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Das passiert im Eishockey, wenn zu viele Spieler viel zu gut sind

SpektakelBlockade

Das passiert im Eishockey, wenn zu viele Spieler viel zu gut sind

Hohes Niveau, aber noch kein Drama. Kanada und Schweden bestreiten am Sonntag das Eishockey-Finale.
21.02.2014, 21:2122.02.2014, 18:05
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Die nordamerikanische National Hockey League (NHL) ist die wichtigste und beste und mächtigste und reichste Liga der Welt. Alle wichtigen Stars arbeiten in der NHL. Die besten Spieler alle in der gleichen Liga – das ist im Fussball völlig undenkbar

Wenn alle das Gleiche tun und alle gut sind, ist das Niveau hoch. Aber sind die Zuschauer restlos begeistert? Nein.

Die besten Spieler kommen alle aus der gleichen Liga. 
Die besten Spieler kommen alle aus der gleichen Liga. Bild: Keystone

Die Teams sind sich hier in Sotschi, weil eben alle Spieler aus der gleichen Liga (NHL) kommen, zu ähnlich. Das Hockey wird berechenbar, beinahe logisch. Die Freiräume sind gering, die Fehlerquote ist tief, das Drama, dessen Sauerstoff eben auch Fehler und Umstürze und die Auflösung der taktischen Ordnung sind, findet nicht mehr statt.

Ohne Fehler fehlen die Emotionen

In diesen beiden Halbfinals zwischen Schweden und Finnland (2:1) sowie Kanada gegen die USA (1:0) war die Blockade des Spektakels ganz besonders ausgeprägt. Auch deshalb, weil es ein europäisches (Schweden gegen Finnland) und ein nordamerikanisches (Kanada gegen USA) Duell war.

Oder wir können die beiden Männer-Halbfinals auch so auf einen Punkt bringen: Wenn zu viele Spieler zu gut sind, gibt es kein Drama, keinen «Big Bang». Im Finale der Frauen (Kanada gegen USA 3:2 n.V.) und im Bronze-Spiel der Frauen (Schweiz gegen Schweden 4:3) war mehr Drama, waren mehr Emotionen.

Im Frauenturnier gab es viel mehr Drama.
Im Frauenturnier gab es viel mehr Drama.Bild: Keystone

Berechnend und präzis wie Landvermesser

Die Schweden nahmen im ersten Halbfinale den Finnen die freien Räume und den Sauerstoff weg. Die spielerische Überlegenheit der Finnen verebbte in der zweiten Hälfte der Partie. Wieder einmal beklagten sie sich hinterher, sie hätten in einem wichtigen Spiel gegen die Schweden nicht ihr bestes Hockey gespielt. Aber die Schweden liessen es diesmal nicht zu – und den Finnen fehlte im Angriffsspiel der Mut zum letzten Risiko.

Vielleicht hätte dieser Mut den Sieg gebracht. Aber eben: Das Niveau war hoch, den Verteidigern unterliefen kaum Fehler und die Gefahr von schnellen Gegenstössen war gross.

Am Ende triumphierten die Schweden in einer ausgeglichenen Partie (25:26 Torschüsse) wieder einmal mit Eishockey, so berechnend und präzis gespielt als seien sie Landvermesser. Sie hatten sich auf dem Weg zum 2:1-Triumph nicht einmal durch das haltbare 0:1 irritieren lassen.

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Die emotionslosen Schweden lassen sich durch das unnötige 0:1 nicht aus der Ruhe bringen.GIF: SRF

Auch keine Freiräume im Nordamerika-Duell

Die Kanadier und die Amerikaner spielten direkter, härter, dynamischer und temperamentvoller. Sie kanalisierten ihr Offensivspiel eher in der Mitte. Deshalb war dieser zweite Halbfinal intensiver und ein wenig spektakulärer. Aber auch hier blockierte zu hohes Niveau den Unterhaltungswert.

Nicht einmal Ausnahmekönner wie Sidney Crosby (bei den Kanadiern) oder Patrick Kane (bei den Amerikanern) haben Freiräume gegen eine vierte Linie gefunden. Die grössten offensiven Künstler des Welteishockeys mussten sich jeweils mit den besten Ingenieure des Defensivspiels und mit zwei der besten Goalies der Welt auseinandersetzen (Jonathan Quick/USA und Carey Price/Ka).

Mit Price und Quick stellten sich den offensiven Zauberkünstlern zwei der besten Goalies der Welt entgegen.
Mit Price und Quick stellten sich den offensiven Zauberkünstlern zwei der besten Goalies der Welt entgegen.Bild: Keystone

Die Differenz liegt bei den Hockeygöttern

Der Sieg der Schweden kann mit ihrer traditionellen taktischen Überlegenheit, Ruhe und Gelassenheit erklärt werden. Den Erfolg der Kanadier können wir vom Ende her, mit dem Wissen, wie das Spiel ausgegangen ist, mit einer Spur mehr Mut zum Risiko, direkterem Spiel, einem leichten Chancenplus und der überragenden Leistung des Goalies (37:31 Torschüsse) erklären.

Olympia-Finals Eishockey
seit Einführung Playoff-Modus
seit 1998 mit NHL-Profis
1992 Russland (GUS) – Kanada 3:1


1994 Schweden – Kanada 3:2 n.P


1998 Tschechien – Russland 1:0


2002 Kanada – USA 5:2


2006 Schweden – Finnland 3:2


2010 Kanada – USA 3:2 n.V

Aber die Differenz zwischen diesen beiden Teams war in jedem Bereich so gering, dass wir auch sagen dürfen: Die Hockeygötter haben den Kanadiern den Sieg geschenkt. Es war viel Glück dabei. Es hätte auch umgekehrt ausgehen können. Zum ersten Mal seit die NHL-Profis mitspielen (Nagano 1998) hat mit Kanada ein Team zweimal hintereinander das Finale erreicht. Seit 1988 (UdSSR) hat nie mehr ein Olympiasieger seinen Titel verteidigt.

Weder die Partie Schweden gegen Finnland noch die Auseinandersetzung zwischen Kanada und den USA brachte einen «Big Bang», ein Spiel, das in die Geschichte eingehen wird. Vielleicht wird ja das Finale am Sonntag (13.00 Uhr) endlich eine solche Partie.

Eine Runde «Was wäre gewesen, wenn...»

Nun, da alle Viertel- und Halbfinals gespielt sind, können wir noch der Frage nachgehen: Hätte die Schweiz (im Achtelfinal mit 1:3 gegen Lettland gescheitert) eine Chance gegen die Grossen gehabt? Alternative Geschichtsschreibung («Was wäre gewesen, wenn…») hat ja durchaus ihren Reiz.

Die Schweizer Mannschaft vor dem Spiel gegen Schweden.
Die Schweizer Mannschaft vor dem Spiel gegen Schweden.Bild: freshfocus

Wir Schweizer neigen in der Regel dazu, unsere Gegner besser zu machen als sie tatsächlich sind – und uns kleiner. Die Gruppenspiele taugen nur bedingt zum Vergleich. Aber die Schweizer waren dazu in der Lage, die Schweden (0:1) zeitweise zu dominieren (31:26) Schüsse. Und wir hatten mit Jonas Hiller und Reto Berra zwei Weltklasse-Goalies. Wenn wir an der Belastung, einer der Grossen zu sein, gegen Lettland nicht zerbrochen wären, dann hätten wir im Viertelfinale gegen Kanada sehr wohl eine Chance gehabt. Das spielerische und taktische Niveau unserer Nationalmannschaft ist bei weitem besser als es der 9. Schlussrang vermuten liesse.

Aber eben: Am Ende des Tages steht die letzte Wahrheit immer oben auf der Resultatanzeige. Das ist auch für die USA und für die Finnen bitter.

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