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Ultimatum an den Niger läuft aus – Ecowas erwägt Militäreinsatz

Ultimatum an den Niger läuft aus – Ecowas erwägt Militäreinsatz

05.08.2023, 07:0105.08.2023, 15:48
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Nach einem Militärputsch im Niger blieb die Lage in der Nacht zum Samstag weiter angespannt. Die Militärchefs der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas haben nach Angaben des französischen Senders RFI einen Plan für eine mögliche militärische Intervention als Antwort auf den Putsch im Niger entworfen.

Die Empfehlung enthalte «alle Elemente einer möglichen Intervention, einschliesslich der benötigten Ressourcen, aber auch wie und wann wir die Truppe einsetzen werden», wurde Ecowas-Kommissar für politische Angelegenheiten, Frieden und Sicherheit, Abdel-Fatau Musah, am Ende eines dreitägigen Treffens der Militärchefs in Nigerias Hauptstadt Abuja zitiert. Die Ecowas-Staatschefs wollen anhand der Empfehlung über ihr weiteres Vorgehen im Niger entscheiden.

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Die Militärchefs der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas in Abuja.Bild: keystone

Wenige Stunden zuvor hatte Nigerias Präsident, Bola Tinubu, Medienberichten zufolge den Senat seines Landes um Zustimmung für ein militärisches Eingreifen im Niger gebeten. Tinubu sitzt auch Ecowas vor. Die Gruppe hatte den neuen Machthabern am vergangenen Sonntag ein siebentägiges Ultimatum gestellt und die neue Junta aufgefordert, Bazoum wieder einzusetzen. Andernfalls werde Ecowas Massnahmen ergreifen, die auch Gewalt beinhalten könnten, hiess es.

Militärjunta beruft neuen Chef der Streitkräfte
Nach Androhungen militärischer Gewalt durch die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas hat Nigers Junta wichtige Positionen bei den Streitkräften neu besetzt. Wie der Sprecher der Militärmachthaber am Freitagabend im Fernsehen mitteilte, wird Putschgeneral Moussa Salao Barmou neuer Stabschef der Streitkräfte. Zuvor war Barmou Chef der Spezialeinsatzkräfte und führender Kopf hinter dem Putsch in dem westafrikanischen Land vor gut einer Woche. Neben Barmou seien auch weitere wichtige Positionen im Heer und der Luftwaffe mit Getreuen der Putschisten besetzt worden, hiess es in der Mitteilung weiter. (sda/dpa)

Die Ecowas hat bereits in der Vergangenheit mehrfach militärische Eingreiftruppen aufgestellt. In den 90er Jahren intervenierten diese beispielsweise in Bürgerkriegen in Liberia, Sierra Leone und Guinea-Bissau. Auch als die Elfenbeinküste 2002 durch einen Militärputsch destabilisiert wurde, stellte die Ecowas eine Eingreiftruppe zusammen. Militärische Ecowas-Operationen erfolgten bislang jedoch immer auf Einladung der betroffenen Regierung. Ein Militäreinsatz im Niger wäre die erste Operation, die von der Staatengemeinschaft gegen den Willen einer Regierung – oder in diesem Fall der neuen Militärmachthaber – entschieden würde.

Im Niger hatten Offiziere der Präsidialgarde am 26. Juli den demokratisch gewählten Bazoum für entmachtet erklärt. Der Kommandeur der Eliteeinheit, General Abdourahamane Tiani, ernannte sich im Anschluss zum neuen Machthaber. Kurz nach Tianis Machtübernahme setzten die Putschisten die Verfassung ausser Kraft und lösten alle verfassungsmässigen Institutionen auf.

Am Donnerstag hatte eine Ecowas-Vermittlermission laut Medienberichten bereits ohne ein Treffen mit Tiani aus Nigers Hauptstadt Niamey abreisen müssen. Am Freitag kündigten die Machthaber im Niger ein Ende der Militärkooperation mit der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich an. Diese hat mehr als 1000 Soldaten im Niger stationiert, unter anderem zur Bekämpfung islamistischer Terrormilizen in der Sahelzone. Die Kooperation solle binnen eines Monats enden, hiess es in einer Erklärung der Junta im nationalen Fernsehen. (sda/dpa)

Französische Soldaten bleiben im Land
Frankreich will nach dem Putsch im Niger sein Militär in dem westafrikanischen Land lassen. Ein möglicher Abzug der Soldaten stünde nicht auf der Tagesordnung, sagte die französische Aussenministerin Catherine Colonna am Samstag dem Radiosender «France Info».
Die Lage für die französischen Streitkräfte sei ruhig, präzisierte Colonna. Staatsstreiche seien nicht mehr angemessen, es sei an der Zeit, ihnen ein Ende zu setzen, erklärte sie weiter. Die Putschisten hätten noch etwas Zeit, die Macht zurückzugeben, betonte Colonna.
Im Hinblick auf die Interventions-Drohung der Ecowas-Länder sagte die Ministerin, man müsse diese sehr ernst nehmen, es gäbe Vorbereitungen in dieser Richtung. Auf die Frage nach möglichen Hilfen aus Frankreich antwortete sie, so weit sei es noch nicht. (sda/dpa)
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35 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Troxi
05.08.2023 09:30registriert April 2017
Ich hoffe, dass wenn Eciwas tatsächlich militärisch eingreiffen sollte, dass sie die Fehler des Westens der letzten 20-30 Jahren Haargenau analysiert haben. Sonst sind die nächsten Schritte schnell vorgezeichnet in dieser Reihenfolge. 1) Bürgerkrieg, 2) Islamistischer Terror, 3) Autoritärerer Machthaber der schlimmer ist als Herrscher zuvor kommt an die Macht egal ob Religiös geprägt oder nicht.
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