Die EU-Wettbewerbshüter geben beim Bezahldienst Apple Pay keine Entwarnung. «Als wir uns den Fall vor einiger Zeit angeschaut haben, haben wir die für die Einleitung eines Verfahrens nötigen Beweise nicht gefunden», sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager der Nachrichtenagentur Reuters in einem Interview.
«Das schliesst aber nicht aus, dass wir uns das in Zukunft nicht noch einmal anschauen», sagte die Dänin. «Falls uns offizielle Beschwerden vorlägen, würden wir das ernst nehmen.» Schliesslich sei der gesamte Zahlungsmarkt sehr wichtig. Auch Amazon und Google bleiben im Blick der EU-Wettbewerbshüter, wie Vestager sagte.
Die dänische Wettbewerbsbehörde hat nach Beschwerden von Konsumentenschützern eine Untersuchung wegen Apple Pay eingeleitet. Kritiker bemängeln, dass Apple Pay beim Bezahlen per iPhone automatisch als Zahlungsmethode ausgewählt werde und der US-Konzern damit einen Wettbewerbsvorteil gegen andere Bezahldienste habe. Eine Apple-Sprecherin lehnte eine Stellungnahme zu Vestagers Aussagen ab.
Apple gibt die für das schnelle und einfache Bezahlen wichtige NFC-Schnittstelle auf dem iPhone für Anbieter anderer Bezahl-Apps nicht frei. Konsumentenschützer in verschiedenen Ländern haben deshalb eine Untersuchung der Wettbewerbsbehörden verlangt.
Apple Pay ist in rund zehn EU-Ländern verfügbar, seit heute auch in Deutschland. In der Schweiz ist der Bezahldienst des US-Konzerns seit längerem verfügbar und konkurriert primär mit Twint und Samsung Pay.
Bei der laufenden Untersuchung gegen Amazon wegen des Umgangs mit den Verkaufsdaten von Händlern auf der Amazon-Plattform seien die Wettbewerbshüter von Daten überflutet worden. «Wir haben keine Haufen, sondern Berge von Daten erhalten», sagte Vestager. Die Daten, die sowohl von Amazon selbst als auch von Marktteilnehmern gekommen seien, müsse man nun analysieren. Amazon verkauft über seine Internet-Seite nicht nur Waren aus dem eigenen Lager, sondern auch die von Drittanbietern. Die Kommission geht der Frage nach, ob und wie der weltgrösste Online-Händler die Verkaufsdaten Dritter auswertet, um die eigenen Verkäufe anzukurbeln.
Auch Google droht ein neues EU-Wettbewerbsverfahren - diesmal zu lokalen Suchangeboten. Dazu hat die Brüsseler Behörde Fragebögen an mehrere Konkurrenten des Internetkonzerns verschickt. «Wir stellen Fragen zur lokalen Suche», sagte Vestager. «Das ist ein sehr wichtiger Service. Viele Menschen nutzen ihr Handy oder ihr Tablet, um nach Restaurants, Öffnungszeiten, Museen, Ärzten und allen möglichen Dingen zu suchen», sagte Vestager. «Es könnte ein viertes Verfahren gegen Google geben, aber natürlich stellen wir unsere Fragen ergebnisoffen.»
(awp/sda/reu)