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Glasfaser-Schlamassel von Swisscom könnte noch 2023 gelöst werden

Entscheid zum Glasfaser-Schlamassel der Swisscom könnte früher als erwartet kommen

05.07.2023, 11:1505.07.2023, 15:31
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Die Eidgenössische Wettbewerbskommission Weko hält den Abschluss des Glasfaserverfahrens gegen die Swisscom noch in diesem Jahr für möglich. Das Weko-Verfahren sei ziemlich weit fortgeschritten, sagte Weko-Direktor Patrik Ducrey am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP.

Nach Zustellung durch die Weko könne die Swisscom dazu umfassend Stellung nehmen. «Normalerweise geben wir einen Monat Zeit dafür», sagte Ducrey. Wenn die Swisscom eine Fristverlängerung verlange, könne es auch zwei Monate oder etwas mehr dauern. «Es ist möglich, dass Verfahren noch dieses Jahr abgeschlossen werden kann.»

Bislang war ein Abschluss des Verfahrens erst im nächsten Jahr erwartet worden.

Der Schweizer Jurist Patrik Ducrey (Jahrgang 1963) ist seit 2018 Direktor des Sekretariates der Wettbewerbskommission, WEKO.
Der Jurist und Anwalt Patrik Ducrey (Jahrgang 1963) ist seit 2018 Direktor des Sekretariates der eidgenössischen Wettbewerbskommission (Weko).Bild: PD

Weko stoppte Swisscom-Ausbau

Das Verfahren dauert nun schon Jahre: Im Dezember 2020 hatten die Wettbewerbshüter den Glasfaserausbau der Swisscom mit vorsorglichen Massnahmen gestoppt. Denn die Kartellwächter halten die von der Swisscom geänderte Netzarchitektur mit nur einer Zuleitung von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht für wettbewerbswidrig. Die Weko pocht auf einen Ausbau mit einer Zuleitung für jeden Haushalt.

Nur so können Konkurrenten der Swisscom der Kundschaft eigene Internetangebote machen, die sich von jenen der Swisscom unterscheiden, und beispielsweise höhere Surfgeschwindigkeiten anbieten als der «Blaue Riese». Zudem erhält so jeder Haushalt eine Direktleitung in die Telefonzentrale und muss sich nicht die Zuleitung mit den Nachbarn teilen.

Allerdings ist diese Bauweise teurer, als nur eine Zuleitung von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht vor den Häusern zu verlegen. Die Swisscom hat aus Kostengründen die billigere Variante gewählt und trotz des Vetos der Wettbewerbshüter lange daran festgehalten. Allerdings scheiterten die Einsprachen des Branchenprimus gegen die vorsorglichen Massnahmen der Weko bis hinauf zum Bundesgericht.

Swisscom lenkte ein

Im vergangenen Oktober hatte die Swisscom im Glasfaserstreit mit der Eidgenössischen Wettbewerbskommission (Weko) eine Kehrtwende vollzogen. Denn der Druck durch hunderttausende blockierte Anschlüsse, die nicht in Betrieb genommen werden dürfen, wurde zu gross. Neu baut der Konzern wieder Direktleitungen von der Telefonzentrale bis zu den Haushalten.

Insgesamt waren Ende März 2023 rund 500'000 Glasfaseranschlüsse blockiert, die nur eine Zuleitung für mehrere Haushalte haben. Das sind 9 Prozent aller Haushalte. Die Swisscom will diese blockierten Anschlüsse nun teilweise umbauen.

Insgesamt sind in der Schweiz 43 Prozent der Haushalte mit den ultraschnellen Datenleitungen erschlossen. 100 Prozent wären laut Swisscom-Angaben 5,45 Millionen Anschlüsse.

Schnelles Internet in Randregionen – gegen «digitale Stadt-Land-Kluft»
Der Bundesrat will Randregionen mit dem Ausbau von schnellem Internet unterstützen. Laut der Regierung braucht es in der ganzen Schweiz eine zuverlässige Hochbreitband-Infrastruktur – auch dort, wo sich der Ausbau für die Betreiber nicht lohnt. Bis Ende Jahr sollen konkrete Umsetzungsvorschläge vorliegen.

Damit die ganze Bevölkerung und die Wirtschaft bestmöglich von der Digitalisierung profitieren können, soll eine möglichst flächendeckende Versorgung mit einem Gigabit pro Sekunde angestrebt werden, wie der Bundesrat am 28. Juni mitteilte. Dies ermögliche schnelles Internet für mehrere Benutzer und mehrere Geräte.

Dadurch solle eine digitale Stadt-Land-Kluft vermieden werden, hiess es weiter. Deshalb will der Bundesrat Randregionen und strukturschwache Gebiete mit einem staatlich befristeten Förderungsprogramm unterstützen.

Der Fokus der Strategie liegt auf dem Ausbau des Glasfasernetzes bis in die Wohnungen. Denkbar sei auch die Förderung anderer Technologien wie etwa Mobilfunk.

(dsc/sda/awp)

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Das muss man über Glasfaser-Internet wissen
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Das muss man über Glasfaser-Internet wissen
Mit dem Smartphone surfen wir über das Mobilfunknetz im Internet, und das dank 5G-Verbindungen schon sehr schnell. Aber was hat das mit der Glasfaser-Technologie zu tun?
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45 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ökonometriker
05.07.2023 12:00registriert Januar 2017
"Insgesamt sind in der Schweiz 43 Prozent der Haushalte mit den ultraschnellen Datenleitungen erschlossen."
Erschlossen gilt nur, wenn man auch effektiv ein FTTH Abo abschliessen kann. Ein Koax- oder DSL-Anschluss, der dann irgendwo in eine Glasfaserleitung geroutet wird, bietet nicht dieselbe Performance.

Das sind aktuell (Stand Q2 2022, Quelle OECD/ComCom) nur 26.6% der Haushalte effektiv mit Glasfaser erschlossen. OECD-Schnitt: 36%.
Vergleiche: Korea: 87.3%, Spanien: 81.2%, Schweden: 79.6%, Frankreich: 51.4%, Deutschland: 8.1%.

Die Schweiz versagt bei der Glasfaserinfrastruktur.
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Overton Window
05.07.2023 11:37registriert August 2022
Ja, die Swisscom. Letztes Jahr hat das EW meinen Garten umgegraben, um eine neue Anschlussleitung zu verlegen. Die Swisscom wurde darüber mehrfach von mir und vom EW-Planer informiert, sie sollen doch ein Rohr mit reinschmeissen, statt in ein paar Jahren ein paar tausend CHF aufzuwenden, um alles wieder aufzugraben.

Resultat: keinerlei Reaktion.
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Urs Kipfert
05.07.2023 11:36registriert Februar 2019
Der Titel suggeriert, dass "das Glasfaser-Schlamassel" früher als erwartet gelöst werden könnte. Das gilt aber nur für den juristischen Teil.

Der relevante Teil, also die Gräben aufzubaggern, Leitungen mit mehreren Glasfasern zu verlegen und im P2P-Verfahren anzuschliessen (statt dem günstigeren Point2MultiPoint*) wird noch eine ganze Weile dauern. Leidtragende sind all die erwähnten 500'000 Haushalte, die weiterhin auf schnelles Internet warten müssen.

* Gem. Fredy Künzler (Init7) betragen die Mehrkosten für P2P 50 bis 60 Franken pro Anschluss auf 30 Jahre (rund 2 CHF / Jahr / Anschluss).
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