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Sierra Leone verhängt nach Überfällen landesweite Ausgangssperre

Landesweite Ausgangssperre nach mehreren Überfällen in Sierra Leone – das wissen wir

26.11.2023, 18:5726.11.2023, 19:04
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Was ist passiert?

Unbekannte Täter haben im westafrikanischen Sierra Leone am Sonntag ein Waffenlager des Militärs und mehrere Gefängnisse überfallen. In dem Waffenlager, das sich in der Nähe der Residenz von Präsident Julius Maada Bio in der Hauptstadt Freetown befindet, war es in den frühen Morgenstunden zu Schusswechseln gekommen, teilte das Informationsministerium am Sonntag mit.

Die Regierung verhängte daraufhin eine landesweite Ausgangssperre und leitete eine Grossfahndung nach den Tätern ein. Die Situation sei aber unter Kontrolle, hiess es.

CORRECTS DATE - The streets of Freetown, Sierra Leone, are empty Sunday, Nov, 26, 2023. Sierra Leone's president has declared a nationwide curfew after gunmen attacked the West African country&#0 ...
Eine leere Strasse in der Hauptstadt Freetown.Bild: keystone

Später am Sonntag bestätigte Informationsminister Cherno Bah, die Täter hätten auch mehrere Haftanstalten angegriffen, einschliesslich eines Hochsicherheitsgefängnisses in Freetown. Dabei wurden offenbar einige gefangene von den Angreifern entführt, während viele andere freikamen.

Was sagt die Regierung?

Bio bezeichnete den Vorfall als einen «Sicherheitsverstoss», versicherte seinen Bürgern jedoch, die Ruhe im Land sei wiederhergestellt und seine Regierung «entschlossen, die Demokratie in Sierra Leone zu schützen».

FILE - Julius Maada Bio, President of Sierra Leone, speaks at the start of the Transforming Education Summit at United Nations headquarters, Monday, Sept. 19, 2022. Sierra Leone?s President has declar ...
Julius Maada Bio, der Präsident von Sierra Leone. Bild: keystone

Auch Informationsminister Bah zeigte sich optimistisch und sprach von Fortschritte in der Fahndung nach den Angreifern am Sonntagnachmittag. «Die Regierung behält weiter die Kontrolle und den Überblick über die Lage» so Bah. Die Lage in der Hauptstadt sei ruhig.

Warum ist die Lage im Land so unruhig?

Ende Juni war Bio trotz einer schweren Wirtschaftskrise in dem kleinen Küstenstaat mit 8.8 Millionen Einwohnern wiedergewählt worden. Einen Monat später nahm die Polizei mehrere ranghohe Offiziere wegen der Vorbereitung eines Aufstands fest. Sierra Leone erlebte von 1991 bis 2002 einen der schlimmsten Bürgerkriege Afrikas mit Zehntausenden Toten. 2014 stürzte ein Ebola-Ausbruch das Land in eine weitere jahrelange Krise. Die Wirtschaft hat sich seitdem nicht erholt. Viele Menschen vor allem auf dem Land leben unter extremer Armut.

Bio, der 1996 zwei Monate nach einem Militärputsch regierte und zum Übergang zu den ersten freien Wahlen seit Jahrzehnten beitrug, wird von vielen als «Vater der modernen Demokratie» des Landes verehrt. Seine seit 2018 amtierende Regierung führte kostenlose Schulbildung ein, förderte Gleichberechtigung, Wissenschaft und die Infrastruktur des Landes. Gleichzeitig steht Bio auch wegen seines Vorgehens gegen Gegner in der Kritik. Bei der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten durch staatliche Sicherheitskräfte waren im August mehr als 20 Demonstranten und sechs Polizisten ums Leben gekommen.

Supporters of President Julius Maada Bio celebrate in the streets of Freetown, Sierra Leone, after the electoral commission declared him the winner, Tuesday June 27, 2023. Sierra Leone's election ...
Bios Anhänger feiern nach dessen Wahlsieg auf den Strassen von Sierra Leone. Bild: keystone

Was sind die Reaktionen?

Die US-Botschaft in Sierra Leone verurteilte den Überfall «aufs Schärfste». «Solche Aktionen haben keine Rechtfertigung. Wir fordern uneingeschränkte Zusammenarbeit mit den laufenden Einsätzen der Sicherheitskräfte der Regierung zur Inhaftierung der Verantwortlichen», hiess es in einer Mitteilung der Botschaft auf der Plattform X. Auch die Vertretung der Europäischen Union in Sierra Leone forderte die Achtung der verfassungsmässigen Ordnung im Land. «Es gibt keine Rechtfertigung für die gewaltsame Besetzung von Militärkasernen», hiess es in einem X-Post.

Die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas teilte mit, sie habe «mit völliger Abscheu von einer Verschwörung von bestimmten Individuen erfahren, um sich Waffen zu beschaffen und den Frieden und die verfassungsmässige Ordnung zu stören». Die Staatengemeinschaft bekräftigte ihre «Null-Toleranz gegenüber verfassungswidrigen Regierungswechseln».

Auch der UN-Sonderbeauftragte für Westafrika und die Sahelzone, Leonardo Santos Simão, verurteilte den Versuch einer gewaltsamen Beschlagnahmung von Militäreinrichtungen in Freetown und begrüsste die Schritte der Regierung zur Wahrung von Frieden und Sicherheit.

(dab/sda/dpa)

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3 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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bitzliz'alt
26.11.2023 20:18registriert Dezember 2020
.. die Frage ist, wer da "die Finger drin hat..." Würde mich nicht wundern, wenn Wagnersöldner (unter"neuer" Leitung von Vladi dem Verbrecher) da versuchen, ein weiteres Land zu Fall zu bringen!
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