Für Menschen in Russland und anderen von staatlicher Online-Zensur betroffenen Staaten ist es ab sofort einfacher, Twitter auch nach der Blockade des Dienstes weiter zu nutzen. Das US-amerikanische Techunternehmen machte am Dienstag eine Version speziell für den auf Datenschutz ausgelegten Tor-Browser zugänglich. Bei Tor bewegen sich die Nutzerinnen und Nutzer nicht im allgemeinen Web, sondern in einem eigenen Netzwerk mit anonymisierten Daten.
Wenn solche Dienste von Kriminellen genutzt werden, spricht man auch vom «Darknet». Tor ist jedoch auch wichtig für politische Aktivistinnen und Aktivisten sowie Journalisten.
Dies sei «möglicherweise der wichtigste und am längsten erwartete Tweet», den er je verfasst habe, twitterte der amerikanische Cybersicherheitsexperte Alec Muffett, der Twitter bei der Tor-Lancierung geholfen hatte, am Dienstag.
This is possibly the most important and long-awaited tweet that I've ever composed.
— Alec Muffett (@AlecMuffett) March 8, 2022
On behalf of @Twitter, I am delighted to announce their new @TorProject onion service, at:https://t.co/Un8u0AEXeE pic.twitter.com/AgEV4ZZt3k
Die Adresse für die Tor-Version von Twitter lautet https://twitter3e4tixl4xyajtrzo62zg5vztmjuricljdp2c5kshju4avyoid.onion.
Mit einer Tor-Version entzieht sich Twitter zumindest im separaten Netz einer Blockade. Einige Internet-Anbieter in Russland sperren bereits den Zugang zu Tor. Bei anderen ist der Tor-Dienst aber weiterhin verfügbar, wie das Projekt in einer Stellungnahme des Online-Mediums «Vice» betonte.
Wenn Staaten den Zugriff auf das Tor-Netzwerk blockieren, können die User manchmal immer noch über eine «Brücke» darauf zugreifen. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um ein weiteres «Tor-Relay», das nicht öffentlich bekannt ist und daher schwerer zu blockieren ist.
Russland hatte nach der Invasion in die Ukraine bereits Einschränkungen für Twitter eingeführt. Am 4. März wurde bekannt, dass die russische Zensurbehörde Roskomnadsor die Sperrung von Facebook und Twitter angeordnet hat. Über die Plattformen haben sich bisher viele Menschen in Russland abseits der staatlichen Medien über den Einmarsch in die Ukraine informiert.
Die russische Regierung versucht, die Verbreitung von Informationen zum Krieg, die von der offiziellen Linie der Regierung abweichen, zu unterbinden. Dazu gehört eine Gesetzesänderung, nach der angebliche Falschinformationen über die russischen Streitkräfte mit hohen Geldstrafen und bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden können.
Das Anonymitätsnetzwerk von Tor leitet den Datenverkehr durch eine Auswahl verschiedener Server, die vor allem von Freiwilligen auf der ganzen Welt betrieben werden. Das Netzwerk ermöglicht es den Usern, weitgehend anonym zu surfen, wobei Websites nicht in der Lage sind, den tatsächlichen physischen Standort zu bestimmen, von dem aus Personen ihre Website besuchen. Und Unternehmen, die den Internetverkehr überwachen, wie Internet-Provider oder staatliche Sicherheitsdienste, sind nicht in der Lage, zu sehen, auf welche Websites, respektive Inhalte, die User zugreifen.
(dsc/sda/dpa)