Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hat die Taliban in Afghanistan aufgefordert, Mädchen den Besuch von Schulen ab der 7. Klasse wieder zu erlauben.
Bildung sei ein fundamentales Menschenrecht. Dieses müssten auch die Taliban wahren, fordert die Generalsekretärin von AI, Agnès Callamard, am Donnerstag in einem Bericht. Der Bericht enthält Schilderungen von betroffenen Mädchen zur Lage im Schulsystem seit der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban Mitte August. So wird z.B. die 16-jährige Khalida zitiert: «Mädchen, wie ich, wollen Anführerinnen werden».
AI forderte die Taliban auf, Einschüchterungen, Gewalt und Drohungen an Schulen einzustellen.
Nach der Machtübernahme hatten die Taliban Schülerinnen der 7. bis 12. Klasse den Schulbesuch untersagt mit der Begründung, sie dürften den Unterricht wieder aufnehmen, sobald ein «sicheres Lernumfeld» geschaffen sei.
Seitdem haben sie allerdings nicht erklärt, wie lange dies dauere. Die Befürchtung wächst, dass die Taliban die Schulen nie wieder für Mädchen ab der 7. Klasse öffnen könnten. Jungen dürfen landesweit seit dem 17. September wieder in die Schulen gehen.
Die Universitäten dürfen junge Frauen besuchen, allerdings nur nach Geschlechtern getrennt.
AI hatte für den Bericht mindestens 33 Lehrkräfte, Schüler und Schülerinnen sowie örtliche Aktivisten in neun Provinzen befragt. Dabei sei herausgekommen, dass die Taliban Mädchen bedrängten und einschüchterten, um sie vom Schulbesuch abzuhalten. Junge Frauen setzten aus Angst vor den Taliban ihr Studium nicht fort, heisst es weiter. Nach Angaben von AI bedrohen die Taliban ferner Lehrkräfte, die unter der vorherigen Regierung unterrichtet hatten.
Obwohl Grundschüler in die Schule dürften, sei die Anwesenheitsrate wegen der Gewalt der Taliban in allen Klassen niedrig, vor allem bei Mädchen. So gebe es Familien, die ihre Mädchen nicht in die Grundschule schickten aus Angst, die Taliban könnten sie schlagen.
Während der ersten Herrschaft der Taliban von 1996 bis 2001 waren Frauen und Mädchen vollständig von Bildung und Arbeit ausserhalb ihres Hauses ausgeschlossen.
AI zufolge haben die Taliban auf die Bitte um Stellungnahme zu dem Bericht nicht reagiert. (yam/sda/dpa)