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Das wissen wir über Apples geheimen Deal mit Chinas Diktatur

Apple-Chef Tim Cook bei einem seiner China-Besuche im Jahr 2016. Damals fädelte er angeblich einen Multimilliarden-Deal ein, damit der iPhone-Hersteller ungestört geschäften konnte. Im gleichen Jahr i ...
Apple-Chef Tim Cook bei einem seiner China-Besuche im Jahr 2016. Damals fädelte er angeblich einen Multimilliarden-Deal ein, damit der iPhone-Hersteller ungestört geschäften konnte. Im gleichen Jahr investierte Apple eine Milliarde in den Uber-Konkurrenten Didi Chuxing.screenshot: twitter

Apple hat angeblich eine geheime Vereinbarung mit China – das musst du wissen

Apples CEO soll mit chinesischen Beamten einen Vertrag über 275 Milliarden US-Dollar unterzeichnet haben, um das Regime zu besänftigen.
09.12.2021, 13:3210.12.2021, 09:27
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Was ist passiert?

Das US-Medium The Information hat am Dienstag eine journalistische Bombe platzen lassen. Demnach steckt der US-Konzern Apple mit China unter einer Decke. Niemand Geringeres als Apples CEO Tim Cook habe mit dem Regime in Peking eine geheime Vereinbarung geschlossen.

Demnach wurde bereits 2016 eine bislang unter Verschluss gehaltene Vereinbarung mit Vertretern der chinesischen Regierung getroffen, berichtet The Information und beruft sich auf Insider und geleakte interne Dokumente.

China ist für Apple geschäftlich unverzichtbar geworden.
China ist für Apple geschäftlich unverzichtbar geworden.screenshot: theinformation.com

Um was geht es bei der Vereinbarung?

Das Ziel von CEO Tim Cook sei es gewesen, behördliche Massnahmen gegen sein Unternehmen zu verhindern. Im Zuge einer Vereinbarung habe Apple den Chinesen Investitionen in Höhe von 275 Milliarden Dollar in Aussicht gestellt. Im Gegenzug sicherte China dem US-Konzern «Unterstützung und Hilfe» staatlicher Stellen zu.

Das Übereinkommen galt gemäss The Information zunächst für fünf Jahre. Im Mai 2021 hätte es sich automatisch um ein weiteres Jahr verlängert, sofern keine Seite die geheime Vereinbarung aufgekündigt hätte. Anscheinend hätten sich die Vertragspartner dagegen entschieden.

Cook habe die Fünfjahresvereinbarung, über die zuvor nicht berichtet wurde, während des ersten von mehreren persönlichen Besuchen in China geschmiedet.

Apple habe laut Bericht zugesagt, chinesischen Zulieferern bei der Entwicklung fortschrittlichster Produktionstechniken zu helfen, mehr Hardware-Komponenten aus China zu beziehen und bei der Fortbildung von Arbeitern zu helfen.

Auch der Ausbau von Forschungseinrichtungen, Verkaufsgeschäften (Apple Stores) und Projekten rund um erneuerbare Energien sei auf Cooks China-Agenda gestanden.

Chen Baoying, center, one of the four protesters is frisked by police officers during a protest against an election committee that will vote for the city's leader in Hong Kong Sunday, Sept. 19, 2 ...
Das chinesische Regime geht mit aller Härte gegen die Demokratiebewegung in Hongkong vor. Und Apple hilft beim Ausbau der digitalen Diktatur mit, indem es Apps verbannt, die Zensur und Überwachung austricksen.Bild: keystone

Dem Deal waren erhebliche Probleme vorausgegangen, wie Beobachter in Erinnerung rufen: Anfang 2016 sei Apple plötzlich auf massiven Gegenwind aus China gestossen. Das war, noch bevor Donald Trump US-Präsident wurde und mit der Wirtschaftsgrossmacht China auf Konfrontation ging.

Was sind die Folgen?

Apple habe in China in den vergangenen Jahren wirtschaftlich besser abgeschnitten als die meisten vergleichbaren amerikanischen Techkonzerne, konstatiert Ars Technica. Seit Oktober sei Apple der umsatzstärkste Handyhersteller in China.

Der Bericht von The Information mache deutlich, dass dies zum grossen Teil auf Cooks Lobbyarbeit, Geschäftsabschlüsse und Beziehungsaufbau zurückzuführen sei.

«Tatsächlich war Cooks Stärke in diesem Bereich so entscheidend für den weltweiten Erfolg von Apple, dass einige Mitglieder der Apple-Führung sich Sorgen um den zukünftigen Erfolg des Unternehmens machen, falls Cook in Zukunft zurücktreten sollte.»
quelle: arstechnica.com

Laut Bericht macht China – wo das iPhone extrem populär ist – 19 Prozent des Gesamtumsatzes von Apple aus. Gemäss der Marktforschungsfirma Counterpoint Research ist Apple kürzlich sogar zur grössten Smartphone-Marke geworden.

Inwiefern spätere Zugeständnisse wie der Rauswurf von VPN-Apps aus dem chinesischen App Store und der Transfer von iCloud-Daten chinesischer Nutzer in chinesische Rechenzentren ebenfalls zu den geheimen Vereinbarungen gehören, bleibt gemäss Medienberichten unklar.

Zur Erinnerung: Im Mai 2021 berichtete die «New York Times», dass Apple weitreichende Zugeständnisse gemacht habe im Hinblick auf Datenschutz, Sicherheit und Zensur, um chinesische Regierungsbehörden nicht zu verärgern. Apple wies dies zurück und führte zur Verteidigung an, man müsse sich an die im Land geltenden Gesetze halten.

Bei Twitter sorgt nun der Enthüllungsbericht für heftige Reaktionen, insbesondere bei amerikanischen Usern. Apple habe Technologie nach China transferiert, von Sklavenarbeit profitiert und sich für die chinesische Regierung eingesetzt, kommentierte der Wirtschaftsexperte Matt Stoller. Tim Cook sollte sich «als ausländischer Lobbyist registrieren lassen».

Eine Stellungnahme von Apple liegt nicht vor.

Der US-Apple-Blog iMore kommentiert:

«Cook und Apple bleibt nichts anderes übrig, als den heutigen Bericht zu kommentieren. Transparenz ist nicht nur für Apple-Aktionäre und -Kunden von entscheidender Bedeutung, sondern für die breite Öffentlichkeit. Auf längere Sicht muss Apple genau prüfen, wo die Herstellung seiner Produkte stattfindet, und Änderungen vornehmen. Nein, das bedeutet nicht, sich ganz aus China zurückzuziehen. Es bedeutet jedoch, einen grösseren Teil der Produktion an andere Standorte weltweit zu verlagern.»
quelle: imore.com
Soll sich Apple geschäftlich aus dem Unrechtsstaat China zurückziehen?

Quellen

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93 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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s'Paddiesli
09.12.2021 15:07registriert Mai 2017
Zeig mir einen Milliardenkonzern, der nicht unethisch und amoralisch geschäftet. Der Kapitalismus bringt das Schlechteste im Menschen zum Vorschein.
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Kommissar Rizzo
09.12.2021 14:23registriert Mai 2021
Montagekapazität könnte man zu tieferen Löhnen in Südosteuropa (Ex-YU, Ungarn, Rumänien, Griechenland) aufbauen. Indonesien, Malaysia oder gar Indien wären auch Optionen. Vermutlich mittlerweile lohntechnisch sogar in den USA. Dafür müsste man nicht in China sein.
Ob man auf den Absatzmarkt verzichten will, ist wieder eine andere Frage.
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mrmikech
09.12.2021 14:26registriert Juni 2016
Bin gespannt was die China-Hasser, die zugleich Apple-Fans sind, jetzt zu sagen haben. Dilemma...
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