Die unabhängige Schweizer Medienorganisation Fairmedia hat untersucht, was im Hitzemonat Juli beim Messenger-Dienst Telegram los war.
Die recherchierenden Journalistinnen und Journalisten, die sich der Bekämpfung von Fehlinformationen im Internet verschrieben haben, wurden in einschlägigen deutschsprachigen Kanälen fündig: In den Telegram-Gruppen ging das «Hitzepanik»-Narrativ viral. Und das, obwohl inzwischen durch wissenschaftliche Daten belegt werden konnte, dass der Juli 2023 der bislang heisseste Monat war.
Passend zu dieser Verschwörungserzählung seien über die Kanäle diverse Inhalte verbreitet worden, die nicht verifiziert werden können oder klare Falschaussagen beinhalten, hält Fairmedia fest. «So war etwa von Bevormundung durch den Staat und künstlicher Hysterie die Rede.»
watson fasst die wichtigsten Punkte zusammen:
Mit der Corona-Pandemie ist der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach zur Hassfigur der demokratie- und wissenschaftsfeindlichen Kräfte in Deutschland geworden.
Und diesen Sommer war nun in den Telegram-Kanälen das Phänomen zu beobachten, dass beim Thema Hitze die gleichen Mechanismen wie bei Covid abliefen.
Insbesondere die Ankündigung Lauterbachs zu Hitzeschutzplänen habe die Telegram-User zum Kochen gebracht, hält Fairmedia fest. In manchen Kanälen wurde ein direkter Zusammenhang zum Coronavirus fabriziert. Und das mit absolut hanebüchenen Falschbehauptungen, wie dieser:
Zurück zu den Fakten: Tatsächlich hatte Correctiv bereits im Juni in einem Faktencheck dargelegt, dass die Hitzeschutzpläne der deutschen Regierung keine Lockdowns vorsehen. Diese Information scheine die Nutzerinnen und Nutzer auf Telegram jedoch nicht erreicht zu haben, so Fairmedia.
Interessant: Die Telegram-Auswertung zeigt, dass die Deutschschweizer Telegram-Community durch deutsche Inhalte getriggert wird, aber auch mit eigenen Postings einen gewissen «Impact» erzielt. So wurde die Hitzelockdown-Falschbehauptung eines kleinen Schweizer Kanals mit 500 Abonnenten 75’000 Mal angesehen – sie wurde also in vielen anderen Kanälen mit grosser Reichweite geteilt.
Auch Roger Köppels «Weltwoche» habe das Narrativ übernommen, dass «Hitzepanik» geschürt werde, um Lockdown-Massnahmen verhängen zu können, so Fairmedia. Und zwar im selben Zeitraum, als es auf Telegram viral ging.
Es sei allerdings nicht klar, auf welche Quelle sich die deutsche Kolumnistin Cora Stephan bei ihrem «Weltwoche»-Beitrag stützte, heisst es im aktuellen Bericht.
Und noch eine Falschbehauptung aus der Corona-Pandemie haben die Telegram-Hetzer für ihr «Hitzepanik»-Narrativ übernommen. Und zwar ein besonders tragisches:
Wahr ist: Es gibt keine wissenschaftlich belegten Anhaltspunkte, an den offiziellen Statistiken zu zweifeln.
Auch hier war es gemäss Fairmedia-Auswertung ein deutscher Telegram-Kanal, der auch besonders viele Personen in der Deutschschweiz erreichte. Dabei handelt es sich um einen als «Doktor» auftretenden Betreiber, einen Querdenker-Rechtsanwalt und bekannten Impfgegner, der in Deutschland wegen Beleidigung und Volksverhetzung verurteilt wurde.
Das ernüchternde Fairmedia-Fazit:
Und wie nicht anders zu erwarten, haben die Wetterkapriolen und Temperaturstürze der vergangenen Wochen zu einer neuen Flut von Telegram-Postings geführt.
Auf das Hitzepanik-Narrativ von Juni und Juli folgte die Verschwörungserzählung, dass streng geheime staatliche Wettermanipulationsversuche zu den massiven Regenfällen und Überschwemmungen geführt hätten.
Die Telegram-Beobachterinnen und -Beobachter bei Fairmedia werden also auch in Zukunft viel zu tun haben.
Fairmedia hat 121 öffentliche Telegram-Kanäle untersucht und eine Daten-Auswertung gemacht. Über diese Kanäle wurden im Juli insgesamt 16’717 Beiträge publiziert, die 960’361 Nutzer-Reaktionen und 78’552’619 Ansichten (Views) aufwiesen. Dies geht aus dem aktuellen «Telegram-Briefing» hervor, das seit Dienstag auf fairmedia.ch verfügbar ist.
Dazu muss man wissen, dass Fairmedia eine Liste mit einschlägigen Telegram-Kanälen führt und die Postings regelmässig analysiert. So biete man «einen Überblick über die Entwicklung potenzieller Fehlinformationen auf Telegram».
Welche praktischen Erfahrungen hast du mit einschlägigen Telegram-Kanälen und öffentlichen Chatgruppen gemacht? Bist du der Meinung, dass die gezielte Verbreitung von falschen Informationen (Desinformation genannt) einfach akzeptiert werden muss, oder soll mehr dagegen getan werden?
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Remus
abishot
Splotsch
Was kommt als Nächstes? Thermometer verbieten? Oder die Hersteller verklagen? Anders Celsius als Gründer eines Kults darstellen? Alles durchaus denkbar bei dem Niveau. Die werden immer etwas zum Schwurblen finden. Schwurblis schwurbeln. Was anderes können die nicht.