Hersteller Saab sei auf Dauer nicht in der Lage, eigene Kampfflugzeuge zu produzieren. Dafür sei die schwedische Rüstungsindustrie zu klein, Fusionen und Kooperationen daher unausweichlich. Das sind die Kernaussagen des schwedischen Militärexperten Robert Dalsjö, welche «Die Nordwestschweiz» am Freitag publik gemacht hat.
Seither laufen die Drähte zwischen Saab, dem Verteidigungsdepartement (VBS) in Bern und der schwedischen staatlichen Rüstungsagentur FXM heiss.
Bereits am Wochenende wies Mike Helmy, Kommunikationsverantwortlicher von Saab in der Schweiz, darauf hin, dass die Zweifel des schwedischen Militärexperten jeder Grundlage entbehrten. Saab sei ein erfolgreiches Exportunternehmen – bis zu 70 Prozent der Aufträge kämen aus dem Ausland. «Wir rechnen mittelfristig mit 300 bis 450 verkauften Gripen, und auch die übrigen Divisionen von Saab sehen einer glänzenden Zukunft entgegen», schreibt Helmy in einer Stellungnahme.
Gestern Montag sah sich – nach Bitten aus der Schweiz – auch die Rüstungsförderungsagentur FXM zu einer Reaktion veranlasst: Den Gripen-Vertrag habe die Schweiz nicht mit Saab, sondern mit der schwedischen Regierung abgeschlossen. Kurz: «Der schwedische Staat garantiert den Vertrag», schreibt das Unternehmen in einer Mail. Schweden habe einen strategischen Entscheid gefällt, bis mindestens 2040 auf den Gripen zu setzen. 60 Kampfjets seien schon länger bestellt. Der Auftrag wurde kürzlich um zehn Flugzeuge aufgestockt.
Das VBS drückte bereits letzte Woche Saab sein vollstes Vertrauen aus. «Saab hat gute Aussichten, weitere substanzielle Aufträge zu realisieren, was nicht bei allen Kampfflugzeuganbietern der Fall ist.» Der französische Rafale-Hersteller Dassault habe etwa noch keinen einzigen Exportvertrag unterzeichnet. Und auch das Eurofighter-Konglomerat EADS habe mit wenigen Bestellungen zu kämpfen. Der Gripen hingegen werde in mehreren Ländern neu evaluiert.
Die optimistische Einschätzung des VBS wird indes in der Schweizer Luftfahrtindustrie nicht überall geteilt. Seit Anfang 2014 sei eine beispiellose Kampagne für den Gripen im Gang, heisst es in einem unveröffentlichten Dokument, das der «Nordwestschweiz» vorliegt. Selbst wenn Brasilien und die Schweiz den Gripen kauften, sei die Produktionszahl von etwa 120 Flugzeugen viel zu tief. Unverständlich sei auch, dass die Schweizer Industrie an der Entwicklung des Gripen E nicht partizipieren könne. Entsprechende Wünsche seien von Schweden abgewiesen worden.
Die Kritik ist auch grundsätzlicher Natur: Die Zusammenarbeit mit den entfernten Skandinaviern sei «operationell nutzlos». Potenziell gefährliche Flugobjekte müssten weit vor der Grenze entdeckt und identifiziert werden. Dazu gehörten Frühwarneinrichtungen, multinationale Führungseinrichtungen, elektronische Aufklärung und Kriegsführung, Tankerflugzeuge und miteinander verzahnte Einsatzmittel. Ohne enge Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten sei dies nicht zu machen.