Chris Baltisberger ist bei den ZSC Lions ein sogenanntes Urgestein. Trotzdem gibt es auch für ihn noch Premieren. Am Dienstag wird er erstmals eine Finalissima zuhause spielen. Das macht den Frust des verlorenen sechsten Spiels wett.
Die Enttäuschung ist Chris Baltisberger nicht ins Gesicht geschrieben. In den Playoffs muss man, so heisst es, ein kurzes Gedächtnis haben. Für den Schützen des 1:5 ist die 3:5-Niederlage in Lausanne und damit der vergebene erste Matchpuck bereits Minuten nach Spielende Vergangenheit.
Was er mitnimmt: ein gutes letztes Drittel und die Vorfreude auf einen entscheidenden siebten Match am Dienstag zuhause. Das hat er nämlich in vierzehn Saisons mit den ZSC Lions noch nie erlebt. «Jetzt haben wir endlich mal eines daheim, das ist doch geil», versichert er. «Und ganz ehrlich, für das Schweizer Hockey ist das doch gut.»
Dabei ist es nicht so, dass Baltisberger mit sieben Finalspielen keine Erfahrung hätte. 2012 gewann er in Bern dank Steve McCarthys Treffer 2,5 Sekunden vor Schluss, 2018 setzten sich die Zürcher in einer Finalissima in Lugano 2:0 durch, vor zwei Jahren gab es nach der 3:0-Führung in der Serie die bittere Niederlage in Zug. Auch seinen dritten Meisterkübel nahm Baltisberger in der Ferne in Empfang. 2014 war immerhin die Rückreise nach nur vier Spielen gegen Kloten nicht weit.
Einen Titel zuhause hat er immerhin einmal erlebt – 2008 als 16-jähriger Fan im Hallenstadion. «Ich erinnere mich noch gut», erzählt er jetzt. «Es wurde sehr spät, am nächsten Tag habe ich verschlafen und verpasste die Schule.»
Nun wird es am Dienstag erstmals in der neuen Arena in Zürich-Altstetten eine Finalissima geben. «Wir haben uns das verdient», betont Chris Baltisberger, der in den Finalspielen 3 und 4 noch auf der Tribüne schmorte, nun aber anstelle des verletzten Rudolfs Balcers in die Paradelinie mit Denis Malgin und Sven Andrighetto aufrückte. «Deshalb haben wir die Qualifikation gewonnen, um diesen Heimvorteil zu haben.»
Wie viel dieser wert ist, zeigt diese Finalserie deutlich. Alle sechs bisherigen Spiele wurden vom Heimteam gewonnen. Das wollen die ZSC Lions natürlich am Dienstag so beibehalten. «Wir müssen uns darauf besinnen, was uns stark macht, dem Puck mehr Sorge tragen und an das letzte Drittel anknüpfen», sagt der gebürtige Aargauer und frühere Lions-Junior.
Ob ihr bester Verteidiger Yannick Weber oder Balcers, die nach ihren in Spiel 5 erlittenen Verletzungen doch schmerzlich fehlten, wieder dabei sein könnten, kann oder will Baltisberger nicht sagen. «In den Playoffs ist alles möglich», meint er – wie später auch sein Coach Marc Crawford.
Ein Meistertitel zuhause wäre besonders süss. Und während man auf dem Eis mit den feiernden Lausanne-Fans auf der Tribüne sein eigenes Wort kaum versteht, meint Chris Baltisberger trocken: «Doch, das ist nicht schlecht. Aber bei uns ist es schon noch ein Spürchen mehr.» Er hat es mit in der Hand, ob die Prognose eintrifft.
Noch einmal ist die Lausanner Festhütte voll und in Feierlaune. Dank eines – je nach Sichtweise – traum- oder albtraumhaften Mitteldrittels feierten die Fans in der Vaudoise Aréna gestern ein weiteres Mal.
«Ich dachte, ich höre meine Frau auf dem Sofa schreien», erzählt Cody Almond nach dem 5:3-Sieg, mit dem Lausanne gegen die ZSC Lions eine Finalissima am Dienstag erzwingt. Es kann nur in seinen Gedanken gewesen sein, denn in der mit 9600 Fans rappelvollen Vaudoise Aréna verstand man sein eigenes Wort nicht mehr.
Mit seinem Tor zum 3:0 war Almond mittendrin im Sturmlauf, der die Lausanner innerhalb von 16 Minuten vom 1:0 zum 5:0 brachte. Der Kanada-Schweizer schwebt derzeit auf Wolke sieben, denn er ist eben zum zweiten Mal Papa geworden. «Vielleicht habe ich sogar mein Baby schreien gehört», meint er danach schmunzelnd. «Ich hoffe es nicht.» Klar ist, dass das zweite Drittel vor diesen Fans «ein unglaubliches Gefühl» gewesen sei.
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— Lausanne Hockey Club (@lausannehc) April 28, 2024
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Cody Almond gibt derweil zu, dass man am Ende der gestrigen Partie wohl etwas zu sehr in den «Verwaltungsmodus» geschaltet habe, um Energie zu sparen. Das wird es am Dienstag definitiv nicht mehr geben. Dann gibt es nur noch alles oder nichts. Die Vaudoise Aréna wird auch dann noch mal voll sein, um beim Public Viewing dabei zu sein – und wenn die Mannschaft dann zu später Stunde vielleicht mit dem ersten Meisterpokal der Vereinsgeschichte heimkehrt.
(kat/sda)