In den USA musste ein Richter am Mittwoch die Online-Anhörung des 17-Jährigen, der beschuldigt wird, das «Superhirn» hinter dem jüngsten massiven Twitter-Hack zu sein, abbrechen. Dies, nachdem mehrere Personen in das per Zoom geführte Video-Meeting kamen, sich als Journalisten von CNN und BBC ausgaben und laute Musik und sogar ein Pornovideo abspielten. Die Unbekannten störten die Anhörung wiederholt. Dabei sollen auch rassistische Beschimpfungen gefallen sein.
Solche Angriffe auf schlecht geschützte Zoom-Meetings werden «Zoombombing» genannt. Mehrere Journalisten, die an der Videokonferenz teilnahmen, bestätigten den Vorfall.
They actually tried to restart the Zoom again, but it just got worse—with trolls impersonating journalists. (Warning: audio here contains racist epithets and profanity) pic.twitter.com/ph614SPLvc
— Jen Wieczner (@jenwieczner) August 5, 2020
Here was the zillionth interruption that finally resulted in the Judge announcing they will do a password protected @zoom_us in the future! pic.twitter.com/CXAh8Ns6XY
— Jen Wieczner (@jenwieczner) August 5, 2020
Laut IT-Sicherheitsexperte und Fachjournalist Brian Krebs war von Anfang an klar, dass es zu einem Fiasko kommen würde: «Das liegt daran, dass die Teilnehmer zwar standardmässig stummgeschaltet waren, es ihnen jedoch freistand, ihre Mikrofone wieder einzuschalten und ihren eigenen Bildschirm zu übertragen», schreibt Krebs. Der Richter hatte es offenbar verpasst, das Zoombombing mit den für die öffentliche Anhörung notwendigen Sicherheitseinstellungen zu verhindern. Der Richter hätte die Videokonferenz so einrichten sollen, dass zwar alle zuschauen, aber nicht ungefragt ihren Ton und ihren Bildschirm übertragen können.
Vor dem Gericht ging es um einen Antrag der Verteidigung, den Betrag der Kaution des Angeklagten zu senken, der auf 750'000 Dollar festgesetzt worden war. Die Anklage wollte verhindern, dass der Beschuldigte seine mutmasslich betrügerisch erworbenen Bitcoin-Erlöse für die Kaution nutzt.
Bei dem beispiellosen Twitter-Hack Mitte Juli waren die Konten zahlreicher Prominenter gekapert worden, darunter die des früheren US-Präsidenten Barack Obama, des Präsidentschaftskandidaten Joe Biden, des Microsoft-Gründers Bill Gates und des Tesla-Chefs Elon Musk. Auch Firmenkonten, etwa von Apple, wurden gehackt. Über die Accounts wurden Nutzer in Tweets dazu aufgerufen, Geld in der Kryptowährung Bitcoin auf ein bestimmtes Konto zu schicken – verbunden mit dem Versprechen, den Betrag doppelt zurückzuzahlen. Der Missbrauch der Prominenten-Accounts hat Fragen zu Twitters Sicherheitsmassnahmen aufgeworfen.
Letzten Freitag wurde der 17-jährige Graham Ivan C. in seiner Wohnung in der Stadt Tampa (Florida) festgenommen, wie Staatsanwalt Warren sagte. Er habe keinen Widerstand geleistet. Ihm werden unter anderem organisierter Betrug, Kommunikationsbetrug, Hacking und die betrügerische Verwendung persönlicher Informationen vorgeworfen. «Das war kein gewöhnlicher 17-Jähriger», wird Staatsanwalt Warren zitiert. «Das war ein komplexer Angriff einer Grössenordnung, wie es sie noch nie zuvor gegeben hat.» In US-Medienberichten ist von bis zu 40 Jahren Gefängnis die Rede. Der Hauptverdächtige soll mindestens zwei Komplizen haben.
(oli/sda)