Bürokratie ist nicht unbedingt etwas Schlechtes, man muss sie nur für sich zu nutzen wissen. Das könnte der Schluss eines indischen Beamten sein, der sich 24 Jahre lang um die Arbeit gedrückt haben soll, bis er nun endlich entlassen wurde.
1990 nämlich hatte sich der leitende Ingenieur des Ministeriums für Stadtentwicklung in Neu Delhi krankgemeldet. Und ist seither nicht mehr zum Dienst erschienen. Vor dem langen Ausfall hatte er bereits zehn Jahre bei der Behörde gearbeitet.
Das Ministerium informierte diesen Donnerstag über seine Entlassung. In der Zwischenzeit war die Behörde durchaus nicht untätig gewesen, so deren eigene Darstellung. Nachdem der Beamte seine Berurlaubung anfangs immer weiter verlängert hatte, wiesen ihn Vorgesetzte mehrfach an, endlich zur Arbeit zu erscheinen. Doch dann dauerte es bis 1992, bis er der «vorsätzlichen Abwesenheit vom Dienst» für schuldig befunden wurde.
Im Ergebnis änderte das erst mal nichts. Der Ingenieur blieb offiziell weiter im Dienst, kam immer noch nicht zur Arbeit - 15 Jahre lang. 2007 schliesslich wurde ein formelles Entlassungsverfahren gegen ihn eingeleitet. Doch auch das zog sich hin. Bis heute. Stadtentwicklungsminister Venkaiaj Naidu selbst ordnete die Entlassung an.
Mit ihren Beamten sind viele Inder Kummer gewohnt, der Ruf der Verwaltung ist traditionell schlecht. Behördenmitarbeiter kommen demnach dauernd zu spät zur Arbeit, machen lange Mittagspausen und vergnügen sich im Dienst mit anderen Dingen, zum Beispiel mit Golfspielen. 2012 stufte eine in Hongkong ansässige Beratungsfirma die indische Bürokratie als die schlechteste aller grösserer asiatischer Staaten ein.
Als Indiens Regierungschef Narendra Modi im Mai nach seinem Wahlsieg nach Neu Delhi zog, sei er geschockt gewesen, berichtet er oft: Die Zustände auf den Behördenfluren waren schlimmer, als er je gedacht hätte. Seither besuchte Modi immer wieder unangemeldet Regierungsstellen. (mamk/afp/dpa)