfällen des Kreditkartenanbieters gefüttert. So soll sie Betrugsmuster aufdecken, betrügerische Transaktionen mit grösserer Wahrscheinlichkeit erkennen und irrtümliche Kartensperrungen minimieren.

Den Menschen ersetzen kann die KI bis auf Weiteres indes nicht. Wird ein Kunde Opfer eines Betrugs, möchten die meisten mit einem Mitarbeiter aus Fleisch und Blut sprechen – und nicht mit einem Chat-Roboter.

KI verlängert die Akkulaufzeit des Handys

Moderne Smartphones lernen im Alltag hinzu. Die KI lernt beispielsweise, welche Apps wann häufig genutzt werden oder in welchen Situationen welche Display-Helligkeit ideal ist. Basierend auf dem Nutzungsverhalten werden im Hintergrund vom User nicht verwendete Apps geschlossen und der Prozessor sowie die Display-Helligkeit reguliert.

Die KI versucht also das Nutzungsverhalten des Users vorherzusagen, was schlussendlich den Akku schont.

KI hilft schönere Handy-Fotos zu knipsen

KI im Alltag: Die Handy-Kamera erkennt das Herbstblatt, wechselt in den Makro-Modus und reguliert die Tiefenschärfe.
KI im Alltag: Die Handy-Kamera erkennt das Herbstblatt, wechselt in den Makro-Modus und reguliert die Tiefenschärfe.bild: watson

Eine gut trainierte KI erkennt das Motiv, das wir fotografieren möchten, und wählt wie von Zauberhand die richtige Kamera-Einstellung. Oft unterstützt uns die KI aber auch, ohne dass wir es merken. Wenn das Smartphone das verwackelte Ferienvideo in ein ruhiges, fast perfektes Filmchen umwandelt, geschieht dies dank KI. Und wenn das Smartphone ein viel zu dunkles Foto automatisch aufhellt und gleich noch Farben und Kontrast optimiert, werkelt ebenfalls die KI.

KI erkennt Cyberattacken

KI unterstützt IT-Security-Teams bei der Erkennung von Cyberattacken sowie Phishing- und Malware-Wellen. Bei E-Mail-Anbietern beispielsweise kommen auf Spam und Phishing trainierte KI-Modelle zum Einsatz.

Der Haken daran: Die Kriminellen kehren den Spiess um und nutzen ebenfalls KI, um ihre Angriffe besser zu verschleiern und zu professionalisieren. Sie können mit KI beispielsweise viel schneller immer neue und glaubwürdigere Phishing-E-Mails erzeugen, auf die mehr Opfer hereinfallen.

KI kann somit im Kampf gegen Spam, Phishing oder Malware genutzt, aber auch für genau solche Angriffe missbraucht werden.

KI hilft neue Planeten aufzuspüren

Auf KI basierende Bilderkennungsmethoden können Planeten ausserhalb unseres Sonnensystems (Exoplaneten) aufspüren, die mit herkömmlichen Ansätzen unsichtbar bleiben.

Indem der KI-Algorithmus mit unzähligen Fotos gefüttert wird, lernt er für jedes Pixel eines Sternbildes zu erkennen, welches Objekt es darstellt – also beispielsweise eine Verfinsterung durch einen Planeten. Mit dieser Methode wurden etwa die beiden Exoplaneten Kepler-1705b und Kepler-1705c entdeckt.

Auf KI beruhende Bilderkennungsmethoden können somit mannigfach genutzt werden: Von der Gesichtserkennung im Handy über die Verkehrserkennung für Fahrassistenzsysteme im Auto bis zum Aufspüren von Exoplaneten. Die KI braucht aber aktuell noch, anders als ein Mensch, extrem viele Trainingsbilder, um beispielsweise eine Katze von einem Hund unterscheiden zu können.

Das Fazit: Gute KI, böse KI?

Künstliche Intelligenz kann unser Leben erleichtern, verschönern und gleichzeitig erschweren oder zum Albtraum machen: KI kann schon heute ein klassisches Streichquartett oder eine selbsterfundene Jazzmelodie komponieren. Ein KI-Modell wird dafür mit Informationen über Noten, Rhythmus und Klangfarben gefüttert. Die KI erkennt Muster und beginnt selbständig neue Werke zu schaffen.

KI kann aber auch in der Kriegsführung, für den Aufbau omnipräsenter Überwachung oder die Unterdrückung von Minderheiten genutzt werden. In China etwa wird die muslimische Minderheit der Uiguren mithilfe einer intelligenten Software überwacht, die Gesichter und Gangart erkennen kann.

Chinas aktueller Fünfjahresplan stellt denn auch KI in den Mittelpunkt von Forschung und Entwicklung. Und Russlands Präsident Wladimir Putin sagte bereits 2017: «Wer immer in diesem Bereich die Oberhand hat, wird zum Herrscher der Welt werden.»

Bei KI geht es eben auch um Kontrolle, Effizienz und Profite. Dies zeigt:

«KI ist ein wenig wie Feuer. Feuer hat auch zwei Seiten: Es ist sehr hilfreich, man kann damit kochen und sich warm halten. Aber man kann auch andere Leute damit verbrennen.»
Jürgen Schmidhuber, Professor für künstliche Intelligenz (KI) an der Universität Lugano.

KI ist per se weder gut noch böse, vorderhand ist sie, was wir daraus machen. Rein technisch betrachtet geht es bei KI um die Simulation intelligenten Verhaltens mit Mitteln der Mathematik und der Informatik. Man spricht deshalb auch von «schwacher» künstlicher Intelligenz, da sie nur eine sehr spezifische Aufgabe beherrscht:

Beispielsweise fährt Teslas KI auf Autobahnen statistisch gesehen sicherer als Menschen, aber der Autopilot kann keine Musik komponieren. Umgekehrt kann das auf Musik trainierte KI-Modell kein Auto steuern. Bisherige KI-Modelle können also immer nur eine sehr spezifische Sache, während Menschen unzählige Dinge beherrschen.

Eine umfassende oder «starke» KI, die wie Menschen eine flexible Intelligenz für ganz unterschiedliche Probleme an den Tag legt, dürfte hingegen noch für Jahrzehnte Zukunftsmusik bleiben. Und vielleicht ist das auch besser so: Eine KI, die Menschen nicht nur spezifisch, sondern allgemein überlegen ist, könnte uns dereinst zum Verhängnis werden.

Auflösung zum Hautflecken-Bild: Links das maligne Melanom (schwarzer Hautkrebs), rechts ein harmloses Muttermal.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Teste deine Sehkraft bei diesen Wimmelbildern
1 / 28
Teste deine Sehkraft bei diesen Wimmelbildern
Es sieht so aus, als stünde hier nur das Wort See. Wer aber genau hinsieht, findet ein «Sea».
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Zürcher Innovation hilft Tieren und spart Energie
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
39 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
39
Befindet sich das teuerste Gemälde der Welt in Genf?
«Salvator Mundi» von Leonardo da Vinci ist das teuerste Gemälde der Welt, doch niemand weiss, wo es sich befindet. Die «BBC» will das Gemälde nun ausfindig gemacht haben – in der Schweiz.

Wo ist das teuerste Gemälde der Welt?

Zur Story