Entscheid zum Glasfaser-Schlamassel der Swisscom könnte früher als erwartet kommen
Die Eidgenössische Wettbewerbskommission Weko hält den Abschluss des Glasfaserverfahrens gegen die Swisscom noch in diesem Jahr für möglich. Das Weko-Verfahren sei ziemlich weit fortgeschritten, sagte Weko-Direktor Patrik Ducrey am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP.
Nach Zustellung durch die Weko könne die Swisscom dazu umfassend Stellung nehmen. «Normalerweise geben wir einen Monat Zeit dafür», sagte Ducrey. Wenn die Swisscom eine Fristverlängerung verlange, könne es auch zwei Monate oder etwas mehr dauern. «Es ist möglich, dass Verfahren noch dieses Jahr abgeschlossen werden kann.»
Bislang war ein Abschluss des Verfahrens erst im nächsten Jahr erwartet worden.
Weko stoppte Swisscom-Ausbau
Das Verfahren dauert nun schon Jahre: Im Dezember 2020 hatten die Wettbewerbshüter den Glasfaserausbau der Swisscom mit vorsorglichen Massnahmen gestoppt. Denn die Kartellwächter halten die von der Swisscom geänderte Netzarchitektur mit nur einer Zuleitung von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht für wettbewerbswidrig. Die Weko pocht auf einen Ausbau mit einer Zuleitung für jeden Haushalt.
Nur so können Konkurrenten der Swisscom der Kundschaft eigene Internetangebote machen, die sich von jenen der Swisscom unterscheiden, und beispielsweise höhere Surfgeschwindigkeiten anbieten als der «Blaue Riese». Zudem erhält so jeder Haushalt eine Direktleitung in die Telefonzentrale und muss sich nicht die Zuleitung mit den Nachbarn teilen.
Allerdings ist diese Bauweise teurer, als nur eine Zuleitung von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht vor den Häusern zu verlegen. Die Swisscom hat aus Kostengründen die billigere Variante gewählt und trotz des Vetos der Wettbewerbshüter lange daran festgehalten. Allerdings scheiterten die Einsprachen des Branchenprimus gegen die vorsorglichen Massnahmen der Weko bis hinauf zum Bundesgericht.
Swisscom lenkte ein
Im vergangenen Oktober hatte die Swisscom im Glasfaserstreit mit der Eidgenössischen Wettbewerbskommission (Weko) eine Kehrtwende vollzogen. Denn der Druck durch hunderttausende blockierte Anschlüsse, die nicht in Betrieb genommen werden dürfen, wurde zu gross. Neu baut der Konzern wieder Direktleitungen von der Telefonzentrale bis zu den Haushalten.
Insgesamt waren Ende März 2023 rund 500'000 Glasfaseranschlüsse blockiert, die nur eine Zuleitung für mehrere Haushalte haben. Das sind 9 Prozent aller Haushalte. Die Swisscom will diese blockierten Anschlüsse nun teilweise umbauen.
Insgesamt sind in der Schweiz 43 Prozent der Haushalte mit den ultraschnellen Datenleitungen erschlossen. 100 Prozent wären laut Swisscom-Angaben 5,45 Millionen Anschlüsse.
Damit die ganze Bevölkerung und die Wirtschaft bestmöglich von der Digitalisierung profitieren können, soll eine möglichst flächendeckende Versorgung mit einem Gigabit pro Sekunde angestrebt werden, wie der Bundesrat am 28. Juni mitteilte. Dies ermögliche schnelles Internet für mehrere Benutzer und mehrere Geräte.
Dadurch solle eine digitale Stadt-Land-Kluft vermieden werden, hiess es weiter. Deshalb will der Bundesrat Randregionen und strukturschwache Gebiete mit einem staatlich befristeten Förderungsprogramm unterstützen.
Der Fokus der Strategie liegt auf dem Ausbau des Glasfasernetzes bis in die Wohnungen. Denkbar sei auch die Förderung anderer Technologien wie etwa Mobilfunk.
(dsc/sda/awp)