Sie ist eine der letzten ausländischen Journalistinnen in Afghanistan: Clarissa Ward. Die erfahrene Kriegsreporterin erlebte bereits mehrere Konflikte – darunter den russischen Einmarsch in Georgien, den syrischen und libanesischen Bürgerkrieg und nun die Machtergreifung der Taliban.
Am Sonntag noch berichtete Ward vom Studio aus, unverschleiert, wie die Taliban immer näher auf Kabul vorrückten. Am Tag darauf kam ihr nächster Bericht: Nun verschleiert von den Strassen Kabuls, im Hintergrund sind immer wieder Taliban-Kämpfer zu sehen, die die Strassen patrouillieren.
Die Kombination der beiden Aufnahmen erreichte als Meme hunderttausende im Netz und steht sinnbildlich für die repressiven Ansichten der radikalen Taliban.
Das Bild erreichte eine solche Reichweite, dass sich Ward selbst gezwungen sah, sich dazu zu äussern. Auf Twitter schrieb sie: «Dieses Meme ist inakkurat. Das obere Foto stammt von innerhalb eines privaten Gebäudes. Das untere vom Kabul in Taliban-Hand. Ich habe schon vorher ein Kopftuch in den Strassen Kabuls getragen, wenn auch nicht mit vollständig bedecktem Haar und Abbaya. Es gibt also einen Unterschied, aber nicht ganz so stark.»
Viel mehr zu Reden als das Meme gab allerdings ein Stimmungs-Bericht von den Strassen Kabuls. Ward begibt sich zur ehemaligen US-Botschaft, davor haben sich einige Taliban-Kämpfer postiert.
Ward unterhält sich mit ihnen, will von ihnen wissen, was ihre Botschaft an die USA sei. «Amerika hat bereits genug Zeit in Afghanistan verbracht, jetzt müssen sie das Land verlassen», antwortet einer der Taliban. Immer mehr Leute gesellen sich dazu um für Fotos zu posieren.
«Sie skandieren ‹Tod den Amerikanern›, scheinen aber gleichzeitig freundlich zu sein», kommentiert Ward. Und meint: «Es ist völlig bizarr.»
CNN's @clarissaward reports on what Afghanistan looks like as the Taliban take over.https://t.co/pJuaHC3iBC pic.twitter.com/zx9shFE8Lj
— New Day (@NewDay) August 16, 2021
Dieser eine Satz wird dann auch von zahlreichen rechten Medien aufgegriffen. Die Kritik wie immer: CNN würde die Feinde Amerikas unterstützen. Ein Journalist des rechtskonservativen TV-Netzwerk OANN griff den Satz auf, von da erreichte es den republikanischen Senator Ted Cruz (Texas).
Dieser kommentierte auf Twitter: «Gibt es einen Feind der USA, den CNN nicht anfeuert?»
Is there an enemy of America for whom @CNN WON’T cheerlead?
— Ted Cruz (@tedcruz) August 16, 2021
(In mandatory burkas, no less.) https://t.co/9O6pe8yROM
Dabei ist der Bericht von Ward taliban-kritisch. Später im Bericht steht sie vor dem Präsidentenpalast. Nach kurzer Zeit sagt Ward: «Sie haben mir gerade gesagt, ich solle zur Seite gehen, weil ich eine Frau bin.»
Der Angriff von Cruz lässt CNN jedoch nicht auf sich sitzen. Unter den Tweet folgt postwendend der Konter:
Rather than running off to Cancun in tough times, @clarissaward is risking her life to tell the world what's happening. That’s called bravery. Instead of RTing a conspiracy theorist’s misleading soundbite, perhaps your time would be better spent helping Americans in harm’s way.
— CNN Communications (@CNNPR) August 16, 2021
CNN spielt dabei auf die Ereignisse im Winter an, als der Cruz' Staat Texas von einem schweren Wintersturm getroffen wurde und er nach Mexiko in die Ferien flog.
(jaw)