Schweizer Online-Shop unter Verdacht – Twint schreitet ein
Die Website sieht einladend und ziemlich professionell aus, doch hinter der glänzenden Fassade des Schweizer Online-Shops läuft einiges schief. Kundinnen und Kunden warten seit Wochen oder Monaten auf bestellte Ware.
Was können Betroffene tun? Und wie lässt sich verhindern, dass noch mehr Leute ihr hart verdientes Geld verlieren?
watson hat nachgeforscht und erklärt, was das Problem hinter dem sogenannten Dropshipping-Business ist.
Was ist passiert?
Recherchen von watson zeigen, dass Kundinnen und Kunden ihre im Schweizer Online-Shop Vibely.ch bestellten und bezahlten Produkte nicht erhalten. Und die Verantwortlichen reagieren nicht oder nur ausweichend auf Reklamationen.
Eine betroffene Kundin schildert:
Beim bekannten Internet-Bewertungsportal Trustpilot häuften sich tatsächlich die schlechten Bewertungen. Und die geschilderten Probleme zeichnen ein deutliches Bild.
Auf der Vibely-Website gibt es zwar ein Impressum, jedoch keine Telefonnummer oder Online-Chat.
watson wollte die Verantwortlichen mit den massiven Vorwürfen konfrontieren, doch sie reagierten nicht auf mehrere per E-Mail zugestellte Medienanfragen.
Wie reagiert Twint?
Vibely.ch weist Besucherinnen und Besucher der Website an prominenter Stelle darauf hin, dass sie ihre Einkäufe mit Twint «sicher bezahlen» können. Doch damit ist Schluss.
Das Schweizer Fintech-Unternehmen hat auf einen Hinweis von watson reagiert und die Anbindung des eigenen Bezahldienstes an den Online-Shop gestoppt.
Twint-Mediensprecherin Demet Biçer erklärt:
Bei Vibely habe man eine erhöhte Zahl an Kunden-Rückfragen festgestellt, die umgehend an den Betreiber des Online-Shops weitergeleitet worden seien. «Da aber noch nicht alle Anfragen abschliessend beantwortet wurden, haben wir die Anbindung zum Online-Shop temporär blockiert.»
Was ist das Problem beim Dropshipping?
Die Fachleute der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) befassen sich regelmässig mit Fragen rund um das Online-Shopping. Vibely.ch wirke «auf den ersten Blick wie ein Dropshipping-Shop», sagt die Juristin Daniela Mauchle, Leiterin Recht beim SKS, und erklärt:
Für Dropshipping-Shops seien auch lange Lieferfristen typisch, diese könnten oft mehrere Wochen betragen, da das Produkt zuerst von China in die Schweiz (direkt an die Konsumentinnen und Konsumenten) geliefert werden müsse.
Tatsächlich basiert der Online-Shop von Vibely.ch auf der kommerziellen Online-Shopping-Plattform Shopify. Das kanadische Unternehmen ermöglicht Kleinunternehmern, aber auch grösseren und grossen Firmen, die für das Online-Geschäft erforderliche Logistik auszulagern.
Aus der Branche ist zu hören, dass Dropshipping zu den Geschäftsmodellen gehört, bei denen es zu erhöhten Vorfällen kommen könne. Viel häufiger als Betrug sei aber die mangelnde Professionalität der Betreiber das Problem. Sprich: Dank Shopify und Co. lässt sich mit relativ wenig Aufwand ein seriös wirkender Online-Shop erstellen, doch eine zuverlässige Abwicklung der Verkäufe ist nicht garantiert.
watson wollte von Shopify wissen, wie das Unternehmen gegen betrügerische Online-Shops vorgeht. Eine entsprechende Anfrage ist bislang nicht beantwortet worden.
Was können Betroffene tun, wenn bestellte Ware nicht geliefert wird?
Twint empfiehlt betroffenen Kundinnen und Kunden ein mehrstufiges Vorgehen: Zunächst müsse man sich an den jeweiligen Händler wenden. Falls keine Lösung des Problems erreicht werde, solle man sich an den Twint-Kundendienst des eigenen Finanzinstituts wenden.
Wenn keine Lieferung erfolgt und das Geld vom Verkäufer nicht zurückerstattet wird, sind laut Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) rechtliche Schritte möglich:
- Betreibung einleiten – aber nur, wenn der Verkäufer Vermögenswerte in der Schweiz besitze.
- Anzeige wegen unlauterem Wettbewerb erstatten. Das sei auch möglich, wenn der Händler nicht in Betrugsabsicht gehandelt habe.
watson hat bei Twint nachgefragt, um herauszufinden, ob der oder die Betreiber von Vibely.ch, die uns namentlich nicht bekannt sind, juristisch zur Verantwortung gezogen werden können. Mediensprecherin Demet Biçer erklärt:
- Twint verifiziere die Angaben zur Firma und den angegebenen Geschäftszweig und überprüfe die eingereichten Bankdokumente. Bei Websites werde zudem die angegebene URL und das geführte Impressum verifiziert.
- Händler würden nach der Registrierung bei Twint jeweils mittels Handelsregister-Auszug und/oder Bankdokumenten überprüft. Ein Eintrag im Handelsregister sei für eine Registrierung aber «nicht in jeder Konstellation Pflicht (z. B. bei Vereinen oder Einzelunternehmen)».
- Twint kenne die Personalien der Verantwortlichen von Vibely.ch.
- Im Rahmen von Strafverfahren könne die zuständige Staatsanwaltschaft eine «Editionsverfügung» erlassen, die die Twint AG zur Herausgabe der entsprechenden Informationen und Daten verpflichte.
PS: Du überlegst, ins Dropshipping-Business einzusteigen? SRF hat schon kritisch darüber berichtet
Und jetzt du!
Welche negativen Erfahrungen hast du mit Online-Shops und speziell mit sogenanntem Dropshipping gemacht? Und wie konntest du das Problem schliesslich lösen?
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Quellen
- trustpilot.com: Vibely
- konsumentenschutz.ch: Keine Lieferung bei Vorauskasse: Was tun, wenn nicht geliefert wird?
- konsumentenschutz.ch: Online-Ratgeber: Wie erkennen Sie Fakeshops?
- twint.ch: Ich bin mit der Belastung eines Einkaufs nicht einverstanden, wo kann ich mich melden?
