Die Corona-Pandemie und der Homeoffice-Boom führen uns vor Augen: Ein flächendeckendes Highspeed-Internet ist für den Wirtschaftsstandort Schweiz zentral. Einen schnellen Glasfaseranschluss bis in die Wohnung haben aber heute nur rund ein Drittel der Haushalte. Dies vor allem in den grossen Städten sowie in jenen Regionen, die Glasfaser als Standortvorteil erkannt haben.
Nun spannen Salt und Sunrise beim Ausbau des Glasfasernetzes zusammen, wie sie am Dienstag mitteilten. Die enge Kooperation zweier Rivalen zur Schaffung einer gemeinsamen Glasfaser-Infrastruktur, die allen anderen Marktteilnehmern offen steht, ist in der Schweizer Telekombranche ein mittleres Erdbeben.
Mit der überraschenden Ankündigung reagieren Salt und Sunrise auf die übermächtige Konkurrenz: Anfang Februar dieses Jahres hat Swisscom angekündigt, ihr Glasfasernetz massiv auszubauen. Bis Ende 2025 sollen weitere 1.5 Millionen Haushalte und Geschäfte an die Datenautobahn angeschlossen werden. Salt und Sunrise wollen daher mit vereinten Kräften ein, wie sie sagen, «de facto Monopol» der Swisscom beim so wichtigen Glasfasernetz verhindern.
Salt und Sunrise gründen das neue Gemeinschaftsunternehmen Swiss Open Fiber, um eine eigene Glasfaserinfrastruktur aufzubauen und damit einen Gegenpart zum Branchenleader Swisscom zu bilden. Gemeinsam wollen sie künftig 1.5 Millionen Schweizer Haushalte mit einem schnellen Glasfaseranschluss bis in die Wohnung versorgen. Das würde einer Verdoppelung der bisherigen FTTH-Anschlüsse entsprechen. In der Branche bezeichnet man Leitungen, welche die maximale Internet-Geschwindigkeit bis zum Endkunden bringen, als Fiber to the Home (FTTH).
Fiber to the Home (FTTH) ermöglicht theoretisch eine Download- und Uploadgeschwindigkeit von 10 Gigabit pro Sekunde. Zum Vergleich: Das 5G-Netz kommt aktuell im besten Fall auf rund 1 Gbit pro Sekunde. In der Praxis können die meisten Internet-Nutzer Geschwindigkeiten von 10 Gbit/s aber noch nicht nutzen, da ihre Endgeräte nicht darauf ausgelegt sind. Selbst mit einer aktuellen Internetbox, die den neuen Wifi-6-Standard nutzt, kommt man «nur» auf eine maximale WLAN-Geschwindigkeit von bis zu 4,8 Gbit/s.
FTTH ist also eine Investition in die Zukunft. Künftig werden über das Glasfasernetz noch höhere Geschwindigkeiten erreicht werden.
In den nächsten fünf bis sieben Jahren sollen weitere 1,5 Millionen Schweizer Haushalte den schnellstmöglichen Breitbandanschluss erhalten (FTTH). Von dieser Glasfaser-Offensive werden vorab Bewohner in Agglomerationen profitieren, da die Innenstädte bereits grösstenteils mit den schnellen Datenleitungen erschlossen sind. Sunrise und Salt wollen im vierten Quartal 2020 mit dem Bau beginnen, sagen aber noch nicht, in welchen Orten der Netzausbau zuerst stattfinden soll. Salt und Sunrise gehen davon aus, dass künftig gegen 70 Prozent der Haushalte einen Glasfaseranschluss haben werden.
Klar ist: Auch künftig bleiben Bewohner in sehr abgelegenen Regionen aussen vor. «In den ländlichen Gebieten wird es sehr wahrscheinlich schwierig, wirtschaftlich auf einen grünen Zweig zu kommen», sagt Salt-Chef Pascal Grieder. Dort werde man schnelles Internet primär via 5G anbieten.
Dafür gibt es mehrere Gründe:
Erstens: Salt und Sunrise sind bislang von Swisscom und anderen Glasfasernetz-Betreibern abhängig. Sie müssen sich in diese fremden Glasfasernetze einmieten, was ihre eigenen Breitband-Dienste verteuert. Nun bauen sie ihr eigenes Glasfasernetz, das andere Firmen (auch Swisscom) gegen eine Gebühr mitnutzen können. Sie drehen den Spiess also um.
Zweitens: Da es bislang vor allem in Städten ein Glasfasernetz gibt, konnten Salt und Sunrise ihre Breitband-Dienste nur in diesen Regionen verkaufen. Das wollen sie nun ändern.
Drittens: Mit dem Kauf von UPC hätte Sunrise Zugriff auf das relativ schnelle Kabelnetz von UPC erhalten. Der Deal ist geplatzt und deshalb muss Sunrise einen anderen Weg finden, Zugang zu einem schnellen Netz zu erhalten. Mit der Kooperation mit Salt und allenfalls weiteren Partnern werden die dafür anfallenden Kosten auf mehrere Schultern verteilt.
Das gemeinsame Glasfasernetz Swiss Open Fiber schafft eine Konkurrenz zu Swisscom und steht anderen Internet-Providern offen. Von dieser Belebung des Telekommarktes sollen die Konsumenten mit günstigen Preisen profitieren, versprechen Salt und Sunrise. Umgekehrt ist der Aufbau eines eigenen Glasfasernetzes kostspielig und die beiden Telekomfirmen müssen die Investitionen wieder hereinholen. Wie sich die Preise künftig entwickeln, ist daher schwierig vorherzusagen.
Insgesamt sollen 3 Milliarden Franken in den Ausbau investiert werden. «Das ist ein ambitiöses Programm», sagt Marc Furrer, der Verwaltungsratspräsident der neuen Gemeinschaftsfirma Swiss Open Fiber. Der Markt für Hochgeschwindigkeitsinternet erhalte einen neuen Schub, nachdem er in den letzten Jahren ins Stocken geraten sei.
Das Problem: Der Ausbau der Glasfaserinfrastruktur bis in die Wohnungen ist kostspielig. Laut Salt und Surnise hat die Technologie aber geringere Wartungsanforderungen und einen niedrigeren Energieverbrauch.
Für ihre Pläne gründen Sunrise und Salt die Gemeinschaftsfirma Swiss Open Fiber. Man sei in Gesprächen mit einem Finanzinvestor, der sich beteiligen werde. Weiteres Geld soll von Banken kommen.
Salt und Sunrise werden zunächst die Hauptmieter des neuen Glasfasernetzes sein, die Infrastruktur soll aber auch anderen Wettbewerbern zur Verfügung stehen. Mit den Gebühren für die Netznutzung soll sich Swiss Open Fiber finanzieren.
Das Thema Fusion stehe nicht auf der Tagesordnung, sagen Salt und Sunrise. Sie verweisen darauf, dass die Fusion vor zehn Jahren an der Regulierungsbehörde scheiterte. Die gemeinsame Plattform Swiss Open Fiber ist nun Plan B, Swisscom im wichtigen Glasfaser-Markt anzugreifen.
Swisscom erhält Konkurrenz, hat aber einen grossen Vorsprung und plant selbst, bis Ende 2025 die Abdeckung mit FTTH (Glasfaser bis ins Haus) im Vergleich zu 2019 zu verdoppeln.
Zumindest punktuell könnte Swisscom das Glasfasernetz von Swiss Open Fiber mitbenutzen, statt eigene Kabel zu verlegen. Sie müsste sich dann, wie andere Provider auch, beim gemeinsamen Netz von Salt und Sunrise einmieten. Man sei «offen» für Gespräche mit Swiss Open Fiber, sagte ein Swisscom-Sprecher gegenüber der Nachrichtenagentur AWP.
Ein ausgebautes Glasfasernetz bringt vor allem UPC unter Druck. In vielen ländlichen Regionen offeriert die Kabelnetzbetreiberin derzeit mit bis zu 1 Gbit/s die schnellste Datenleitung. Das wird sich in den nächsten Jahren vielerorts ändern.
Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA, AWP.
Auf gar keinen Fall haben ein Drittel aller Haushalte eine Glasfaserleitung bis in die Wohnung, auch wenn die Swisscom diesen Marketingblödsinn immer gern verzapft. Zählt man FTTB und FTTS auch mit dürfte das hinkommen, aber das ist eben nicht FTTH bis in die Wohnung.
Hier mal die Infobox bei Glasfaser öffnen: https://map.geo.admin.ch/?topic=nga&mobile=false&lang=de&bgLayer=ch.swisstopo.pixelkarte-grau&catalogNodes=15066,15041,334&E=2750273.62&N=1198898.54&zoom=4