Wenn sich die Ereignisse überschlagen oder Informationen zum Kriegsgeschehen maximal widersprüchlich und verwirrend sind, lohnt es sich, einen (virtuellen) Schritt zurückzutreten und echten Experten zuzuhören.
Ich verwende hier bewusst nur die männliche Form. Denn leider sind weibliche Fachleute Mangelware, wenn es um öffentliche Einschätzungen zum Ukraine-Krieg geht.*
Im Folgenden stelle ich drei Podcasts vor, die den Horizont erweitern. Die begnadeten Erzähler schaffen es, ihr Wissen und ihre praktischen Erfahrungen auf höchst spannende Weise dem Publikum zu vermitteln. Und wer weiss, vielleicht geht sogar einigen «Putin-Verstehern» ein Lichtlein auf.
* Jedenfalls in Podcast-Form. Der Redaktor nimmt gerne Hinweise zu weiblichen Podcasts via Kommentarfunktion entgegen.
Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal etwas empfehlen würde, das mit der mutmasslich schlimmsten Boulevardzeitung im deutschsprachigen Raum in Verbindung steht. Doch für Paul Ronzheimer braucht's eine Ausnahme.
Der 38-jährige Kriegsreporter ist tatsächlich «so nah dran wie kaum jemand sonst» in Westeuropa, was die Menschen im Ukraine-Krieg betrifft. Bei seiner Front-Berichterstattung und in Interviews geht er intelligent und einfühlsam vor. Und er schreckt auch nicht vor Tabuthemen zurück.
In einer der neusten Folgen spricht Ronzheimer mit dem früheren ukrainischen Botschafter in Deutschland, Andriy Melnyk. Wir kennen den undiplomatischen Diplomaten wegen seiner öffentlichen Auftritte und zornigen Tweets. Bei Ronzheimer zeigt er sich von seiner verletzlichen Seite.
Ronzheimer, stellvertretender «Bild»-Chefredaktor, lässt im Podcast aber auch «gewöhnliche» Leute zu Wort kommen, die sich für die Ukraine und die Menschen dort einsetzen. So etwa einen jungen Deutschen, der früher bei der Bundeswehr war und nun bei einer ukrainischen Spezial-Einheit ist. Oder den russischstämmigen Neonazi Denis Nikitin, der aus höchst fragwürdigen Beweggründen gegen Putin kämpft.
Neue Folgen: jeweils mittwochs.
Dieser General a. D. (ausser Dienst) ist eine echte Granate. Und zwar im positiven Sinn: Der deutsche Militär-Experte Erhard Bühler hat immenses Fachwissen und viel Lebenserfahrung. Woche für Woche bewertet er das Kriegsgeschehen und geht auf die sicherheitspolitische Weltlage ein.
Das tut Bühler auf intelligente, unaufgeregte Art. Und er lässt keine Zweifel daran aufkommen, dass die Ukraine in ihrem Überlebenskampf gegen die russischen Invasoren unterstützt werden muss. Als früherer Befehlshaber des europäischen NATO-Oberkommandos im niederländischen Brunssum geht der heute 67-Jährige aber auch auf die grassierende NATO-Skepsis und den Antiamerikanismus ein. Er ist aber meilenweit von jeglichem Hurra-Patriotismus entfernt.
Nach Ansicht des Redaktors ist es der aufschlussreichste deutschsprachige Podcast zum Ukraine-Krieg. Das liegt nicht zuletzt am begnadeten Moderator, dem MDR-Redaktor Tim Deisinger, der angenehm unaufgeregt durch die Gespräche führt und auf fast jede User-Frage eingeht.
Neue Folgen: meist dienstags oder freitags.
«In Moskaus Schatten» nennt Mark Galeotti seinen Podcast. Wenn du einen erfahrenen Russland-Experten und Putin-Kenner suchst, dann führt kein Weg am britischen Geschichtsprofessor, Analysten und Buchautor vorbei.
Leider ist der Podcast nur auf Englisch verfügbar. Wer sich aber herantraut, wird von unglaublich guten Monologen zum russischen Despoten und dessen schwerkriminellen Unternehmungen belohnt. Immer wieder überrascht Galeotti mit Kreml-Fachwissen und historischen Bezügen und lässt auch eine Portion schwarzen Humor einfliessen.
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