«Es ist unbeschreiblich», sagt die Zürcherin Anil Akman. «Dieser Sieg bedeutet uns Kurden alles». Die 22-jährige Halb-Kurdin aus der Schweiz reiste im Herbst letzten Jahres selber nach Suruç, um den erbitterten Kampf der Kurden gegen den Islamischen Staat in Kobane zu dokumentieren. «Wir wussten, dass es gut läuft, dass es aber plötzlich so schnell geht, konnten wir nicht ahnen», sagt sie am Dienstag gegenüber watson.
Am Montagabend strömten dutzende Kurden Zürichs auf dem Helvetiaplatz zusammen, um den Sieg der Volksbefreiungseinheiten (YPG) zu feiern. «Die Stimmung war ausgelassen, es gab Feuerwerk und wir tanzten», sagt Akman, die in diesen Tagen jedes neue Bild aus Kobane auf Social Media-Kanälen in sich aufsaugt.
«Für die Kurden wurde Kobane zu einem Symbol», sagt Akman. «Es geht nicht nur um diese Stadt, es geht um das Selbstbewusstsein der Kurden, die immer vertrieben und unterdrückt wurden. Jetzt haben sie ihr Gebiet zurückerobert, ein Ort wo sie ihre Sprache sprechen und ihre demokratische Lebensweise verwirklichen können.» Den Kurden in der Türkei war es lange Zeit verboten, ihre Sprache zu benutzen.
«Nun wollen wir erstmal feiern», sagt die Zürcherin Anil Akman gegenüber watson. «Dann wird aber der harte Wiederaufbau beginnen. Man kann davon ausgehen, dass die Stadt praktisch unbewohnbar ist.» Eine ganze Infrastruktur müsse neu aufgebaut werden.
Akman ist sich jedoch sicher, dass das solidarische Netz der Kurden auch den Wiederaufbau tragen wird. «Ich kenne Menschen, die bereits jetzt ihre Abreise planen, um beim Wiederaufbau helfen, oder Flohmis zum Geld sammeln organisieren.»
Auch der Kurde und Coiffeur-Laden-Besitzer Ghamkin Saleh freut sich mit, «aber vorsichtig», sagt er. «Dieser Sieg macht Hoffnung, ich glaube aber nicht, dass damit der Islamische Staat besiegt ist. Kobane sei eine kleine Stadt, der IS besetze immer noch grosse Gebiete. Die Gefahr sei noch nicht gebannt, meint er.
Dennoch hofft Saleh auf ein freies Kurdistan. «Ich träume immer noch von einem politisch und kulturell unabhängigen Land für mein Volk. Wir brauchen eine Heimat, damit ich meinen Kindern sagen kann, woher wir kommen.»