Chipkrise: Niederlande knickt ein und gibt Kontrolle über Nexperia ab
Im Konflikt um den Chiphersteller Nexperia geben die Niederlande die Kontrolle über das Unternehmen wieder ab. Das teilte der Wirtschaftsminister Vincent Karremans in Den Haag mit.
Die chinesische Regierung hatte zuvor diesen Schritt gefordert, bevor die Lieferung der für die Autoindustrie wichtigen Halbeiter wieder voll aufgenommen werde.
Der niederländische Minister bezeichnete die von China ergriffenen Massnahmen zur Sicherstellung der Chipversorgung Europas positiv. «Wir betrachten dies als Zeichen des guten Willens.»
«Angesichts der jüngsten Entwicklungen halte ich es für den richtigen Zeitpunkt, einen konstruktiven Schritt zu unternehmen», teilte der geschäftsführende Minister in Den Haag mit. In den vergangenen Tagen seien konstruktive Gespräche mit den chinesischen Behörden geführt worden.
Der Dialog mit Peking werde fortgesetzt, so der Minister. Zurzeit befindet sich eine hochrangige Delegation des Ministeriums in Peking.
Verstimmungen in Peking
Das von China kontrollierte Unternehmen Nexperia hat seinen europäischen Sitz im niederländischen Nimwegen und produziert Halbleiter, die vor allem auch für die europäische Autoindustrie wichtig sind.
Warum hat es Halbleiter im Auto?
In jedem modernen Auto stecken Dutzende bis Hunderte kleine Computer, sogenannte Steuergeräte: sie regeln den Motor, die Bremsen, Airbags, Assistenzsysteme, Infotainment, Batterie-Management im E-Auto und vieles mehr.
In diesen Steuergeräten arbeiten Chips, und diese Chips werden aus stromleitendem Halbleitermaterial, meist Silizium, gefertigt.
Die besondere Eigenschaft von Halbleitern – dass sie sich extrem präzise ein- und ausschalten lassen – ermöglicht es, digitale Signale zu verarbeiten: also Sensorwerte zu messen, Daten zu berechnen und darauf basierend Entscheidungen zu treffen.
Wenn in der Autobranche oder einer anderen Industrie von «Chipmangel» die Rede ist, bedeutet das: Es fehlen Halbleiter-Bauteile. Denn ohne sie können die Produkte nicht mehr produziert oder nur eingeschränkt ausgestattet werden können.
Die Chips werden in hoch spezialisierten «Fabs», also Chipfabriken, in Asien, den USA und zunehmend auch in Europa hergestellt. Die grossen Auftragsfertiger sitzen in Taiwan, Südkorea und den USA.
In den Fabriken wird aus einem Siliziumkristall eine hauchdünne, kreisrunde Scheibe gesägt – der Wafer. Darauf entstehen gleichzeitig Hunderte bis Tausende einzelne Chips.
Der niederländische Wirtschaftsminister hatte Ende September wegen starker Bedenken gegenüber dem chinesischen Eigentümer in die Führung des Unternehmens eingegriffen. Er rechtfertigte den Schritt damit, dass das chinesische Mutterunternehmen Wingtech Technologie und Produktion nach China schleusen wolle.
Nach diesem Eingriff verhängte Peking Exportbeschränkungen für Nexperia-Chips, die auch europäische Autohersteller und ihre Zulieferer trafen.
Dann kündigte China Lockerungen beim Export-Verbot an, drängte jedoch darauf, dass die Niederlande die ergriffenen Kontrollmassnahmen zurückschrauben.
Der rechtsliberale Wirtschaftsminister verteidigte aber den Eingriff in einem Zeitungsinterview, was Ende der vergangenen Woche zu erneuten Verstimmungen in Peking führte.
(sda/awp/dpa)
