Rund 1300 gefälschte iPhones aus Hong Kong – über 80 Prozent davon hatten einen Wasserschaden oder Batterieprobleme – sollen der 34-jährige Chinese Tian (Name geändert) und seine 56-jährige Mutter in Apple-Läden in der ganzen Schweiz in den Jahren 2015 bis 2019 gegen neue Geräte eingetauscht haben. Der laut dem Regionaljournal SRF Aargau-Solothurn schweizweit bisher einzig bekannte Fall wurde an zwei Tagen vor dem Bezirksgericht Baden behandelt.
Auch wenn Tian nicht der eigentliche Drahtzieher gewesen sei, sondern auf der ganzen Hierarchiestufe eher eine untergeordnete Rolle spielte, sei ihm an der Front nichtsdestotrotz eine wichtige Bedeutung hinzugekommen, sagte Gerichtspräsident Christian Bolleter bei der Urteilsverkündung am Dienstagabend.
Auch die Mutter hat Tian in seine Machenschaften hineingezogen, weshalb sie ebenfalls wegen gewerbsmässigem Betrug und Markenrechtsverletzung angeklagt war. Sie soll sich aber nur im Jahr 2016 daran beteiligt haben. Das Vorgehen: Die gefälschten iPhones waren mit geklonten, sogenannten IMEI-Nummern von Originalgeräten gekennzeichnet, die eine zusätzliche Garantie darstellen und einen Umtausch ermöglichen.
Dabei hilft den Betrügern, dass Geräte bei Wasserschäden nicht direkt im Laden geöffnet werden, weil zum Beispiel die Batterie explodieren könnte. Die so erhaltenen Original-iPhones schickte Tian an seinen Auftraggeber in China, den die Staatsanwaltschaft nicht ausfindig machen konnte. Für jedes Gerät erhielt Tian zehn Franken. In den vier Jahren kamen so 10?000 Franken zusammen, mit denen er einen Teil des Lebensunterhalts bestritt.
Aufgeflogen ist die Geschichte, weil beim Basler Zoll zwei Pakete mit 50 gefälschten iPhones hängen blieben.
Das Gericht verurteilte Tian zu dreieinhalb Jahren Gefängnis unbedingt wegen gewerbsmässigen Betrugs und gewerbsmässiger Markenrechtsverletzung. Er sitzt seit September 2019 in Untersuchungshaft. Da bei ihm Fluchtgefahr besteht, wurde Sicherheitshaft angeordnet. Nach Absitzen der Strafe muss er die Schweiz für sieben Jahre verlassen.
Bei seiner Mutter war sich das Gericht einig, dass sie nicht aus Profitgier handelte, sondern weil sie ihrem arbeitslosen Sohn ein eigenes Auskommen ermöglichen wollte. Trotzdem qualifizierte das Gericht ihr Vergehen als mittelschwer: Sie erhielt 12 Monate bedingt. Auch bei ihr sei eine beachtliche kriminelle Energie festzustellen, sagte Bolleter.
Die beiden Beschuldigten bestritten vor Gericht, gewusst zu haben, dass es sich bei den Geräten um Fälschungen handelt. Das sei eine reine Schutzbehauptung, fand das Gericht.
Apple trat als Privatklägerin auf, machte einen Schaden von über einer Million Franken geltend. Diesen Betrag schätzt das Bezirksgericht Baden allerdings als zu hoch ein, es geht von rund 100'000 Franken aus. Das Urteil kann noch angefochten werden.
(aargauerzeitung.ch)