Menschen bringen ihr Hab und Gut in Sicherheit, Beira, Mosambik. Bild: EPA/IFRC
Vor knapp zwei Wochen zog Zyklon «Idai» über Mosambik, Malawi und Simbabwe. Er hinterliess eine Spur der Zerstörung. Über 700 Menschen starben, die Angst vor Seuchen wächst. Wir haben mit zwei Unicef-Mitarbeitern in Mosambik und Malawi über die Lage vor Ort gesprochen.
Am 14. März traf der Zyklon «Idai» spätabends auf mosambikischen Boden und zog nordwestwärts über das südliche Afrika. Er brachte heftige Regenfälle und starke Winde mit sich und überschwemmte grosse Flächen. Obwohl Mosambik – insbesondere die Hafenstadt Beira – am härtesten getroffen wurde, leiden auch Malawi und Simbabwe unter den Auswirkungen.
Wie schlimm die Katastrophe wirklich ist, erfuhren wir im Gespräch mit zwei Unicef-Mitarbeitern. Johannes Wedenig ist in Malawi, Daniel Timme in Mosambik vor Ort.
Es ist schwierig, Daniel Timme derzeit zu erreichen. Er sei gerade aus der Küstenstadt Beira zurückgekommen, erzählt er uns am Telefon. Die Lage sei katastrophal. Er hört sich erschöpft an. Zwar gebe es einige positive Anzeichen, weil das Wasser langsam abfliesst. Aber man könne nicht wirklich sagen, dass sich die Lage verbessert. Immerhin sei jetzt langsam alles organisierter.
Daniel Timme
Im Epizentrum der Katastrophe – der Hafenstadt Beira – gibt es Zeichen der Hoffnung: Das Trinkwassersystem ist wiederhergestellt, der Flughafen kann wieder angeflogen werden und die Landwege zur 500'000-Menschen-Stadt sind offen.
Land unter Wasser in Marka, Malawi. Bild: unicef
Mosambik ist das am stärksten betroffene Gebiet, aber auch in Malawi und Simbabwe leidet die Bevölkerung. Woran fehlt es dort am meisten?
Johannes Wedenig
Momentan sind 800'000 Menschen in Malawi von der Krise betroffen, 85'000 mussten ihr Zuhause verlassen und sind derzeit in Schulen und Camps untergebracht. Insgesamt verloren in Mosambik, Malawi und Simbabwe bisher über 700 Menschen ihr Leben, hunderte werden noch vermisst.
Eine Familie nahe Beira in Mosambik. Bild: AP/AP
Die grösste Bedrohung für die Bevölkerung geht momentan von Seuchen aus. Diese Woche wurden die ersten Fälle von Cholera gemeldet.
Bei der Cholera handelt es sich um eine Bakterieninfektion, die leicht übertragen wird, vor allem durch verunreinigtes Trinkwasser und verseuchte Lebensmittel. Der Erreger führt zu Bauchschmerzen und Brechdurchfall und damit zu einer gefährlichen Austrocknung des Patienten. «Wie viele Fälle gibt es in Mosambik?»
Daniel Timme
Wie verhindert man eine Cholera-Epidemie? Laut Timme geht man verschiedentlich dagegen vor. Das Wichtigste ist eine funktionierende Wasserversorgung. Ein weiterer Punkt ist die Prävention: Der Bevölkerung muss bewusst sein, welche Gefahren von verunreinigtem Wasser ausgehen. In Mosambik arbeiten die Hilfswerke eng mit lokalen Radiosendern zusammen, um vor den Gefahren zu warnen.
Ein provisorisches Gesundheitszentrum in Beira, Mosambik. Bild: AP/AP
Daniel Timme
Aber nicht nur Cholera gefährdet die Bevölkerung. Mosambik befindet sich im Malaria-Risikogebiet. Die überfluteten Flächen sind optimale Brutgebiete für Stechmücken, welche die Infektionskrankheit übertragen:
Daniel Timme
Betroffene warten auf Hilfsgüter, Sofala-Provinz, Mosambik, am 23. März. Bild: EPA/LUSA
Fünf Millionen Menschen sind von der Katastrophe betroffen, die Hälfte davon sind Kinder. Wie geht die Bevölkerung mit so einer Krise um?
Daniel Timme
Doch nicht nur die körperliche Gesundheit bereitet Sorgen. Viele Kinder sind von den Ereignissen traumatisiert. «Wie hilft man einem Kind, das alles verloren hat?»
Daniel Timme
Fussball wird überall gespielt. Hier vor einer Schule in Beira. Bild: AP/AP
Aber in Krisenzeiten kommen auch die guten Seiten des Menschen zum Vorschein, meint Timme:
Daniel Timme
Daniel Timme. Bild: zvg
Gebannt hören wir der Stimme von Herrn Timme zu, er klingt abgekämpft, ausgelaugt. Wenn man seinen Ausführungen zuhört, kommt unweigerlich der Gedanke, dass nicht nur die Bevölkerung, sondern auch der Helfer vor Ort ein Betroffener ist. «Wie gehen Sie mit so einer Katastrophe um, Herr Timme?»
Daniel Timme
Die ersten zwei Wochen seien besonders hart gewesen, da die Regierung und die Hilfswerke von der Katastrophe überrascht wurden. Zum Glück komme jetzt Unterstützung aus der ganzen Welt.
Daniel Timme
Johannes Wedenig empfindet es ähnlich. Für ihn sei es besonders einprägsam, wenn er junge Mütter sieht, die während der Überschwemmungen Kinder zur Welt bringen. Gerade als Vater berühre ihn das.
Johannes Wedenig
Ein Junge aus dem Dorf Buzi trägt Reis nach Hause. Bild: EPA/LUSA
In den nächsten Monaten wird man mit dem Eindämmen der Krankheiten und dem Wiederaufbau beschäftigt sein. Doch längerfristig bereitet vor allem die Ernährungssituation Sorgen:
Daniel Timme
Viele abgelegene Orte sind derzeit nur via Luft erreichbar. Hier kommt eine Hilfslieferung im Dorf Nyamatande an. Bild: AP/AP
Johannes Wedenig betont, dass man die Katastrophe nicht als kurzfristige Situation betrachten dürfe.
Johannes Wedenig
Für die nächsten drei Monate brauche man 30 Millionen Dollar für die Nothilfe, um das Gröbste zu bekämpfen. Für die nächsten neun Monate werden 100 Millionen benötigt. Aber die Katastrophe werde das Land noch lange beschäftigen, sagt Daniel Timme.
Daniel Timme