Ich liebe Frauen. Und Jahresrückblicke. Und macht mich das zurück liegende Jahr der Frau irgendwie glücklich? Ansätze sind vorhanden. Ich finde, Frauen haben sich im vergangenen Jahr besser verhalten als im vorvergangenen. Da fand ich sie eine Spur zu oft zu albern. Jetzt finde ich es bloss keine besonders gute Idee, dass sich Daniela Katzenberger fortpflanzt. Aber wer weiss, vielleicht wird sie eine richtig gute Mutter. Wir werden ihr bestimmt dabei zuschauen müssen.
Dass Sexismus und Medien so selbstverständlich einhergehen, das passt mir auch nicht. Dass wir versumpfen in der 50er-Jahre Softerotik von Mama-Blogs, Beziehungs-Blogs, Einrichtungs-Blogs, Fitness-Blogs. Dass Frauen aber auch oft selbst so dumm sind, sich über offensiven Nacktkram zu definieren.
Ich ziehe Büsis Busen vor. Büsis sind die medialen Wappentiere einer neuen Emanzipations-Welle. Die neuen Seite-Drei-Girls. Da werden alle kollektiven, emotionalen Reflexe auf ein Tier geleitet, das als schlau, schnell, souverän gilt. Es könnte Dümmeres geben. Aber manchmal komm selbst ich nicht um so einen gut gepumpten Busen herum.
Gefreut habe ich mich über all die jungen Frauen, die sich unverfroren hinstellen und sagen: «Ich bin eine Feministin.» Das haben junge Frauen vor ihnen nicht gerne getan. Sie sagten immer: «Hm, wahrscheinlich bin ich im Grunde schon eine Feministin, aber ich mag das Wort nicht, das klingt so hart.» Eine Emma Watson, eine Lena Dunham, eine Taylor Swift, eine Beyoncé haben damit kein Problem.
Nun kann man bei ihnen wie bei jeder radikalen Absichtserklärung von privilegierten Menschen sagen, es handle sich doch bloss um eine Salon-Variante des Strassenkampfs. Das stimmt zwar streng genommen, aber noch strenger genommen braucht es neben dem Strassenkampf doch genau auch diese Mainstream-Idole. Beide Seiten sind auf ihre Art subversiv. Und es braucht sie wirklich, denn gesamtgesellschaftlich kommen wir nicht vom Fleck.
Letzte Woche fanden die Amerikaner heraus, dass es in den Chefetagen von 1500 amerikanischen Firmen gut doppelt so viele Männer mit den Vornamen John und David gibt wie Frauen insgesamt. Ein trister Witz. Und der Chefredaktor des Zürcher «Tages-Anzeigers», Res Strehle, sagte neulich in einem Interview, dass die (von ihm erfundene) Erhöhung des Frauenanteils beim «Tages-Anzeiger» die Flexibilität bei den Personalprozessen doch erheblich belaste. Frauen fehle eben einfach die «Erfahrung». Wie soll man sie da ernsthaft fördern?
Bestimmt gibt es irgendwo eine Messeinheit für Erfahrung, irgendeinen «experience value». Da würde ich gerne mal sehen, was mehr nach oben ausschlägt: Ein paar Management-Kurse oder ein Kind zu bekommen. Nur so als Vorschlag.
Und ja, bei watson gibt’s nach oben hin auch keine Frauen. Also null Frau. Es kann also auch da noch besser werden, aber es ist weit mehr als okay, gerade klimatisch. Für Insider: Es ist sowas wie die gelebte «Big Bang Theory». Inklusive hochbegabter Frauen. Und minus Sheldon Cooper.
Ich rede nur von hier. Von diesem westlichen Ende der Welt. Und besonders von diesem glückseligen Europa. Wo es neben dem softerotischen Sexismus der bequemen Argumente und der weichen Weiblichkeit auch den ganz brachialen Sexismus noch zur Genüge gibt. Wo laut WHO-Studien bloss jede dritte Frau irgendwann in ihrem Leben sexuelle Gewalt erlebt. Wo besonders unabhängig lebende Frauen bloss zwei bis drei Mal in ihrem Leben Gefahr laufen, belästigt oder vergewaltigt zu werden. Hier, wo es uns richtig verrückt gut geht. Aber noch nicht gut genug.
Schönen Frauentag, liebe Ladies. Die Strasse gehört heute uns. Und der Salon. Und morgen ebenfalls. Denn wir geben nicht auf.