Über zweihunderttausend Franken. So viel hat ein Telefonbetrüger Ende September ergaunert. Und das von einer 34-Jährigen, wie die Kantonspolizei Zürich diesen Montag mitgeteilt hat.
Mehrmals täglich hat ein Unbekannter die Frau aus dem Bezirk Horgen angerufen. Er gab sich als Mitarbeiter von Interpol aus. Ihre Personalien seien gestohlen und damit diverse Betrugsdelikte begangen worden, behauptete dieser. Nun drohe ihr Gefängnis. Ausser, sie arbeite mit den Behörden zusammen und überweise Geld auf ein «sicheres Konto».
Die Frau ist kein Einzelfall. Über acht Millionen Franken haben Telefonbetrüger 2023 bereits ergaunert, wie die Schweizerische Kriminalprävention SKP schreibt. Das sind über 2800 Schockanrufe oder Enkeltrickbetrüge – dreimal so viele Fälle wie im letzten Jahr.
Beunruhigend: «Jüngere sind ebenfalls betroffen, wenngleich der Fokus auf Senioren liegt», sagt Beatrice Kübli, Projektleiterin bei der Schweizerischen Kriminalprävention SKP, zu watson. «Auch 20- oder 30-Jährige können Opfer werden.»
Die Betrüger seien oft gut vorbereitet und «haben zuvor beispielsweise via Social Media über die Person recherchiert». So wüssten sie etwa, wenn die Eltern gerade im Ausland in den Ferien seien. «Und das nutzen sie aus», sagt Kübli.
Wir alle hinterliessen so viele Daten im Netz, dass es für Betrüger ein Leichtes sei, an persönliche Informationen zu kommen. Besonders verbreitet sei der sogenannte Schockanruf. «Die Betrüger geben sich etwa als Chefarzt einer Klinik aus und wollen Geld für eine Notoperation der verunfallten Angehörigen.» Die Betrugsgeschichten gleichen sich, sagt Kübli, «egal ob bei jung oder alt». Je nach Situation variiere die Person in vermeintlicher Not, mal sei es die Mutter, mal der Sohn.
«Und ja, das funktioniert auch bei Jungen», sagt Kübli. Im Schock und im Ausnahmezustand sind laut Kübli alle leichtgläubiger und denken weniger rational. Doch sie würden weniger häufig reingelegt. «Generell gilt: Junge lassen sich von Autoritäten weniger schnell einschüchtern», sagt Kübli. «Ein Anruf von einem Chefarzt oder Staatsanwalt beeindruckt eine 35-Jährige weniger als eine 70-Jährige.»
Es begann im Juni mit einer Nachricht auf dem Messenger Signal, erinnert sich die 69-jährige Monika Egli aus Zürich. Die Nummer: unbekannt. Auf Schweizerdeutsch stand sinngemäss:
«Hoi Mami, ich habe mein Handy verlegt. Kannst du mir auf diese Nummer auf WhatsApp schreiben?»
Sie habe sich nicht viel überlegt und das gemacht, sagt Egli, Mutter zweier erwachsener Söhne.
«Mami, mir ist es schaurig peinlich, aber ich habe ein Anliegen. Ich schäme mich etwas, dich zu fragen.»
Dann habe, so Egli, die Person nochmals in zwei Nachrichten in diese Richtung rumgedruckst. Sie habe geantwortet, sie solle endlich sagen, was los sei.
«Ich muss zwei Rechnungen zahlen. Ich gebe dir das Geld sofort am Montag zurück.»
Egli habe nachgefragt, um wie viel Geld es gehe.
«Einmal 4400 Franken. Und einmal 3600 Franken. Ah, und Mami, ich wäre froh, wenn es unter uns bleiben könnte. Weil es mir eben peinlich ist.»
Da sei sie das erste Mal stutzig geworden. «Das ist viel Geld. Zwar veranstaltete einer meiner Söhne zu dieser Zeit gerade ein Pop-up-Restaurant mit Freunden. Dass er Rechnungen zahlen musste, war realistisch», sagt Egli. Doch diese Art, nach Geld zu fragen, habe nicht zu ihrem Sohn gepasst. Egli wollte die Sache zuerst mit dem Ehemann besprechen. Darum schlug sie dem vermeintlichen Sohn vor, zu telefonieren – worauf nur zurückkam:
«Wie viel Geld könntest du mir denn überweisen?»
Als Eglis Mann von der Geschichte erfuhr, habe er sofort auf die echte Nummer des Sohnes angerufen. «Zum Glück hat dieser abgenommen, und so ist der Schwindel aufgeflogen.» Egli hat die Nummer blockiert, bei WhatsApp gemeldet und schliesslich gelöscht.
Am nächsten Morgen kam eine Nachricht. Wieder von einer unbekannten Nummer.
«Mami?»
Diese neue Nachricht hat Egli wiederum sofort gemeldet, den Kontakt blockiert und gelöscht.
Noch heute macht es Egli nachdenklich, wenn sie an den Vorfall zurückdenkt. «Das war schon dreist, ich war ziemlich erschüttert», sagt sie.
Was Egli erlebt hat, passt in ein Muster. Beinahe vier von fünf Menschen über 55 haben laut einer aktuellen Studie von Pro Senectute in den letzten fünf Jahren einen Betrugsversuch erlebt. Knapp ein Fünftel der Befragten fielen gemäss der Erhebung einem Betrug zum Opfer.
Am meisten überrascht hat Peter Burri Follath von Pro Senectute: «Uns ist die deutliche Erhöhung der jährlichen Schadenssumme um zwei Drittel gegenüber 2018 aufgefallen – von 400 auf 675 Millionen Franken», sagt er zu watson.
Er stelle eine Diskrepanz zwischen der öffentlichen Wahrnehmung und den effektiv begangenen Straftaten fest: In den Medien sei oft von Enkeltrick und falschen Polizisten zu lesen.
Am meisten Schaden verursache der Missbrauch einer Vertrauensbeziehung durch eine Fachkraft. Und der Missbrauch einer Vollmacht beziehungsweise des Zugangs zu einem Bankkonto.
Kübli von der Schweizerischen Kriminalprävention empfiehlt genau das, was Eglis getan haben: «Das Telefon auflegen und bei den Angehörigen nachfragen.»
Und beim Fall 1 der 34-Jährigen und dem falschen Interpol-Mitarbeiter rät sie, sich nicht unter Druck setzen zu lassen. Weiter gelte es, betrügerische Anrufe zu unterbrechen. Und: niemals Geld zu überweisen oder an der Türe zu übergeben.
Zuletzt sei es wichtig, solche Anrufe – und auch Betrugsversuche – umgehend der Polizei zu melden.
als ich den Anruf entgegen nahm, „antwortete“ eine Art Tonband.
auf Englisch wurde mir mitgeteilt das ein Paket an der Grenze abgefangen wurde auf meinen Namen und das dieses besagte Paket Drogen beinhalte etc. blabla.
für ein Gespräch mit einem Polizeibeamten solle ich die 1 drücken.
habe selten so gelacht!