Ein deutscher TikTok-User hat mit Schilderungen zu einem fürstlich bezahlten Praktikum bei Google Schweiz ein mittleres mediales Erdbeben ausgelöst.
Das Video ist inzwischen nicht mehr verfügbar.
Die «Handelszeitung» hat am Donnerstag darüber berichtet. Titel: «Tiktok-Video zeigt: Google-Praktikant verdient in Zürich 9000 Franken pro Monat».
Und «Inside Paradeplatz» fragte: «Wer will noch ins Banking, wenn Google 9000 Fr. für Praktikum zahlt?»
Das Video stammt von einem deutschen Informatik-Studenten, der laut eigenen Angaben an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen studiert und offenbar für ein Sommerpraktikum in Zürich weilt.
Seinen ganz konkreten Monatslohn konnte der Praktikant laut Bericht nicht nennen, weil sich das von Jahr zu Jahr unterscheide. Er verwies aber auf die Website levels.fyi. Wenn man dort nach dem Standort Zürich suche, dann seien das etwas über 9000 Dollar pro Monat für ein Sommerpraktikum. «Das passt ungefähr von der Grössenordnung.»
In vielen Branchen verdienten Praktikantinnen und Praktikanten gar nichts oder nur sehr wenig, hält die «Handelszeitung» fest. Kein Wunder, dass der Google-Lohn damit sehr auffalle. Denn mit diesem Lohnniveau verdienten Google-Praktikanten etwa das Doppelte von dem, was Praktikanten im Schnitt in der Schweiz erhalten: 4360 Franken pro Monat.
Es deutet jedenfalls nichts auf das Gegenteil hin.
Wer bei Google arbeitet, verdiene oft über 11'000 Franken im Monat, erhalte dazu grosszügige Bonuszahlungen, gratis Frühstück, Lunch und Dinner, könne kostenlos ins Fitnesscenter, habe flexible Arbeitszeiten, ein Büro gleich beim Zürcher Hauptbahnhof, fünf Wochen Ferien und drei Monate Vaterschaftsurlaub, schrieb die NZZ im letzten Jahr.
Aber 9000 Franken für ein Praktikum?
Gegenüber der «Handelszeitung» teilte Google nur mit, dass man generell nicht auf die Löhne von Google-Mitarbeitenden eingehen wolle. Wie der Journalist schreibt, könnte seine Anfrage bei der Google-Pressestelle dafür allerdings etwas anderes bewirkt haben. «Einige Videos auf dem Kanal des Google-Praktikanten, unter anderem jenes mit den Gehaltsangaben, wurden inzwischen gelöscht.»
Bei YouTube war bis am Donnerstagmorgen noch sein am 15. August veröffentlichtes Video mit dem Titel «Ein Tag im Leben als Praktikant bei Google Zürich» verfügbar. Darin erzählt der deutsche Informatik-Student unter anderem begeistert über das kulinarische Angebot, dass es für die «Zoogler» gibt (so nennen sich die Google-Schweiz-Angestellten).
Aber dann war auch dieses Video gesperrt.
watson hat bei Google Schweiz nachgefragt. Und auch hier hiess es: «Danke für Ihr Interesse am Thema – leider müssen wir Ihnen jedoch mitteilen, dass Google generell nicht auf die Löhne von Google-Mitarbeitenden eingeht.»
Die NZZ brachte es auf den Punkt:
Und tatsächlich spitzt sich die Lage weiter zu, weil die superreichen Silicon-Valley-Konzerne ihre Präsenz hierzulande verstärken und noch mehr IT-Fachleute suchen.
Der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften resultiere «in aggressivem Abwerben von Spezialistinnen und Spezialisten», heisst es in dem Bericht. Oder man ködert die angehenden Fachleute schon bei ihrem ersten Praktikum.
Dass aus gewaltigen Lohnungleichheiten auch massive gesellschaftliche Probleme erwachsen, zeigt sich in der Heimat der Techgiganten, im und ums Silicon Valley.
Zwar verdienen Investoren, Manager und Angestellte stetig mehr und das Durchschnittseinkommen war schon 2018 im Vergleich zu den gesamten USA mehr als doppelt so hoch, wie eine soziologische Studie zeigte. Doch die Menschen der unteren und mittleren Einkommensschichten hatten das Nachsehen. Der Anteil der Geringverdiener wuchs, und die Mittelschicht drohte einzubrechen.
Die renommierten Autoren besagter Studie warnten, dass die zunehmende Ungleichheit mit einer gefährlichen, durch Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz gekennzeichnete Politik einhergehe. Hier würde nur noch eine stärkere Besteuerung der Konzerne helfen, denn sie passten ihr Geschäftsmodell sicher nicht freiwillig an.
Fragt nicht warum Google seine Angestellten so gut bezahlt, fragt wieso andere Arbeitgeber es nicht tun, selbst wenn sie jedes Jahr neue Rekordgewinne vermelden.
Naja, vor 10-15 Jahren waren es die Banken, die an der Uni und ETH die besten geholt haben. Jetzt arbeiten die wenigstens bei Google an halbwegs sinnvollen Dingen, anstatt bei einer Bank möglichst undurchsichtige Produkte zu entwickeln.