Muslime aus aller Welt reisen nach Syrien und Irak, um in den Reihen der IS-Terrormiliz zu kämpfen. Unter ihnen auch dreihundert chinesische Staatsbürger. Sie gehören zu den Uiguren, einer muslimischen Minderheit, die von der chinesischen Regierung mit immer härteren Mitteln unterdrückt wird.
Die Uiguren sind seit 1000 Jahren in der Provinz Xinjiang im Westen Chinas zu Hause. 1949 waren 82 Prozent der Bevölkerung in Xinjiang Uiguren. Im Jahr 2010 machen die 10 Millionen Uiguren nur noch 46 Prozent der Bevölkerung aus. Sie werfen der chinesischen Regierung vor, die Region gezielt mit Han-Chinesen zu überschwemmen und diese wirtschaftlich zu bevorteilen.
Das und der Wunsch nach Unabhängigkeit führte zu Protesten, die immer gewalttätiger wurden. In den letzten zwei Monaten wurden bei Unruhen mehr als 200 Menschen getötet – China spricht von «Terrorismus». Bei Strassenschlachten im Juli 2009 starben 180 Menschen, die meisten von ihnen Han-Chinesen – es waren die schwersten Krawalle seit der Kulturrevolution. Im vergangenen August starben bei Unruhen fast 100 Menschen.
Als Antwort darauf begann die Zentralregierung, die Uiguren in ihrem muslimischen Glauben stark einzuschränken. Letztes Jahr versuchte sie, die Uiguren während des Ramadans zum Essen zu bringen: Man zwang Uni-Studenten während der Fastenzeit mit ihren Professoren zu essen. Moscheen werden geschlossen. Schnäuze und Bärte wurden verboten. Und Frauen dürfen keine Kopfbedeckung mehr tragen.
Diese Massnahmen, die den muslimischen Separatismus ausmerzen sollen, könnten den gegenteiligen Effekt haben: Dass sich immer mehr Uiguren radikalisieren. Der Schleier war vor zehn Jahren kaum zu sehen, jetzt ist er zum wichtigen Symbol des Widerstandes und der religiösen Selbstbestimmung geworden.
Auch der Terror nimmt in der angespannten Situation zu:
Die Spannungen bringen viele Muslime dazu, China zu verlassen. Gemäss Bloomberg leben 260'000 Uiguren in Kasachstan, das Portal Al-Monitor berichtet, 6000 Uiguren lebten «unter erbärmlichen Bedingungen» in der Türkei. Und nun gibt es für die Vertriebenen ein neues Ziel, an dem sie sich religiöse Freiheit erhoffen: den Islamischen Staat.
Nicht immer finden sie dort, was sie suchen. Al-Monitor etwa berichtet von einer Familie, die nach Rakka, der «Hauptstadt» des Islamischen Staates, geflüchtet ist. Die Verhältnisse dort seien aber drastisch anders gewesen, als man es ihnen erzählt habe, also seien sie in die Türkei zurückgeflüchtet.
Nicht allen ist das vergönnt. Die IS-Miliz machte jüngst damit Schlagzeilen, dass sie abtrünnige Kämpfer aus den eigenen Reihen tötet. Gemäss Medienberichten wurden auch drei aus China stammende Kämpfer hingerichtet, die wieder fliehen wollten.