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Kritik an Twitter: Störende Inhalte werden nicht ausreichend entfernt

IT-Anwalt kritisiert Twitter: «Sogar Abbildungen von Kindesmissbrauch bleiben stehen»

13.02.2023, 11:4013.02.2023, 15:19
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Twitter ist in Deutschland nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) verpflichtet, rechtswidrige Inhalte nach Meldungen von Usern zu entfernen. Einige Nutzerinnen und Nutzer haben das über den Zeitraum eines halben Jahres systematisch getestet. Die ersten Auswertungen würden nun zeigen, dass «selbst bei offenkundigen Straftaten Löschungen die absolute Ausnahme» seien, schreibt der IT-Rechtler Chan-jo Jun. Sogar Abbildungen von Kindesmissbrauch blieben stehen. Beschwerden zu Verleumdung und Beleidigungen würden innerhalb von Minuten abgelehnt.

Twitter setze auf schlechte Algorithmen oder mangelhafte Moderationsregeln und sei bisher damit durchgekommen, «da keine Sanktion zu erwarten war», schreibt Jun. Laut dem deutschen IT-Anwalt drohen Twitter nur dann Bussgelder, «wenn Systematik nachgewiesen wird». Bisher sei dies nicht der Fall gewesen. Mit dem sechsmonatigen Test wollen Twitter-User deshalb zeigen, dass Elon Musks soziales Netzwerk systematisch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz verletzte.

Der neue Twitter-CEO hatte kurz nach seiner Machtübernahme ganze Teams, die Fake-News und andere problematische Inhalte auf der Plattform identifizieren sollten, entlassen. Die «New York Times» berichtete danach, dass Twitter in den USA doppelt so lange brauche, um von verschiedenen Organisationen gemeldete Kinderpornografie-Inhalte zu entfernen.

Twitter hält sich kaum an Zusagen

Vergangene Woche stellte die EU-Kommission klar, dass Twitter seine Zusagen im Kampf gegen Desinformationen nicht erfülle. Die Brüsseler Behörde veröffentlichte am Donnerstag erstmals Berichte darüber, wie Google, Meta, Microsoft, TikTok, Twitter und andere Online-Plattformen Regeln eines freiwilligen EU-Verhaltenskodex umsetzen. «Ich bin enttäuscht, dass der Bericht von Twitter hinter den anderen zurückbleibt», sagte die zuständige EU-Kommissarin Vera Jourova.

Musk hatte zuvor persönlich versichert, man werde sich an die EU-Regeln zur Bekämpfung von Fake-News und Hassrede halten. Laut EU muss Twitter unter anderem deshalb seiner Verantwortung gerecht werden, weil Russland einen Desinformationskrieg führt.

Auch in den USA hat sich Twitter zu neuen Sicherheits- und Datenschutzprüfungen verpflichtet. Laut Technologie-Insiderdienst Platformer herrscht deshalb unter Twitter-Angestellten Besorgnis darüber, wie die verschärften Auflagen der Regulierungsbehörden eingehalten werden sollen. Seit Musk das Ruder übernommen hat, sei dies im Unternehmen zu einer Nebensache geworden, sagen die von Platfomer zitierten Angestellten. Seine Haltung sei im Grunde: «Leckt mich am Arsch, ihr Regulierungsbehörden».

In Deutschland ist das NetzDG, umgangssprachlich auch Facebook-Gesetz genannt, seit Oktober 2017 in Kraft. Es zielt darauf ab, «Hasskriminalität, strafbare Falschnachrichten und andere strafbare Inhalte auf den Plattformen sozialer Netzwerke wirksamer zu bekämpfen», schreibt das Bundesministerium der Justiz. Dazu zählten insbesondere «Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung, öffentliche Aufforderung zu Straftaten, Volksverhetzung, Gewaltdarstellung und Bedrohung».

(oli)

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