Tesla hat sich in einem vielbeachteten Gerichtsprozess in den USA um die Rolle seines Assistenzsystems «Autopilot» bei einem tödlichen Verkehrsunfall durchgesetzt.
Der von Elon Musk geführte Elektroautohersteller konnte die Geschworenen im kalifornischen Riverside davon überzeugen, dass «Autopilot» nicht für den Unfall verantwortlich gemacht werden kann, wie der Finanzdienst Bloomberg am Dienstag aus dem Gericht berichtete.
Die 12-köpfige Jury kam zum Schluss, dass das Fahrzeug keinen Herstellungsfehler hatte. Das Urteil erfolgte am vierten Tag der Beratungen und die Abstimmung fiel mit 9 zu 3 Stimmen aus.
Der Tesla Model 3 eines 37-jährigen Fahrers, der mit seiner Verlobten und deren Sohn unterwegs war, kam 2019 auf einem Highway in Südkalifornien mit hoher Geschwindigkeit von der Fahrbahn ab, prallte gegen einen Baum und ging in Flammen auf. Der Fahrer kam ums Leben, seine beiden Mitfahrenden überlebten verletzt.
In der Klage warfen Hinterbliebene Tesla vor, dass «Autopilot» für den Unfall verantwortlich gewesen sei. Sie argumentierten auch, dass der Konzern von Schwächen des Systems gewusst und den Besitzern ein falsches Gefühl der Sicherheit gegeben habe.
Die beiden überlebenden Passagiere, die gemäss Bloomberg-Bericht schwer verletzt wurden, forderten Schadensersatz in Höhe von 400 Millionen US-Dollar wegen Körperverletzung, seelischer Qual und Tod des Fahrers.
Tesla verwies unter anderem darauf, dass Fahrer bei Nutzung des «Autopilot»-Systems die Verkehrslage im Blick behalten sollen und jederzeit bereit sein müssten, die Kontrolle zu übernehmen. Auch gebe es keinen Beleg, dass «Autopilot» vor dem Unfall aktiviert gewesen sei. Teslas Anwalt bestritt, dass das System auf diese Weise die Richtung ändern könne. Ein Mensch in dem Fahrzeug müsse dies ausgelöst haben.
Tesla-Fahrzeuge zeichnen eine Vielzahl von Daten auf, die oft bei Untersuchungen zum Hergang von Zwischenfällen hilfreich sind. Allerdings sind diese Informationen nach Unfällen etwa mit Bränden manchmal nicht mehr verfügbar.
Es gibt mehrere.
Das «Autopilot»-System ist umstritten. Während Musk und Tesla betonen, dass es die Fahrzeuge sicherer mache, gab es eine Reihe von Unfällen, die auch US-Regulierungsbehörden auf den Plan riefen. Dazu gehört eine Serie von Zwischenfällen, bei denen Teslas auf am Strassenrand stehende Rettungsfahrzeuge mit eingeschalteten Warnblinkern auffuhren.
«Autopilot» kann Fahrassistenz-Funktionen wie das Halten des Abstandes zum vorderen Fahrzeug oder den Spurwechseln übernehmen. Zugleich lässt Tesla Kundinnen und Kunden in den USA gerade ein fortgeschrittenes System mit der Bezeichnung «Full Self-Driving» (FSD) testen.
Trotz des Namens macht es Tesla nicht zu einem autonomen Auto, soll aber auch in der Stadt zum Beispiel an Ampeln und Stoppschildern halten und auf Kreuzungen abbiegen. Die Verantwortung trägt weiterhin der Fahrer und nicht Tesla. Einige Test-Nutzer berichteten von zum Teil schweren Fehlern der Software im Strassenverkehr.
Dies sei das zweite Mal in diesem Jahr, dass ein US-Geschworenengericht festgestellt habe, dass das Tesla-Fahrerassistenzsystem nicht für einen schweren Unfall verantwortlich war, hält Ars Technica nun fest. In jenem anderen Fall war ein Tesla Model S 2019 in einen Fahrbahn-Trenner gefahren. Die Fahrerin machte das System dafür verantwortlich. Tesla argumentierte, dass die «Autopilot»-Technologie auf städtischen Strassen eingesetzt worden sei, obwohl in der Bedienungsanleitung des Fahrzeugs genau davor gewarnt wurde.
Die einzelnen Fälle sind allerdings so unterschiedlich, dass sich aus den ersten beiden Prozessen keine Schlussfolgerungen über andere Fälle ziehen lassen.
Anzumerken ist, dass noch weitere Klagen im Zusammenhang mit Tesla-Unfällen offen sind, die voraussichtlich im kommenden Jahr zur Verhandlung kommen sollen.
So soll Anfang 2024 eine Klage zum tödlichen Unfall eines Apple-Mitarbeiters vor Gericht kommen, dessen Tesla Model X im Jahr 2018 in einen Betonpoller auf einem Highway inmitten des Silicon Valley fuhr.
Dieser Unfall ereignete sich in einer Baustelle beim Ausbau der Strecke – und eine der Theorien war, dass Überbleibsel von Fahrbahn-Markierungen das System beeinflusst haben könnten. US-Unfallermittler kamen zu dem Schluss, dass der Fahrer dem System zu sehr vertraut habe.
Eine Untersuchung der US-Verkehrssicherheitsbehörde National Transport and Safety Board (NTSB) ergab später, dass der Fahrer zum Unfallzeitpunkt wohl abgelenkt war, weil er auf seinem Smartphone gespielt hatte.
Die Fahrerassistenzsysteme von Tesla sind auch Gegenstand einer Sammelklage, in der behauptet wird, dass Tesla ihre Fähigkeiten überbewertet hat, sowie mehrerer Untersuchungen durch die National Highway Traffic Safety Administration und eine Untersuchung des Justizministeriums.
Das US-Justizministerium und die US-Börsenaufsicht gehen zudem Medienberichten zufolge der Frage nach, ob Tesla stets korrekt über die Fähigkeiten des Assistenzsystems informiert habe.
(dsc/sda/awp/dpa)