
Ein PR-Bild aus ruhigeren Zeiten: DPD-Mitarbeiter bei der Arbeit. Nun komme es zu sehr vielen Retouren, weil die Menschen mehr kauften, als sie brauchten, sagt der Chef.Bild: DPD
Der hiesige Chef des internationalen Logistikkonzerns DPD äussert sich wegen der Online-Rabatttage und der damit verbundenen Umweltbelastung kritisch.
23.11.2022, 09:4523.11.2022, 13:05
DPD-Schweiz-Chef Tilmann Schultze hat Rabatttage wie den Black Friday in einem aktuellen Zeitungsinterview als zu wenig nachhaltig kritisiert. Es komme zu sehr vielen Retouren, weil die Menschen mehr kauften, als sie brauchten. «Massnahmen, die hier entgegenwirken, sind nötig.»
«Als CEO freue ich mich für unsere Kunden, und als Onlineshopper freue ich mich über tiefere Preise. Als Bürger frage ich mich, wie nachhaltig solche Rabatttage wie Black Friday und Cyber Monday tatsächlich sind.»
quelle: tages-anzeiger.ch
Hilfreich sei, dass einige Onlinehändler kostenpflichtige Retouren eingeführt hätten. Als Chef eines Paketlieferdienstes freue er sich zwar über das gute Geschäft. Als Bürger müsse er sich angesichts des Klimawandels aber fragen, ob die Paketflut sinnvoll sei, so Schultze in einem «Tages-Anzeiger»-Interview vom Mittwoch. «Die Schweiz hat die höchste Retourenquote Europas, wie unser DPD-Barometer zeigt.»
Es sei aus Umweltschutzgründen nicht sinnvoll, dass Pakete mehrmals hin- und zurückgefahren werden.
«Auch wenn wir in den Städten in elektrische Fahrzeuge investiert haben: Diese Rabatttage sind teilweise wenig nachhaltig.»
Tilmann Schultze, DPD Schweiz
In der sogenannten «Peak Period» mit Rabatttagen und der Vorweihnachtszeit transportiert DPD laut Schultze 50 Prozent mehr Pakete als an anderen Tagen. Für den Black Friday rechnet er mit 180'000 Paketen. Von einer getrübten Konsumentenstimmung will er zudem nichts wissen: «Im Gegenteil: Das Weihnachtsgeschäft wird gut ausfallen.»
Wie geht es den einfachen Angestellten?
Zur angespannten Lage rund um die Rabatttage sowie vor Weihnachten sagt der DPD-Schweiz-Chef:
«Für Black Friday und Cyber Monday planen wir rund 7 Prozent mehr Personal ein, wobei wir auf Temporärangestellte zurückgreifen werden. Die Mitarbeitenden dürfen im November und Dezember, wo es sehr hektisch ist, keine Ferien beziehen. Sie können diese Überzeiten dann jeweils im Januar und Februar kompensieren. Hinzu kommt: Gearbeitet wird auch am Wochenende, und wir vom Management packen ebenfalls mit an.»
Alle Kuriere erhalten laut Tilmann Schultze «im Minimum die Mindestlöhne, welche im Gesamtarbeitsvertrag definiert wurden». Der effektive Stundenlohn sei dabei von mehreren Faktoren abhängig, wie der Region oder dem Alter. In Genf liege dieser Mindestlohn bei etwas über 24 Franken.
Im aktuellen «Tages-Anzeiger»-Interview nicht angesprochen wird die frühere Kritik der Gewerkschaften an den Arbeitsbedingungen, die der Logistikkonzern den Menschen bietet, die formell bei Subunternehmen angestellt sind.
«Machen wir uns tatsächlich mehr Sorgen um die Päckli, als um die Menschen, die sie austragen?»
Leserreaktion beim Tagi
Vor einem Jahr hatte die Schweizer Gewerkschaft Unia einen offenen Brief ans Unternehmen gerichtet, unterzeichnet von namhaften Politikerinnen und Politikern.
«Es ist nicht hinnehmbar, dass eine Firma, die dem französischen Staat gehört, in der Schweiz miserable Arbeitsbedingungen befördert und die Rechte der Beschäftigten mit Füssen treten lässt. Die Unia hat sich auch an die französische Muttergesellschaft GeoPost gewendet, und auf die Verletzung der Gewerkschaftsrechte im DPD-System in der Schweiz aufmerksam gemacht.»
quelle: unia.ch
Auf Anfrage teilt Marco Kaiser, Marketing- und Kommunikationschef der DPD (Schweiz) AG, mit:
«Die Kritik ist aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt. Wir haben uns zu diesen Vorwürfen im letzten Jahr geäussert und verweisen auf die damaligen Stellungnahmen in den Medien.»
Die «DPDgroup» gehört zur französischen La Poste Groupe, der zweitgrössten Postgesellschaft in Europa. Sie liefert gemäss eigenen Angaben im Durchschnitt täglich 8,4 Millionen Pakete in insgesamt 230 Länder und Gebiete weltweit.
Quellen
(dsc/sda)
watson-Kommentar zum Thema:
Momente, in denen der Pöstler einfach zu weit gegangen ist
1 / 20
Momente, in denen der Pöstler einfach zu weit gegangen ist
So werden Passagierflugzeuge für Frachtflüge genutzt
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
Die Berner Polizei will an der nationalen Nahost-Demo vom kommenden Samstag Präsenz markieren. Sie werde mit einem «sichtbaren Dispositiv» in der Berner Innenstadt im Einsatz stehen, teilte sie am Donnerstag mit.